Ja, ich gebe es zu: Diese Buchbesprechung kommt ein klein wenig zu spät. Aber lassen Sie mir diesen Fauxpas nach – schließlich und endlich sind auch Münzen nicht gerade als Schnellschüsse bekannt. Sie haben Jahrhunderte gebraucht, um so ein edles Aussehen zu entwickeln, und das will man schließlich auch würdigen! Vielleicht wäre es also nur fair, dem grandiosen Werk von Reinhold Walburg und der Deutschen Bundesbank ebenfalls die Zeit zu geben, sich in meinem Kopf zu festigen – ganz wie das glänzende Gold auf einer antiken Münze. Folglich ist die Zeit reif für eine späte, aber goldene Entschuldigung.

Reinhold Walburg:
Zeitzeugen. Münzen aus der Sammlung der Deutschen Bundesbank,
Hirmer Verlag, München 2018,
275 S., 39,90 Euro
Was das zu rezensierende Werk Zeitzeugen. Münzen aus der Sammlung der Deutschen Bundesbank angeht, so könnte man sagen, es ist wie ein seltenes Sammlerstück. Es wartet darauf, entdeckt zu werden, und wenn man ihm dann die Zeit gibt, entfaltet es seine ganze Pracht. Mit einer Sammlung von 275 Seiten, prall gefüllt mit faszinierenden Geschichten aus der Welt der Münzen, erweist sich das Buch als wahres Meisterwerk der numismatischen Kunst. Dabei darf man nicht bloß auf die goldglänzenden Seiten schauen, sondern muss auch die historischen Kontextgeschichten würdigen, die mit einem Hauch von Humor und Raffinesse erzählt werden.

Titelei
Bildquelle: Hirmer Verlag

Inhaltsverzeichnis
Ob nun die antiken Römer, die kaiserlichen Deutschen oder der Clan des Korsen – das Buch verbindet Geschichte mit Kunst, und jeder Abschnitt ist so vielfältig wie die unterschiedlichen Geldstücke selbst. Da wären die Charakterköpfe, die zurückkehren, oder das Platin, das einfach mal „Nein, danke!“ sagt – zwei Themenkreise, die so spannend sind wie die Münzen, die der Autor in den Texten lebendig werden lässt.
Auf dem Cover des Buches:
Aureus (Hadrian, 125-127, Gold, 7,2 Gramm, 20 mm)

Ebenfalls auf dem Cover:
Vermählung von Nikolaus II.
(Russland, 1994, Goldmedaille zu 75 Dukaten, Gold, 272 Gramm, 71 mm)
Warum also diese Rezension so spät? Nun, wie gesagt: Münzen brauchen Zeit, und wenn eine Publikation so detailverliebt ist, muss man sich einfach die nötige Ruhe nehmen, um es in seiner vollen Schönheit zu würdigen. Schließlich ist es wie bei einer guten Münze: Es dauert Jahre, bis sie wirklich ihren wahren Wert zeigt, obwohl sie für manche Zeitgenossen schnöder Mammon ist, für den anderen historisches Objekt und für den Dritten ein Kleinkunstwerk ist.
Und noch ein kleiner Witz zum Abschluss: Wer weiß, vielleicht ist das Buch ja auch wie eine der Münzen, die man jahrelang im Schrank versteckt und irgendwann herauszieht, nur um festzustellen, dass man doch ein kleines Vermögen hat – in Wissen und Geschichte. Aber des Rätsels Lösung muss ich Ihnen ja nicht auf die Nase binden. In diesem Sinne: Münzen sammeln, Geschichte erfahren und nicht zuletzt – nie zu spät für eine gute Rezension!
Andreas Raffeiner
Comments