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Dietmar Kreutzer

Wertanlage und Schmuck: Münzfunde bei den Germanen


Schlacht zwischen Germanen und Römern am Rhein nach einem Gemälde aus dem Jahr 1876. [Bildquelle: Wikimedia, Tüshaus].

Die Präsentation, an welcher der französische Kriegsgefangene Abel Tiffauges während des Zweiten Weltkrieges in Ostpreußen teilnimmt, ist geheimnisvoll und aufschlussreich zugleich. Auf dem Tisch der Schule in Walkenau liegt ein sogenannter Torfmensch, ein seit etwa 2.000 Jahren im Torf konservierter Angehöriger eines germanischen Stammes: „Beachten sie die zierliche Form der Hände und Füße, das feine Gesicht, trotz der breiten Stirn dieses Raubvogelprofil, diese aristokratische Haltung, die übrigens gut zu diesem reichen, man möchte fast sagen aus Goldfäden gewirkten Gewand und den Gegenständen passt, die dem Toten mitgegeben wurden, zweifellos zu dem Zweck, dass er sie im Jenseits gebrauchen sollte.“ (Michel Tournier, Der Erlkönig, Frankfurt/Main 1996, S. 194).


Professor Keil von der Universität in Königsberg ist beeindruckt, dass die Haut des Toten in so gutem Zustand ist. Die örtlichen Polizeibeamten vermuteten einen nur kurze Zeit zurückliegenden Mordfall! Doch die Fundgegenstände, die mit der Leiche ausgegraben wurden, deuten auf eine viel frühere Epoche: „Was die Zeit anbelangt, aus der der Tote stammt, so ist es natürlich unmöglich, sie ganz genau zu bestimmen. Aber die Goldmünze, die bei dem Leichnam gefunden wurde, ermöglicht immerhin eine Datierung ins erste Jahrhundert unserer Zeitrechnung, sie trägt nämlich das Bildnis des Tiberius.“ (S. 195)


Aureus des Postumus (reg. 260-269 u.Z.), Gold, 266, Ukraine, mit Besitzer-Graffito in der Berliner Sonderausstellung „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“. [Bildquelle: Foto des Autors].

Doch weshalb trug ein Germane eine römische Goldmünze am Körper? Dazu müssen wir uns die Lebensumstände der von den Römern als Barbaren zusammengefassten Volksstämme ansehen. Als Germanen wurden schon in der Antike jene Stämme bezeichnet, die sich zwischen den Kelten im Westen und den Skythen im Osten angesiedelt hatten. Der insbesondere von den Römern benutzte Oberbegriff für die verschiedenen Verbände wie die Semnonen im Raum Berlin-Brandenburg ist bis heute umstritten. Sie ernährten sich als Selbstversorger, vor allem als Bauern oder Viehzüchter. Daneben gab es Handwerker wie Schmiede, Töpfer und Tischler. Auch die Verarbeitung von Eisen und Buntmetall war schon bekannt. Die verbreitete Vorstellung, dass sich die Germanen als mächtiges, aber grobschlächtiges Volk gegen die kultivierten Römer zur Wehr gesetzt habe, ist falsch. Sie ist dem verklärenden Nationalismus der früheren Geschichtslehre geschuldet. Der Kontakt der Stämme zueinander war nur lose, häufig kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Der Kampf der unabhängigen Germanen zur Zeitenwende gegen die vordringenden Römer verlief eher spontan und unorganisiert. Daher gilt die Schlacht mehrerer germanischer Stammesverbände im Teutoburger Wald gegen die Römer (9 u.Z.) als Ausnahme.

Zerschnittene römische Münzen und Hortmünzen aus Elsfleth-Hogenkamp im Landkreis Wesermarsch, 1.-5. Jahrhundert. [Bildquelle: Foto des Autors].

Ihre Handelstätigkeit beschränkte sich auf Naturalwirtschaft. Eine eigene Münzprägung gab es nicht. Römisches Geld gelangte an den Rändern des Reiches verschiedentlich in den Besitz germanischer Stämme, diente jedoch keinem regelrechten Geldverkehr. Wertschätzung erfuhr jedoch das in den römischen Denaren enthaltene Edelmetall. Die Oberen der Stammesgesellschaft schmückten sich gern mit kunstvoll gearbeiteten Silberspangen für ihre Gewänder. Auch hochwertig verarbeitete Schmuckstücke für Frauen sind gefunden worden. Oft erwähnt wird die Stelle in der „Germania“ des Tacitus: „Das alte Geld und lang bekanntes ist ihnen recht, so die Stücke mit gezahntem Rande und einem Zweigespann. Über dies suchen sie mehr das Silber als das Gold.“ (Tacitus, De origine et situ Germanorum, Übersetzung von Anton Baumstark, Freiburg 1876, Kapitel 5).


Das erworbene römische Silber wurde vielfach gehortet. Goldmünzen sind oft gelocht als Schmuckstücke getragen worden. Die öfter entdeckten Fundmünzen auf dem Territorium der Germanen dürften als Lohn, Kriegsbeute oder über Handelsverkehr in den Besitz der Germanen gelangt sein. In der Endphase des Weströmischen Reiches wurden die römischen Gepräge nachgeahmt. Zahlreiche solcher Fundstücke werden seit Herbst 2020 auf der Berliner Museumsinsel in der Ausstellung „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“ gezeigt.



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