Der einstige Verbrecher Eugène Francois Vidocq schaffte es unter Kaiser Napoleon I. bis an die Spitze der neu gegründeten Geheimpolizei Sûreté nationale. In seinen Erinnerungen beschrieb Vidocq seine ersten Kapitaldelikte, die fast immer mit den damals üblichen Louis d’ors und Francs zu tun hatten. Auch das silberne Revolutionsgeld, zum Beispiel die talergroßen 6-Livres-Stücke, spielten eine große Rolle. Während seiner Zeit bei den französischen Revolutionstruppen profitierte er auch vom Geldwechsel, bei dem Wertdifferenzen von inländischen Silbermünzen zu niederländischen Kronentalern genutzt wurden. Gemeinsam kam Vidocq mit seinem Kameraden Christian von der Grenzstadt Lille nach Brabant, wo sie inkognito eine Wohnung aufsuchten:
„Nachdem er mit dem Hausherrn einige Worte gewechselt hatte, ging der letztere in sein Zimmer und kam wieder mit zwei oder drei Beuteln zurück, worin Taler zu sechs Franken waren, die er auf dem Tisch ausbreitete. Mein Patron nimmt und besichtigt sie alle einen nach dem anderen mit einer Aufmerksamkeit, die mir erzwungen schien, hierauf legt er 150 beiseite, zählt dafür dem Pächter die entsprechende Summe in kleiner Münze hin und gibt noch sechs Kronentaler auf. Ich verstand nichts von dem Handel, der noch überdies in einem flämischen Dialekt, den ich nur sehr unvollkommen sprach, abgemacht wurde. Ich war daher sehr erstaunt, als Christian mir, nachdem wir die Pächterei verlassen hatten, wohin er bald zurückzukehren versprach, drei Kronentaler gab, wobei er sagte, ich solle auch teil am Gewinn haben. […] Vier Tage hindurch machten wir solche Ausflüge in verschiedene Pächter-Wohnungen, und jeden Abend erhielt ich zwei bis drei Kronentaler.“[1]
Eugène Francois Vidocq (1775–1857) [Wikimedia, Coignet]
Infolge eines Gefängnisaufenthaltes begann sich Vidocq ab 1809 als Polizeispitzel zu betätigen. Zu seinem größten Erfolg in dieser Zeit wurde die Festnahme von Étienne Fossard, eines schon lange Zeit gesuchten Schwerverbrechers. Auf der Suche nach dessen aktuellem Aufenthaltsort griff Vidocq auf die Anziehungskraft der großformatigen, unter Kaiser Napoleon eingeführten Silbermünzen zu 5 Francs zurück. Ein Kommissionär, der dem gesuchten Verbrecher Fossard bei einem Umzug geholfen hatte, lieferte Vidocq den entscheidenden Tipp: „Ich gab ihm für das Versprechen, dass er mich am nächsten Tage in Fossards Wohnung führen wolle, zwei Fünf-Franken-Stücke, die an demselben Tage noch mit einem Freudenmädchen durchgebracht wurden. […] Ich stellte mich zur bestimmten Zeit ein, auch der Kommissionär, den ich durch Agenten hatte beobachten lassen, ließ nicht auf sich warten. Einige Fünf-Franken-Stücke gingen wieder aus meinem Beutel in den seinigen über, auch musste ich ihm ein Frühstück bezahlen.“[2]
Doch der Erfolg gab den Methoden des Geheimpolizisten recht. Der schwerbewaffnete Kriminelle konnte überwältigt werden: „Nun ward Haussuchung vorgenommen worden, und man fand eine große Menge Edelsteine, Diamanten und eine Summe von acht- bis zehntausend Franken.“[3]
Im Jahr 1814 war Vidocq schon zum Leiter der Pariser Sicherheitspolizei aufgestiegen. In dieser Funktion gelang es ihm, einen Priester zu überführen, der einen reichen Bankier um sein Vermögen geprellt hatte. Der verschlagene Priester Moiselet weigerte sich jedoch standhaft, das Versteck der Wertgegenstände preiszugeben. So ließ sich Vidocq in der Rolle eines trunksüchtigen Sträflings in dessen Zelle einschließen: „Alle Knöpfe meines Überrocks waren Zwanzig-Franken-Stücke, ich gebe ihm eins, er fordert Wein, und bald nachher höre ich einen Schließer sagen: ‚Pater Moiselet, ich habe zwei Flaschen aufgestellt.“[4] Für den in die Zelle geschmuggelten Alkohol wollte Moiselet dem Schließer eine Goldmünze aushändigen: „Als ich am anderen Morgen erwachte, zahlte er die Getränke in meinem Namen, und um recht ehrlich zu erscheinen, gab er mir drei und einen halben Franken zurück, welche, wie er sagte, von meinem Zwanzig-Franken-Stück übriggeblieben seien. Ich war ein herrlicher Kamerad, er konnte sich nicht von mir trennen; ich verzehrte das Zwanzig-Franken-Stück vollends mit ihm und schnitt von den vierzig Knöpfen noch einen ab, der mit der gleichen Geschwindigkeit verschwand; als er diesen zu Ende gehen sah, fürchtete er, es möchte der letzte sein! ‚Ihre Knöpfe noch mehr?‘ fragt er mit einer gar zu komischen Ängstlichkeit. Ich zeigte ihm ein neues Stück. ‚Ach! Sie haben noch einen großen Knopf‘, schrie er, indem er vor Freude in die Höhe hüpfte.“[5] Am Ende des Trinkgelages offenbarte Moiselet seinem Freund Vidocq hinter vorgehaltener Hand, wo das Vermögen des hintergangenen Bankiers verborgen war.
Frankreich, 20 Francs, 1807. 900er Gold, 6,4 g, 21 mm
[Heritage Auctions, WCSA 3081/30553]
Aus den erwähnten Münzbezeichnungen ergibt sich die Frage, wie das Währungssystem in dieser Zeit aufgebaut war. Bis zur Französischen Revolution fungierte die Livre als Recheneinheit der Silberwährung. Ihr Wert entsprach 20 Sols oder Sous zu je 12 Deniers. Eine Livre setzte sich also aus 240 Deniers zusammen. Die Livre wurde aber nur selten als Münze ausgeprägt. Als Standardmünze galt im 18. Jahrhundert der Écu, in Deutschland auch Laubtaler genannt. Der festgelegte Wert der im Umlauf befindlichen Goldmünzen ist schrittweise mit dem veränderlichen Wertverhältnis zwischen Gold und Silber korrigiert worden. Am Ende des Ancien Régime während der Französischen Revolution lag er bei 24 Livres.
Unter Napoleon wurde das System mit dem Münzgesetz vom 7. April 1795 reformiert. Neue Standardmünze war nun der dezimal geteilte Franc mit einem Gewicht von 4,5 g Feinsilber. In Silber ausgeprägt wurden zunächst aber nur die berühmten „Herkules“-Stücke zu 5 Francs.
Mit seinem Münzgesetz vom 17. Germinal des Revolutionsjahres XI, also dem 7. April 1803, schwang sich Napoleon zum eigentlichen Schöpfer des neuen Geldes auf: „Fünf Gramm Silber mit einem Feingehalt von 9/10 stellen eine Währungseinheit dar, die den Namen Franc behält.“[6] Die Währung wurde später nach diesem Datum als Franc Germinal bezeichnet. Mit dem Gesetz ist auch die Prägung von 20-Francs-Münzen legitimiert worden. Ihr Feingehalt von 6,45 g Gold bedeutete, dass faktisch eine Doppelwährung mit einem Wertverhältnis von 1:15,5 zwischen Gold und Silber entstand. Die ersten Goldmünzen zu 40 und 20 Francs mit dem Porträt von Napoleon als Erstem Konsul erschienen noch im Revolutionsjahr XI. Dasselbe traf für die neuen Silbermünzen zu 5 Francs, 1 Franc und ½ Franc zu. Vervollständigt wurde die Nominalkette aus Silber mit Prägungen zu 2 Francs und ¼ Franc, alle versehen mit dem Porträt von Napoleon. Später kamen Scheidemünzen zu 10 Centimes (Billon, 1807) und 5 Centimes (Kupfer, 1808) hinzu.
Frankreich, 5 Francs, 1811. 900er Silber, 25 g, 37 mm [NumisCorner]
Anmerkungen
Vidocq; Berlin 1971, S. 67f.
Ebd., S. 318f.
Ebd., S. 323.
Ebd., S. 332.
Ebd., S. 333.
René Sedillot, Muscheln, Münzen und Papiere – Die Geschichte des Geldes. Frankfurt/Main 1992, S. 218.
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