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Michael H. Schöne

Ungewöhnliche Münzen in Russisch-Amerika – Teil 2

Die im ersten Teil unseres Artikels erwähnte sibirische Kupfermünze zu 5 Kopeken von 1770 hatte man bei archäologischen Ausgrabungen auf dem Friedhof von Fort Ross gefunden. Sie stammte aus der Zeit von Zarin Katharina der Großen. Findige Mitarbeiter ließen davon Gussstücke anfertigen und versahen diese mit der Gravur FORT ROSS. Diese werden seit mindestens 20 Jahren als Souvenir im Fort Ross Bookshop des dortigen Fort Ross Historic State Park für etwa 3,00 US-Dollar angeboten.

ПЯТЬ КОПѢЕКЪ / МОНЕТА СИБИРСКАЯ / 1770, 5 Kopeken mit КМ (Колыванский Медь = Kolywaner Kupfer), gefunden in Fort Ross und geprägt in Suzun (Сузун) von 1764 bis 1781, Monogramm E II = Jekatarina II = Katharina die Große
ПЯТЬ КОПѢЕКЪ / МОНЕТА СИБИРСКАЯ / 1770, 5 Kopeken mit Gravierung FORT ROSS

2013 und 2014 prägte man in St. Petersburg Münzserien zu den Außenbesitzungen Russlands im 19. Jahrhundert: 250 Rubel in Bimetall und 500 Rubel in Kupfernickel. Schon 1991 hatte die UdSSR eine silberne Gedenkmünze zum 250. Jahrestag der Erschließung von Russisch-Amerika emittiert.

links: 3 Rubel, 1991, 900er Silber mit Umschrift 250 лет открытия Русской Америки / Крепость Росс. 1812 rechts: 500 Rubel, 2014, Kupfernickel mit Umschrift РОССИЙСКО-АМЕРИКАНСКАЯ КОМПАНИЯ (seit 1918 in neuer Rechtschreibung)

Außer in Fort Ross wurden in Russisch-Amerika weitere Kleinmünzen auch aus dem 18. Jahrhundert gefunden. Stellvertretend dafür werden hier beschrieben die russische Denga-Münze von 1748, die in einem Dorf in der Aialik-Bay im Kenai-Fjords-Nationalpark gefunden wurde, sowie die 3-Kopeken-Münze von 1773 aus Moldawien-Walachei, die man wiederum in Fort Ross ausgegraben hat. Zahlreiche andere Einzelmünzfunde in Russisch-Amerika konnten aufgrund schlechter Erhaltung nicht mehr eindeutig bestimmt werden.

10: ДЕНГА 1748 = 1 Denga = ½ Kopeke, Kupfer
2 ПАРА / 3 КОПѢЕКѢ / МОН. МОЛД : И ВАЛОСК. 1773 = 2 Para / 3 Kopeken, Bronze aus eroberten türkischen Kanonen, Münzstätte Sadagura (= Садогурский монетный двор)

Nach dem Verkauf von Russisch-Amerika durch Zar Alexander II. an die Vereinigten Staaten im Jahre 1867 für 7,2 Mio. Dollar wurde der Umlauf von russischen Münzen und Geldscheinen eingestellt. Es dauerte fast 30 Jahre, bis im mittlerweile District of Alaska bezeichneten Gebiet der USA ebenfalls Gold gefunden wurde und sich der bekannte Goldrausch ausbreitete.

Deshalb sind die aus dieser Zeit bekannten goldenen Pseudo-Münzen als Ergänzung bemerkenswert: z. B. die auf Pinch, TooWah oder DWT lautenden Stücke – auch ohne „Wertbezeichnung“, die es vielfältigen Formen gibt. Sie stammen alle aus der früheren Werkstatt von M. E. Hart aus San Francisco.

Bei den z. T. sehr seltenen Ausgaben in den Stückelungen zu ¼, ½ und 1 je Wertstück handelt sich um „Münzen“ aus Flußgold in runder und 8eckiger Form – ebenfalls mit unterschiedliche Jahreszahlen und oft mit der Prägung ALASKA(N) GOLD. Die geprägten Jahreszahlen sind willkürlich und eigentlich irreführend. Sie wurden werbewirksam als Coins of the Golden West bzw. als Event Souvenir bei der Alaska-Yukon-Pacific Exposition 1909 in Seattle, der Panama-Pacific International Exposition 1915 in San Francisco oder im freien Handel angeboten. Die unterschiedlichen Wertbezeichnungen sind dem US-Dollar, dem halben oder dem Viertel gleichzusetzen.

Das Territory of Alaska wurde schließlich am 3. Januar 1959 als 49. Bundesstaat in die USA aufgenommen; aus Anlaß des 50. Jahrestages der Alaska Statehood wurde 2008 eine Gedenkmünze im Rahmen der ab 1999 laufenden Serie „50 State Quarters“ gewidmet.

25 Cents, 2008, Kupfernickel (auch in 900er Gold geprägt)
2 TooWah (= 2 Elfenbeine), rund, mit Jz. 1862 (1910), entspricht 2 Dollar; es sind auch Messing-Abschläge bekannt – die Jahreszahl 1862 soll auf frühe Goldfunde in Alaska hinweisen, das ist jedoch wissenschaftlich nicht belegt; erste Funde kamen erst 1883 vor
½ PINCH, rund, mit Jz. 1897–1902 (1915), entspricht 50 Cents; achteckige Prägungen mit Jz. 1897–1900
1 PINCH, achteckig, mit Jz. 1897–1901 (1915), entspricht 1 Dollar; runde Prägungen mit Jz. 1897–1899
¼ DWT., rund, mit Jz. 1909, entspricht 25 Cents; diese Stücke sowie die zu ½ und 1 DWT. wurden von Jules Charbneau in Seattle/Washington als „offizielle Goldmünzen“ der „Alaska Yukon Pacific Expo“ von 1909 entworfen
ONE, rund, mit Jz. 1911, entspricht 1 Dollar, auch Ausgaben zu ¼ und ½ (Dollar) bekannt; anlässlich der Panama-Pacific International Exposition 1915 geprägt
Preisliste des New Yorker Händlers Thomas Lindsey Elder vom 23. Juni 1914

Münzähnliche Prägungen mit der Bezeichnung CALIFORNIA GOLD, IDAHO GOLD, MONTANA GOLD, OREGON GOLD, WASHINGTON GOLD oder BRITISH COLUMBIA GOLD mit unterschiedlichen Jahreszahlen wurden schon im 19. Jahrhundert, aber auch nach 1910 hergestellt und aus puren Profitgründen an Interessenten abgegeben. Das zeigen unterschiedliche zeitgenössische Angebotslisten. Abschließend ist festzustellen, dass es eine gewisse Anzahl an russischen Münzen gibt, die im heutigen Alaska gefunden wurden und meist nicht mehr eindeutig bestimmbar sind. Eine ganz seltsame Münze dabei ist eine 1-Rubel-Prägung von 1740, bei der es sich eindeutig um eine Überprägung einer schwedischen Silbermünze handelt. Deutlich erkennbar sind die Buchstaben FÄDER... (für FÄDERNESLANDET) und ...EX (für REX); die Umschrift auf der als Probe bezeichneten Münze lautet ИОАННЪ III Б. М. ИМПЕРАТ: І САМОДЕР. ВЕРОСС (= Johannes III., von Gottes Gnaden Kaiser und Alleinherrscher von ganz Russland). Weshalb, wann und von wem diese Münze nach Nordamerika kam, ist unbekannt. Sie liegt heute im Alaska State Museum, Juneau/Alaska.

fast unbestimmbare russische Münzen, im heutigen Alaska gefunden – die drei linken sind Denga (1/2 Kopeke), rechts eine Poluschka (1/4 Kopeke); Alaska’s Department of Natural Resources
Rubel von 1740, deutlich erkennbar: der gekrönte russische Doppeladler mit der Umschrift МОНЕТА. РУБЛЬ mit der Zarenkrone, aber statt mit dem heutigen У noch mit dem alten Buchstaben Uku – auf der anderen Seite das Monogramm von Iwan III. mit Krone und Münzstättenbuchstaben СПБ (für St. Petersburg)

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