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Helmut Caspar

Ungewöhnliche Gravuren: Der preußische Versuch, der Münzfälschung Herr zu werden

Unter der Regentschaft von König Friedrich Wilhelm III. gab es vielfältige Bestrebungen, das preußische Münzwesen zu reformieren und es durch Herstellung neuartiger Prägestempel mit komplizierten Gravuren auch gegen vielfältige Angriffe von Fälschern sicherer zu machen. Die Berliner Stempelscheneider Daniel Friedrich Loos und sein Sohn Friedrich Wilhelm Loos legten der Generalmünzdirektion Werkzeuge vor, „deren Nachahmung für die gemeinen Falschmünzer unmöglich, für die künstlerischen [also technisch versierteren Graveure, H. C.] aber mit den größten Schwierigkeiten verknüpft sein würde“.


Preußen. Wilhelm III. 5 Taler 1799, Probe [Künker, Sommerauktion 2014/2881]


Der für den Bergbau und das Münzwesen zuständige Minister Friedrich Anton von Heinitz lobte gegenüber dem König die Leistungen des „sehr geschickten Hof-Medailleurs“, der sich an den neuartigen Pennies „englischer Produktion“ und französischen Ausgaben orientierte. Die von Loos entwickelten Friedrichsdors repräsentierten durch ihre ungewöhnliche Art, gleichzeitig erhaben und vertieft zu prägen, in Preußen einen neuen technischen Standard, betonte der Minister. Er halte die Nachahmung solcher Stempel selbst durch den geschicktesten Falschmünzer für unmöglich. Heinitz bat Friedrich Wilhelm III., die „successive Anfertigung“ ähnlicher Stempel für doppelte und halbe Friedrichsdors sowie Reichstaler, Acht-, Vier- und Zweigroschenstücke „gnädigst befehlen“ zu wollen.


Großbrtannien. George III. 2 Pence 1797, Probe [Sovereign Rarities Ltd, 7/232]


Die gleichzeitige Verwendung erhabener und vertiefter Schriften, Zahlen, Bilder und Wappen für ein probehalber geprägtes goldenes Fünftalerstück von 1799 und weitere Werte lag damals im Trend. Neben England stellten auch Frankreich und Italien Münzen mit diesen Vorzügen her. Erhabene Reliefs zu erzeugen, war nicht schwierig, das Problem waren die vertieften Elemente auf der fertigen Münze. Dazu brauchte man einen Stempel, bei dem die später vertieft erscheinenden Details erhöht heraustreten.


Frankreich. Ludwig XVI. Halb-Écu zu 3 Livres 1793 [MSC Monaco, 8/702]


Wie so oft klafften zwischen Wunsch und Wirklichkeit große Lücken, und aus dem löblichen Plan, das preußische Münzwesen durch ungewöhnlichen Stempelschnitt vor Betrügern zu schützen, konnte wegen technischer Probleme bei der Vervielfältigung der neuartigen Prägewerkzeuge, wegen Unzulänglichkeiten in den einzelnen Münzstätten, hoher Kosten und schwieriger Zeitumstände nicht verwirklicht werden. Der König nahm die ihm vorgelegten Probemünzen zwar zustimmend zur Kenntnis, aber der Auftrag zur Umstellung kam nicht, da die Kosten für das Auswechseln der bisherigen Gepräge gegen solche mit dem neuartigen Design denn doch zu hoch waren. So sind aus dieser Zeit nur wenige interessante Proben als Zeugnisse für das Bestreben erhalten, das preußische Münzwesen auf eine neue Qualitätsstufe zu heben.


Preußen, das durch die napoleonische Bedrückung und die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 finanziell und politisch aufs Höchste strapaziert war, musste sich noch eine Weile mit den relativ einfach hergestellten Münzen behelfen. Das Münzdepartement ließ aber nicht locker und verlangte neue Stempel. Probemünzen von 1812 mit sitzender Borussia besitzen den technischen und gestalterischen Standard der Loosschen Goldstücke von 1799. Allerdings setzte die Ökonomie dem verständlichen Wunsch enge Grenzen, die neuen Münzen massenhaft zu prägen.


Preußen. Wilhelm III. 10 Pfennig 1812, Probe [Künker, Herbstauktionen 2016/2491]


Nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 war die Zeit reif und auch die Möglichkeiten vorhanden, sich langsam von altem Geld zu trennen. Die Wirtschaft nahm einen beträchtlichen Aufschwung. Der vor allem von Heinitz initiierte Einsatz von Dampfmaschinen und bald schon die Eisenbahn begannen ihren Siegeslauf in einem Land, das nun zu den Großmächten in Europa zählte. Im Zuge der preußischen Münzreform wurden große Massen neuen Geldes gebraucht. Die Münzstätten liefen auf Hochtouren und wandelten das eingezogene Geld in neues um. Man prägte im Ring, und auch das Problem des Absenkens kompletter Vorder- beziehungsweise Rückseiten in Arbeitsstempel wurde gemeistert. Jede Münze sah gleich aus, egal, wo sie hergestellt wurde. Eine solche Standardisierung und Gleichförmigkeit stand im Wunschkatalog der Münztechniker von jeher immer obenan. Für Preußen schlug 1817 die große Stunde der Münztechnik, als Diederich Uhlhorns Kniehebelpresse in Berlin und Düsseldorf eingeführt wurde.

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