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Thomas Enke

Ukraine: Ein neuer Name für die Kopeke

Копеек больше не будет - Es wird keine Kopeken mehr geben!


Mit dieser Überschrift leitete die Ukrainische Nationalbank am 2. September 2024 eine Änderung des Namens ihrer Kleinmünzen ein. (1) Aus der „Kopeke“ wird der „Schag“ (шаг). Die Prägung der neuen Münzen soll im Jahr 2025 beginnen. Das Verhältnis der Kopeke zum Schag wird 1:1 betragen. Die Mehrzahl wird Schagov (шагов) heissen.


„Schag“ kling ungewöhnlich, ist aber im osteuropäischen Raum keine unbekannte Währungseinheit. Den Schag gab es bereits im russischen Zarenreich und auch schon weit davor. Der Name ist eine Verkürzung für „Scheljag“, die slawische Form für Schilling, eine Bezeichnung für eine Währung, die es bis vor einigen Jahren in Österreich gab und in Uganda, Kenia, Somalia und Tansania noch gibt.


Im frühen Mittelalter wurde der Scheljak mit dem karolingischen Pfund verknüpft. Ein Pfund entsprach nach der Münzreform von Karl dem Großen im Jahr 794 zwanzig Schillingen oder 240 Pfennigen. Lange Zeit war der Schilling jedoch nur eine Rechnungseinheit, die nicht in Form einer Münze ausgeprägt wurde. Auf dem Gebiet der heutigen Ukraine hatte ein Scheljag den Gegenwert von 1/200 Pfund. Das Pfund wurde somit sowohl als Rechnungs- als auch als Gewichtseinheit genutzt. Zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert wurde der Scheljag als Rechnungseinheit in Osteuropa für fremde Währungen verwendet. Dies war in dieser Zeit hauptsächlich der arabische Dirham, da man über das Schwarze Meer reichhaltige Handelsbeziehungen zum arabischen Raum pflegte.

Andrij Pyschnyj, Präsident der Nationalbank der Ukraine, stellte Anfanmg September öffentlich die Pläne zur Umbennenung der Kopeke vor. Bildquelle: https://bank.gov.ua/en/news/all/vidnovlennya-istorichnoyi-spravedlivosti-natsionalniy-bank-initsiyuye-zminu-nazvi-moneti-kopiyka-na-shah.


Auch mit anderen Währungen wurde der Schag in den späteren Jahren immer wieder regional verknüpft. Im polnisch-litauischen Großreich übertrug sich der Name auf den Trojak, eine polnisch-litauische Silbermünze im Wert von 3 Groschen, die im 16. Jahrhundert aufkam. Bereits im 17. Jahrhundert war der Schag bereits aus Kupfer, hieß wieder Schilling und war im 18. Jahrhundert als Kupfermünze nur noch 1/3 Groschen wert.


Während der ukrainischen Revolution zwischen 1917 und 1921 wurde der Schag als Banknote in verschiedenen Nennwerten in Umlauf gebracht. Aufgrund wirtschaftlicher und technischer Probleme wurden jedoch keine Münzen geprägt. Bereits nach der Unabhängigkeit im Jahr 1991 wurde Schag als Name für die Kleinmünzen vorgeschlagen. In Lugansk wurden auch Proben dazu hergestellt. Jedoch wurde am 2. März 1992 durch das Präsidium der Werchowna Rada der Name Kopeke genehmigt.


Vorder- und Rückseiten der Markenförmigen Banknoten zu 10, 20, 40 und 50 Shagov von 1918. Bildquelle: Marciniak, Auktion 20, 23. Mai 2023, 3082.


Im russischen Reich gab es für den Schag je nach Region die Namen Denga und Poluschka, die wiederum in einem festen Verhältnis zur Kopeke und zum Rubel standen. Hier entstanden für die Kopeke folgende Namen:


1/4 Kopeke 1 Polushka

1/2 Kopeke 1 Denga

3 Kopeken 2 Paras

10 Kopeken 1 Grivennik

25 Kopeken 1 Polutpoltinja

50 Kopeken 1 Poltina

100 Kopeken 1 Rubel


Aus der Tabelle erschliessen sich noch mehr sprachliche Gemeinsamkeiten. Der Griwna, die derzeitige ukrainische Währungseinheit hat ebenfalls seinen Ursprung im Mittelalter und war im Zarenreich als Grivennik bekannt. Grivennik stammt von Griwna, einer Münzeinheit, die ihren Ursprung in der Kiewer Rus zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert hatte, aber auch aus dem russischen Nowgorod und später im Großfürstentum Litauen und im Königreich Ruthenien geläufig war. In Nowgorod entsprach ein Scheljag dem 1/200 Teil eines Griwna. Der Grwina war ursprünglich eine Gewichtseinheit.


Auch Deutschland ist mit der ukrainischen Währung zumindest indirekt verknüpft. Während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg sollten im sogenannten Reichskommissariat Ukraine neue Kleinmünzen eingeführt werden. Es gab dazu 1943 Probemünzen mit einem Entwurf von Franz Krischker. Aufgrund des Kriegsverlaufes kam es nicht zu einer Einführung der Münzen. Der Entwurf der Rückseite der 50-Kopeken-Münze wurde allerdings für die erste Serie der 1-, 5- und 10-Pfennig-Münzen in der DDR verwendet. Eine der Probemünzen von 1943 wurde im Oktober letzten Jahres bei einer Auktion der Fa. WAG für 10.000 Euro versteigert.


Thomas Enke


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