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Helmut Caspar

Traum vom Fliegen – Münzen und Medaillen mit Luftballons, Zeppelinen und Flugzeugen

Münzen- und Medaillensammler sind gut beraten, wenn sie sich auf bestimmte Motive wie Stadtansichten, Kostüme oder Wappen, vielleicht auch auf die Gepräge eines bestimmten Landes, einer Stadt oder auch ihrer eigenen Region konzentrieren und nach historischen Ereignissen und Gestalten Ausschau halten. Als im ausgehenden 18. Jahrhundert unter dem Jubel tausender Schaulustiger in Paris und anderen Städten die ersten mit Gas gefüllten Ballons in die Lüfte stiegen, verkündete man diese Sensationen nicht nur in den Zeitungen und auf Flugblättern, sondern auch auf Medaillen. Solche Prägestücke mit Ballons und anderen Luftfahrzeugen sind beliebte Sammelstücke, werden regelmäßig im Handel angeboten und sind auch auf Münzmessen vertreten.

Der Aufstieg eines mit den Initialen des französischen Königs Ludwig XVI. geschmückten Ballons über Paris war ein Riesenspektakel, das durch bunte Grafiken weithin bekannt gemacht wurde. Das Bild daneben zeigt, wie man sich die Invasion Englands mit Hilfe von Luftschiffen vorstellte. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Der Traum vom Fliegen hat die Menschheit schon immer bewegt. Was wurde nicht alles versucht, um die dritte Dimension zu erobern und sich wie die Vögel in die Luft zu erheben? Wir kennen die Konstruktionszeichnungen, die Leonardo da Vinci für seine Flugapparate gefertigt hat, und wir wissen auch von den Gleitflugversuchen, mit denen sich Otto Lilienthal in die Lüfte erhob und dabei ums Leben kam. Glücklich verliefen Flüge ab 1783 mit Hilfe von Heißluftballons und daran hängenden Gondeln, mit denen sich die Brüder Montgolfier vor den Augen des französischen Königs Ludwig XVI. und seines Hofes in die Lüfte erhoben. Schnell ging die Kunde von den Flügen mit der „Montgolfière“ durch Europa. Weitere Flugpioniere schlossen sich an.

Über dem Panorama von Breslau erhebt sich auf der Medaille von 1789 der von dem berühmten Luftschiffer Jean-Piere Blanchard gesteuerte Ballon. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

In Frankreich träumte man alsbald von der Invasion der uneinnehmbaren britischen Insel mit Hilfe einer aus Ballons gebildeten Luftarmada. Wie dieser Versuch, so war in den vergangenen Jahrhunderten Englands Einnahme mit Hilfe von Kriegsschiffen zum Scheitern verurteilt. Bei der Belagerung von Paris im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 wurden Ballons eingesetzt, um die feindlichen Stellungen zu erkunden und zu beschießen, aber auch Verbindung zum Umland zu halten. Hier zeigte sich, dass die Luftfahrt ähnlich wie die Nutzung von Unterwasserfahrzeugen stets eine militärpolitische Komponente hatte. Am 4. September 1870, zwei Tage nach der Entscheidungsschlacht bei Sedan, in der Napoleon III. von den Deutschen gefangen genommen wurde, rief Léon Gambetta in Paris die Dritte Republik aus und übernahm in der neuen Regierung der nationalen Verteidigung den Posten des Innen- und Kriegsministers. Während der Belagerung der Hauptstadt floh er auf spektakuläre Weise mit einem Ballon nach Tours. Als er sah, dass seine Aufrufe zum Weiterkämpfen nichts fruchteten, trat er von seinem Posten zurück, verlor aber das Ziel, es den Deutschen eines Tages heimzuzahlen, nicht aus den Augen. In dieser Situation gab er die zum geflügelten Wort gewordene und auch heute manchmal verwendete Parole „Immer daran denken, nie davon sprechen!“ aus.

Das Erscheinen von Ballons am Himmel war so ungewöhnlich und kaum zu verstehen, dass die Leute mit Flinten und Mistgabeln dem „Teufelszeug“ zu Leibe rückten. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Medaillen zu spektakulären Ballonflügen und solchen mit Zeppelinen und „fliegenden Kisten“, wie man die ersten Flugzeuge nannte, zeigen Porträts mutiger Luftfahrtpioniere. Eine der bekanntesten Gedenkmünzen dieser Art des 20. Jahrhunderts ist das deutsche Drei- und Fünfmarkstück von 1930, mit denen der fast 50 000 Kilometer lange Weltflug des 1927/28 gebauten Luftschiffes „Graf Zeppelin“ gefeiert wurde. Dass die Silbermünzen in Stückzahlen zu einer Million beziehungsweise 400 000 Exemplaren hergestellt wurden, hat mit dem großen nationalen und internationalen Interesse an diesem Spektakel zu tun, mit dem das Deutsche Reich zwölf Jahre nach dem Ersten Weltkrieg sein Image aufpolierte. Das zigarrenförmige Luftschiff war unter Führung von Hugo Eckener am 15. August 1929 mit 61 Personen an Bord in Friedrichshafen am Bodensee gestartet und nahm Kurs über Deutschland, Russland und Japan in Richtung USA, um am 4. September 1929 unter dem Jubel zahlreicher Schaulustiger wieder in Friedrichshafen zu landen.

Zahlreiche schmucklose Medaillen mit Ansichten der Ballons sind aus der Zeit der preußisch-deutschen Belagerung von Paris 1870/1 überliefert und kommen ab und zu in den Angeboten des Münzhandels vor. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Die auch silberne Zigarren genannten Zeppeline waren mit Wasserstoff oder Helium gefüllt und damit leichter als Luft. Namensgeber und Konstrukteur war der pensionierte Offizier Graf Ferdinand von Zeppelin. Der erste Flug mit der zylinderförmigen LZ 1 fand im Jahre 1900 statt. Eine Nationalspende von sechs Millionen Mark ermöglichte 1908 die Arbeit der Luftschiff-Bau GmbH in Friedrichshafen am Bodensee und damit einen beachtlichen Aufschwung dieses neuen Industriezweiges. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden vom Deutschen Reich aus regelmäßige Linienflüge unter anderem nach Nord- und Südamerika eingerichtet. Nachdem 1937 beim Landeanflug in Lakehurst (USA) ein Zeppelin, die LZ Hindenburg, abgestürzt war und es viele Tote gab, wurden diese Flüge als zu gefährlich eingestellt. Jahrzehnte später gab es Versuche der Wiederbelebung des Zeppelins als Transportfahrzeug. Da sie sich aber nicht rechneten, verschwanden die „silbernen Zigarren“ aus dem Luftraum.

Besucher der Berliner Gewerbeausstellung von 1897 bekamen, wenn sie sich über dem Treptower Park in die Lüfte wagten, eine solche Medaille, die man sich ans Revers heften konnte. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

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