Im Gefolge des Ersten Weltkrieges und der Oktoberrevolution von 1917 kam es in Russland zum Bürgerkrieg. Das Steuersystem brach zusammen, die Staatseinnahmen fielen weg. Gleichzeitig blähten die neuen Machthaber den Verwaltungsapparat auf. Die russische Volkswirtschaft sollte in kürzester Zeit zu einem zentralistischen System aus Kommando und Verteilung umgestaltet werden. Die Kommunistische Partei wollte laut ihrem Programm das Geldvermögen des Adels und der Bourgeoisie zerstören, finanzielle Werte als Tauschmittel abschaffen. In der ersten Phase des sogenannten Kriegskommunismus (1918-1921) begann die russische Zentralbank daher sorglos, Geldscheine nach Bedarf zu drucken. Eine Verhundertfachung der Geldmenge war die Folge: „Die Preise kletterten in astronomische Höhe. 1921 kosteten zum Beispiel ein Pud (16,38 kg) Roggenmehl 140.000 Rubel, eine Zeitung 2.500 Rubel, eine kürzere Fahrt mit der Straßenbahn 500 Rubel.“ (D. Grischin: Aus der Geschichte des sowjetischen Geldwesens, In: money trend, Heft 5/1982, S. 16) Nach einer Missernte, der mindestens vier Millionen Menschen zum Opfer fielen, war die Verteilungswirtschaft jedoch am Ende. Am 2. März 1921 diskutierte das Volkskommissariat für Finanzen erstmals nach 1918 wieder darüber, ob sowjetische Münzen zu prägen seien. Die im Gefolge der Revolution demontierte Münzstätte von Petrograd musste neu aufgebaut werden. Währenddessen wurde die Inflation unkontrollierbar. Städte, Fabriken und Kooperativen setzten eigenes Papiergeld in Umlauf. Die Petrograder Sattlerwaren- und Kofferfabrik prägte sogar eigene Rubel- und Kopekenstücke aus Kupfer, Bronze und Aluminium. Auf die ersten Banknoten des Staates von 1919 folgten immer neue Emissionen: „1922 wurden 10.000 alte Rubel in einen Rubel von 1922 umgetauscht, aber diese Währung war nicht zu halten; sie sackte ebenfalls ins Bodenlose ab und im Mai 1923 wurde eine Million dieser Rubel in einen Rubel von 1923 umgewechselt.“ (Herbert Rittmann: Moderne Münzen, München 1974, S. 121)
Im März 1921 verkündete Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Lenin auf dem X. Parteitag der Kommunistischen Partei Russlands die Neue Ökonomische Politik (NEP). Im Herbst 1921 wurde eine Staatsbank gegründet. In seiner Rede auf dem 4. Kongress der Kommunistischen Internationale im November 1922 erklärte Lenin seine Politik: „Von großer Wichtigkeit ist die Frage der Stabilisierung des Rubels. An dieser Frage arbeiten wir, arbeiten die besten Kräfte, und wir messen dieser Aufgabe entscheidende Bedeutung bei.“ (Iwan Georgewitsch Spasski: Das russische Münzsystem, Berlin 1983, S. 202) Noch im gleichen Monat schlug er Grigori Sokolnikow als neuen Volkskommissar für Finanzen vor.
Gegen heftigen Widerstand setzte der sein Konzept zur Gesundung der Währung durch. Dreh- und Angelpunkt war ein neuer Sowjetrubel, der zu 25 Prozent von Goldreserven gedeckt war. Den ersten Geldscheinen mit Nennwerten von bis zu 25 Tscherwonez folgte 1923 eine Goldmünze gleichen Namens zu zehn Rubel. Mit dem Staatswappen auf der Vorderseite und einem säenden Landmann auf der Rückseite versehen, wog er genauso viel wie ein Zehn-Rubel-Stück des Zaren. Auch die Legierung war dieselbe. Ausschließlich im Zahlungsverkehr mit dem Ausland eingesetzt, wurde der Tscherwonez stark beachtet. Der kommunistische Staat konnte sich nun als seriöser Handelspartner etablieren. Mit einer Serie von Silbermünzen im Wert von zehn Kopeken bis zu einem Rubel kehrte auch das Vertrauen der eigenen Bevölkerung in die Währung zurück. Sogar in den USA wurde der Erfolg der Reform von Grigori Sokolnikow gewürdigt. In einer zeitgenössischen Quelle heißt es respektvoll: „Die russische Währung ist eine der wenigen, deren Wert heute geringfügig über dem des Dollars und sogar des Pfund Sterling liegt.“ (Julius Mader: Um Tscherwonnyi und Tscherwonez, In: money trend, Heft 1/1990, S. 86)
Kurz nach dem Tscherwonez aus dem Jahr 1923 kamen die ersten Silbermünzen der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) in Umlauf. Seit 1921 „auf Vorrat“ geprägt, waren das Rubelstücke und der „Poltinnik“ zu 50 Kopeken. Sowohl im Gewicht als auch der Legierung entsprachen diese Großsilbermünzen entsprechenden Nominalen aus der Vorkriegszeit. Auf der Vorderseite tragen sie das Staatswappen und eine Umschrift, die Rückseite ist mit einer Wertangabe und einem von Zweigen gefassten Stern versehen. Eine Inschrift im Rand liefert Angaben zu Metall und Gewicht in den Einheiten Solotnik und Dolja. Außerdem ist ein Namenskürzel des Münzmeisters zu finden. Auf dem „Kleinsilber“ zu 20, 15 und 10 Kopeken aus einer Legierung von 500/000 hat man die Wertangabe unter einen Sowjetstern inmitten von Zweigen gesetzt. Der Rand ist geriffelt. Die kleinsten Münzen mit Nominalen bis fünf Kopeken wurden aus Kupfer geprägt. Mit Annahme der Verfassung über die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken im Dezember 1922 musste ein neuer Münztyp aufgelegt werden. Die überarbeitete Serie von 1924 wurde auf der Vorderseite mit dem Staatswappen, der Wertangabe und einer Parole versehen: „Proletarier aller Länder vereinigt Euch“. Auf der Rückseite erhielten die beiden Großsilbermünzen analog dem Tscherwonez eine Darstellung von Werktätigen bei der Arbeit. Um den immensen Bargeldbedarf möglichst kurzfristig zu decken, wurde ein Teil der Prägeaufträge nach England vergeben.
Nach dem Tod von Lenin im Januar 1924 übernahm Josef Wissarionowitsch Stalin die Macht im Lande. Dessen Privatsekretär berichtet in seinen Memoiren, dass er den anerkannten Finanzfachmann Sokolnikow im Jahre 1925 kennengelernt habe: „Ich war oft in Sokolnikows Haus. Grigorij Jakowlewitsch Sokolnikow (eigentlich: Brillant) war früher Rechtsanwalt gewesen. Er gehörte zur Gruppe Sinowjews und Kamenews und war unbestreitbar einer der talentiertesten bolschewistischen Führer. Was für eine Aufgabe man ihm auch stellte, er kam glänzend mit ihr zurecht. Während des Bürgerkrieges kommandierte er erfolgreich eine Armee. Als Volkskommissar der Finanzen nach der NEP führte er erfolgreich die Währungsreform durch, indem er den harten Tscherwonez-Rubel schuf und rasch die chaotische bolschewistische Geldwirtschaft in Ordnung brachte. Nach dem 13. Parteikongress im Mai 1924 wurde er Kandidat des Politbüros. Auf dem Kongress des Jahres 1926 trat er zusammen mit Sinowjew und Kamenew auf und war der einzige Redner, der von der Kongresstribüne herab die Absetzung Stalins vom Posten des Generalsekretärs forderte. Das kostete ihn den Posten des Volkskommissars für Finanzen und den Platz im Politbüro.“ (Boris Baschanow: Ich war Stalins Sekretär, Frankfurt/Main 1977, S. 102) Sokolnikow bekam einen unbedeutenden Posten. Doch es sollte schlimmer kommen. Stalins „Säuberungen“ und den politischen Terror der dreißiger Jahre überlebte Sokolnikow nicht. Boris Baschanow, dem einstigen Privatsekretär des Diktators, gelang die Flucht ins Ausland.
댓글