Sammler & Investoren: Der Run auf deutsche Taler
- Dietmar Kreutzer
- 8. Apr.
- 5 Min. Lesezeit
In einem Beitrag für das Fachmagazin Gold & Silber hat der Numismatiker Helmut Kahnt vor einiger Zeit historische Taler zum Thema erkoren: "Taler haben schon seit Jahrhunderten das besondere Interesse von Münzsammlern geweckt. In jüngster Zeit beweisen die Zuschläge auf Münzauktionen, dass auch Investoren ein verstärktes Interesse an seltenen und hervorragend erhaltenen Talern zeigen. (...) Besondere Talergruppen wie Preis-, Prämientaler und Ausbeute- bzw. Bergbautaler unterliegen verstärkt einem erheblichen Preisanstieg - einmal weil sie interessante Sammelobjekte sind und zum anderen, weil sie in den Fokus von Investoren geraten sind." (1) Als Beispiele nannte Kahnt die erste Talermünze der Welt, einen Guldiner oder Guldengroschen von Erzherzog Siegismund aus der Münzstätte Hall (1486): "Im Jahr 2018 erzielte ein Exemplar in sehr schöner Erhaltung in einer Hess-Divo-Auktion den Zuschlag von 30.000 Schweizer Franken, im Jahr 2021 ein Exemplar in einer Salzburger Auktion (Frühwald) 32.000 Euro." (2) Der Goldabschlag eines Guldiners von 1486 wurde im Jahr 2021 auf einer Frühwald-Auktion sogar für 440.000 Euro versteigert.

Rhenumis Auktion vom 15. bis 16. Mai 2024, auf der unter anderem ein Taler aus Ragusa (1746, Los 708, Dav. 1637) mit Schrötlingsfehler am Rand für 530 Euro versteigert wurde.
Auch die ab 1500 geprägten sächsischen Guldengroschen (Taler), wegen der Mützen der porträtierten Herzöge als Klappmützentaler bezeichnet, erzielten hohe Preise: "In einer Auktion von Dr. Busso Peus Nachfolger im Jahr 2019 wurde ein sehr schönes Exemplar eines solchen Klappmützentalers für 42.000 Euro zugeschlagen, in der 358. Künker-Auktion im Januar 2022 dann ein Exemplar für 75.000 Euro. Im Jahr 2021 war ein ebenfalls sehr schönes Exemplar in einer Künker-Auktion noch für 25.000 DM (ca. 12.500 Euro) versteigert worden. Diese Wertsteigerungen demonstrieren sehr anschaulich, in welchem Maß die Preise für seltene, gesuchte und besonders vorzüglich erhaltene Taler angestiegen sind." (3) Großes Interesse finden jüngst auch Löser, breite Mehrfachtaler von bis zu 98 mm Durchmesser, für die eigene Stempel gefertigt wurden. Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg hat sie 1574 eingeführt: "Diese beeindruckend großen Taler-Münzen sind begehrte und nicht eben billige Sammlermünzen, die in zunehmendem Maße auch in den Fokus von Investoren geraten. Das hat zur Folge, dass ihre Preise nur noch eine Richtung kennen - nach oben." (4)
Angesichts mehrerer tausend Münztypen von Talern reicht das Spektrum der im Handel verlangten Preise von wenigen Euro bis zu sechsstelligen Ergebnissen auf Auktionen. In einem Sammlerforum kam es unlängst zu einer Diskussion, wie günstig Taler gelegentlich auf Flohmärkten zu haben seien. Etliche User meldeten sich, die ein solches Stück für weniger als 35 Euro gekauft hatten. Der Erhaltungsgrad war in vielen Fällen allerdings bestenfalls „schön“. Auch auf der Handelsplattform MA-Shops sind die günstigsten Taler geringfügig oberhalb des Materialpreises zu haben. Dabei handelte es sich allerdings um Nachprägungen, beispielsweise von Maria-Theresia-Talern. Der günstigste historische Taler war jüngst ein preußischer Krönungstaler von 1861 mit Henkel- und Hitzespuren zu 33 Euro. Ansehnliche Stücke liegen dagegen oft im dreistelligen, teils sogar im vierstelligen Bereich. Als teuerstes Stück wird derzeit ein vierfacher Taler von Johann Georg I. aus der Sachsen-Albertinischen Linie von 1650 zum Preis von 33.500 Euro geführt. Damit ist das Spektrum der Preise jedoch nicht erschöpft. Auf Auktionen kommt es teils zu deutlich höheren Zuschlägen!
Künker, Auktion 404, Nr. 2313. Georg Friedrich von Greiffenklau zu Vollraths. Dicker doppelter Reichstaler 1629, Mainz. Sehr selten. Fast vorzüglich. Taxe: 20.000 Euro. Zuschlag: 30.000 Euro
Eine Durchsicht der im letzten Jahr auf Münzen-Online erschienen Nachberichte zu Münzauktionen zeigt, zu welchen Preisen außergewöhnliche Stücke zugeschlagen werden. Im April 2024 ist bei Künker ein dicker doppelter Reichstaler von Georg Friedrich von Greiffenklau zu Wollraths (Mainz, 1629) für 30.000 Euro versteigert worden, zudem ein Juliuslöser zu zehn Reichstalern (Wolfenbüttel, 1574) für 95.000 Euro. Im Mai erzielte bei SINCONA ein Ausbeutetaler aus der österreichischen Grafschaft Schlick (1520) einen Preis von 22.00 Franken, ein schweizerischer Engeltaler (Zug, 1565) sogar 28.000 Franken. Taler aus dem 19. Jahrhundert erreichen dagegen nie derart hohe Zuschläge. Ein im Juni bei der Heidelberger Münzhandlung für 625 Euro versteigerter „junger“ Taler aus Österreich sorgte daher für einige Überraschung: „Übrigens, dass der Preis des Talers von 1815 mit dem Porträt von Franz II. ebenfalls explodierte, hängt weniger mit Investoren zusammen, sondern eher mit der Münzstätte. Die Münze wurde in Prag geprägt, und der tschechische Sammlermarkt treibt derzeit alles, was auf tschechischem Boden geprägt wurde, in ungekannte Höhen.“
SINCONA, Aktion 90, Los 1776: RDR/Österreich, Standesherren. Grafschaft Schlick, Stephan, Burian, Heinrich, Hieronymus und Lorenz, 1505-1532. Ausbeutetaler 1520, Mzst. Joachimsthal. Äußerst selten. Sehr schön mit feiner Patina. Erzielter Preis CHF 22'000.-
Taler aus dem 16. und 17. Jahrhundert stoßen dagegen regelmäßig auf ein großes Interesse. Während der Herbst-Auktionen 2024 von Künker etwa wurde ein doppelter Reichstaler für 180.000 Euro versteigert: „So viel realisierte der der doppelte Reichstaler des Albrecht von Wallenstein, der 1627 in Jitschin geprägt wurde. Damit ist die Nummer 425 der Auktion 410 das teuerste Stück der ganzen Auktion. Gleichzeitig handelt es sich – gemäß Coinarchives – um die teuerste Silbermünze Albrechts von Wallensteins, die je in einer Auktion verkauft wurde. Das Ergebnis illustriert, wie beliebt die Münzen dieses kaiserlichen Feldherrn sind. Sie erzielen immer hohe Preise, denn Wallensteins Schicksal – vom Münzunternehmer zum Feldherrn, dessen Macht selbst mit der des Kaisers konkurrieren konnte, sein plötzlicher und überraschender Sturz – fasziniert Menschen und Sammler nicht erst seit dem Drama von Friedrich Schiller.“ Ebenfalls bei den Herbst-Auktionen 2024 zu hohen Preisen versteigert wurden mehrere Löser, außerdem ein Taler von Ludwig dem Frommen (Württemberg, 1585) zu 28.000 Euro und ein Reitertaler (Württemberg, 1507) zu stolzen 85.000 Euro.
Künker, Auktion 410, Nr. 425. Wallenstein. Doppelter Reichstaler 1627, Jitschin. Sehr selten. Sehr schön. Taxe: 50.000 Euro. Zuschlag: 180.000 Euro.
Im Oktober 2024 wurde bei SINCONA der Dickabschlag eines Luzerner Talers (1518) für 42.000 Franken zugeschlagen. Welch unterschiedliche Preise ein Taler aus dem 17. Jahrhundert und ein solcher aus dem 19. Jahrhundert erzielen, zeigen die Ergebnisse der Herbst-Auktionen von Dr. Busso Peus Nachfolger: „Unter den Münzen und Medaillen der altdeutschen Staaten von Aachen bis Zellerfeld sind einzelne Ergebnisse besonders erwähnenswert. Ein höchstseltener, stempelglänzender Reichstaler aus dem Duodezfürstentum Bentheim-Steinfort erzielte bei einer Taxe von 15.000 Euro einen Zuschlag von 36.000 Euro (Los 1972). Dass weiterhin die Erhaltung die maßgebliche Komponente des Preises darstellt, bewies sich auch bei einem Frankfurter Doppeltaler 1841 mit Stadtansicht, der wegen seiner außerordentlichen Schönheit das für diesen Typ rekordverdächtige Ergebnis von 1900 Euro erzielte.“ Weitere Reichstaler aus dem 16. und 17. Jahrhundert wurden auf der genannten Auktion für 28.000 Euro (Köln, 1578) und 23.000 Euro (Jitschin, 1632) zugeschlagen.
SINCONA, Auktion 95, Los 4283: Schweiz, Luzern, Stadt und Kanton, Taler 1518, Münzstätte Luzern. Dickabschlag im 1.5-fachen Gewicht. Von größter Seltenheit und mit hervorragender Provenienz. Einziges bekanntes Exemplar. Sehr schön. Erzielter Preis: CHF 42'000.-
Angesichts der schier unerschöpflichen Spektrums an Talerprägungen und Preisen empfiehlt der Numismatiker U. E. G. Schrock eine „strukturierte“ Sammlung. Dazu böte sich beispielsweise Stücke aus der Heimat und Region (z.B. Bayern) an oder aber die Gepräge einer Epoche bzw. eines Nominals (z.B. Kronentaler). Auch Städtetaler (z.B. Reichsstädte Augsburg, Kempten usw.) sowie Bergbau- und Ausbeutetaler sind ein gut abgrenzbares Sammelgebiet. Ausländische Taler (z.B. Venedig) seien ein ebenso vielseitiges Spezialgebiet. U. E. G. Schrock selbst begann seine Sammlung einst mit einem bayerischen Konventionstaler. Es war wohl Liebe auf den ersten Blick: „Schon seit der Schulzeit faszinieren mich Taler, diese Gepräge, die den langen Zeitraum von 1486 bis 1871 bzw. 1907 beleben. Mein erster Taler war ein in München geprägter Madonnentaler von 1774, damals vor gut 40 Jahren für 60 DM gekauft. Für einen Schüler eine stattliche alte Münze, die gerade noch finanzierbar war und bis heute ihren Platz in der Universalsammlung verteidigt hat.“ (5)
Dietmar Kreutzer
Quellenangaben:
(1) Helmut Kahnt: Talermünzen für Sammler und Anleger; in: Gold&Sillber, Sonderheft 2022; S. 18
(2) Ebenda, S. 18
(3) Ebenda, S. 19
(4) Ebenda, S. 29
(5) U. E. G. Schrock: Taler - Einführung in ein klassisches Sammelgebiet; in: Faszination Münzensammeln, Regenstauf 2019, S. 18
Comentários