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Dietmar Kreutzer

Revolution in Kuba: Die Flucht des Fulgencio Batista

Der Weg des einstigen Sergeanten an die Spitze des Militärs und schließlich des Staates war atemberaubend. Nach einem Volksaufstand gegen die Regierung von Gerardo Machado im Jahr 1933 kontrollierte Fulgencio Batista bereits die Armee. Infolge des Generalstreiks von 1935, den er niederschlagen ließ, beförderte er sich selbst zum General. US-Botschafter Sumner Wellers gratulierte: „Herr General, mit ihrem Vorgehen gegen den Kommunismus haben sie sich die Unterstützung der an Kubas Handel und Finanzen Interessierten verdient, die gegenwärtig auf Sie den Blick richten und ihren Schutz in Anspruch nehmen.“ (Robert Merle: Moncada, Berlin 1983, S. 50) Im Jahre 1940 wurde Batista schließlich zum Präsidenten gewählt. In ärmlichen Verhältnissen groß geworden, kam er nun auf den Geschmack des Geldes: „Er kaufte sich in Dayton Beach, Florida, einen prachtvollen Wohnsitz. Er kaufte sich das herrliche Landgut Kuquine, wenige Kilometer von Havanna.“ (Ebenda, S. 51) Der Staat sollte aber nicht nur für sein Wohlergehen sorgen. Als der Präsident zum zweiten Mal vor den Traualtar trat, hatte er sich für die attraktive Marta Fernández Miranda ein besonderes Geschenk ausgedacht: „Als Batista heiratete, überließ er Marta fünfzig Prozent vom Ertrag der gebührenpflichtigen Parkplätze und der Groschenautomaten von Havanna. Nettoeinnahme: drei Millionen Dollar im Jahr.“ (Ebenda, S. 52) Nach dem Ablauf seiner Amtszeit im Jahr 1944 zog sich der Präsident auf seinen Landsitz nach Florida zurück.

Fulgencio Batista (1901-1973) im November 1938 in Washington. [Bildquelle: Wikimedia, Library of Congress]

Die Vormachtstellung der Vereinigten Staaten hatte dazu geführt, dass die Republik Kuba nach ihrer Unabhängigkeit im Jahre 1901 unter dem faktischen Protektorat ihres großen Nachbarn stand. Offizielles Zahlungsmittel war jahrelang der US-Dollar. Ein Gesetz von 1914 zur Schaffung einer eigenen Währung sollte das ändern. In einem Fachartikel zur Währungsgeschichte heißt es: „Basierend auf dem Goldstandard ist die Prägung einer Landeswährung mit einem Gewicht von 1,6718 Gramm legiertem Gold sowie 1,5046 Gramm Feingold angeordnet worden. Goldmünzen sollten in Stücken zu zwanzig, zehn, fünf, vier, zwei und einem Peso geprägt werden. Silbermünzen waren zu Nennwerten von einem Peso sowie vierzig, zwanzig und zehn Centavos vorgesehen. Aus Nickel sollten Münzen zu fünf, zwei und einem Centavo erscheinen.“ (Ruiz Cruz, Molina Tarasiouk: Historische Entwicklung des kubanischen Währungssystems, in: Observatorio de la Economa Latinoamericana, Ausgabe 117/2009) Für Gold bestand das freie Prägerecht. Der Umlauf silberner Scheidemünzen wurde auf maximal zwölf Millionen Pesos begrenzt. Die Grenze für die Ausprägung von Nickelmünzen sollte durch die Exekutive festgelegt werden. Die Goldmünzen blieben für den Umlauf bedeutungslos. Die Scheidemünzen verdrängten jedoch allmählich jene der Vereinigten Staaten. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise wurde der Peso im gleichen Maße wie der US-Dollar abgewertet. Weil der Goldstandard auf diese Weise seine Bedeutung einbüßte, wurde Silberzertifikaten sowie dem silbernen Peso unbegrenzte Zahlkraft zugebilligt. Nach der Gründung der Nationalbank im Jahre 1948 ist zum Schutz der Silberbestände auch die Prägung der Pesos aus Silber eingestellt worden. Die Münzen wurden aus dem Verkehr gezogen und durch Banknoten ersetzt. Ab sofort liefen nur noch Scheide- und Gedenkmünzen um.

5 Pesos (Kubanischer Goldstandard, 1915, 900er Gold, 8,4 Gramm, 21 mm). [Bildquelle: National Numismatic Collection]

Mit einem Putsch kehrte Batista im Jahr 1952 an die Macht zurück. Während der korrupte Diktator in wenigen Jahren ein Vermögen von etwa 300 Millionen Dollar anhäufte, darbte die einheimische Bevölkerung. Wer Arbeit hatte, verdiente meist nicht mehr als einen Peso pro Tag. Dies entsprach nach der geltenden Währungsparität einem Dollar. Havanna war zum „Bordell“ der Vereinigten Staaten geworden. Prostitution, Glücksspiel und Rauschgifthandel boomten. Im Weißbuch, das die USA im April 1961 veröffentlichten, steht: „Der Charakter des Batista-Regimes in Kuba machte eine heftige Reaktion des Volkes nahezu unvermeidlich. Die Raubgier der Führer, die Korruption der Regierung, die Brutalität der Polizei, die Gleichgültigkeit des Regimes für die Bedürfnisse der Bevölkerung hinsichtlich Erziehung, medizinischer Betreuung, Wohnung, sozialer Gerechtigkeit und Arbeitsmöglichkeiten – das alles stellte, in Kuba wie anderswo, eine offene Aufforderung zur Revolution dar.“ (Merle, S. 60f.) Die kam auch, zunächst mit einem Angriff der Castro-Brüder auf die Moncada-Kaserne im Juli 1953. Doch erst im zweiten Anlauf waren die Revolutionäre erfolgreich. Ende Dezember 1958 marschierten sie auf Havanna zu. Diktator Batista floh in der Silvesternacht samt einigen Getreuen mit einem Flugzeug in die Dominikanische Republik.

1 Peso (100. Geburtstag von José Martí, Kuba, 1953, 900er Silber, 26,7 Gramm, 38 mm). [Bildquelle: BAC Numismatics, Auktion 15, Lot 1072]

Was sein gerettetes Vermögen angeht, gab sich Batista gegenüber der Presse bedeckt. Als ein Reporter von 39 Millionen Dollar sprach, lachte er nur: „Manchmal sind es 39 Millionen Dollar, manchmal 90 Millionen, manchmal 150 Millionen. Ich frage mich, was als nächstes kommen wird.“ (Llew Gardner: Batista Lives in Constant Fear of Bullet, in: Miami Herald, 25.10.1959, S. 8) Dann richtete er seine Zigarre wie eine Pistole auf den Reporter und zog an einem imaginären Abzug. So blieben viele Fragen offen. Wilde Gerüchte machten bald die Runde: „Bevor er floh, raubte er die schönsten Museen in Havanna aus. Er raubte auch die Staatskasse aus. Im Dezember 1958 verließen vier mit Kunst und Gold - hauptsächlich Goldbarren und Münzen - beladene Frachtflugzeuge Kuba in Richtung Tampa. Nur drei Flugzeuge landeten. Das am schwersten beladene Flugzeug verschwand. Der Funkspruch des Piloten ist in den Aufzeichnungen der Küstenwache enthalten. […] Der Pilot setzte ein paar Notrufe ab, dann sagte er: Wir gehen unter. Wir gehen im Wasser unter - oder so ähnlich. Und das ist das letzte, was man davon hörte.“ (Randy Wayne White: Deep Shadow, New York 2010, Chapter Two) Wieviel an den Gerüchten dran ist, konnte bis heute nicht restlos aufgeklärt werden. Klar ist nur, dass Batista später immer genug Geld zur Verfügung hatte. Acht Monate nach seinem Sturz ließ er sich auf Madeira nieder, wo er sich eine in mittelalterlichem Stil erbaute Festung kaufte und sich von einer Privatpolizei bewachen ließ.

40 Centavos (50 Jahre Republik Kuba, 1952, 900er Silber, 10 Gramm, 29 mm). [Bildquelle: Stack‘s Bowers Galleries, Auktion 22.06.21, Lot 70643]

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