Wenn Münzen und Medaillen zu bestimmen sind, spielen Wappen, sofern vorhanden, eine große Rolle. In der heraldischen Literatur sind diese Hoheitszeichen ausführlich beschrieben und abgebildet. Häufig taucht dabei der Begriff „redende Wappen“ auf. Sie begegnen uns auf zahlreichen Prägungen und versinnbildlichen auf mehr oder weniger deutliche Art den Namen eines Fürsten oder einer Stadt.
Solche Darstellungen gab es bereits bei den alten Griechen, und wie im Altertum, so begegnen uns auch im Mittelalter und in der Neuzeit redende Wappen auf Geldstücken in Gestalt von Tieren, Pflanzen oder Waffen, manchmal auch nur als Buchstaben. Ein wichtiger Grund für die „Übersetzung“ eines Namens in ein Bild mag gewesen sein, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung des Lesens und Schreibens unkundig war, wohl aber wissen wollte und sollte, woher ein Denar, Pfennig oder Groschen, ein Dukat oder Taler stammte.
Die Lilie und der Löwe lassen sich unschwer einem in Florenz geprägten Floren [Lanz, Auktion 148/177] und einem Brakteaten Herzog Heinrichs des Löwen [Künker, Auktion 354/5373] zuordnen.
Ein berühmtes Beispiel für die Verwendung redender Wappen sind Münzen Herzog Heinrichs des Löwen. Es gibt verschiedene Löwenpfennige, die auf den Beinamen dieses machtbewussten Herrschers weisen, der es wagte, Kaiser Friedrich I. Barbarossa Paroli zu bieten und daraufhin geächtet wurde. Auf einer besonders prächtigen Münze lautet die ins Deutsche übersetzte Umschrift: „Ich bin Heinrich von Braunschweig, der Löwe“. Es gibt weitere Beispiele für „redende“ Münzen mit Inschriften wie „Otto hat mich gemacht“ oder „Ich bin ein Denar des Robert“.
Bedeutende Zeugnisse der Stempelschneidekunst sind auch die mit Falken und Adlern geschmückten Brakteaten der Herren von Falkenstein und Arnstein, die ebenfalls Bezug auf den Namen der jeweiligen Münzherrn nehmen.
Als im Jahre 1252 die oberitalienische Stadt Florenz begann, ihre rund 3,5 g schweren Goldmünzen zu prägen, wurde als Symbol der Stadt in Anspielung auf ihren Namen die Lilie (flos) gewählt. Dieses redende Wappen auf der Rückseite des Goldstücks gab dem Floren den Namen und wurde in anderen Ländern nachgeahmt. Das Florentiner Design mit dem stehenden Johannes dem Täufer beziehungsweise der Lilie taucht auf vielen Goldstücken auf.
Das aus dem Haus springende Schaf, das Mondgesicht und die Magd über der Burg
symbolisieren Schaffhausen [Hess Divo, Auktion 313/118], Lüneburg
[Künker, Auktion 327/2745] und Magdeburg [Künker, Auktion 223/434]
Schon von Weitem erkennt man am dreifachen Strahl, dass der Taler aus Stralsund stammt
[Künker, Auktion 141/4289]
Die Ende des 15. Jahrhunderts aufkommende Talerprägung bot den Stempelschneidern mehr Spielraum, ihr Können zu entfalten, als es bisher bei kleineren Geldstücken möglich war. Prächtige Wappenschilder wurden auf Münzen obligatorisch, und in vielen Fällen kann man vor allem bei städtischen Prägungen schon beim ersten Hinschauen sagen, woher sie kommen. So weisen die Magd über der Burg auf Magdeburg, das Mondgesicht auf Lüneburg und der dreifache Strahl auf Stralsund. Das aus einem Haus springende Schaf symbolisiert Schaffhausen, und auch die auf einer Kugel stehende Glücksgöttin Fortuna erinnert an die von den Dänen gegründete Stadt Glückstadt. Dazu kommt die auf einem kleinen Berg sitzende Henne als Wappenzier der Grafschaft Henneberg, und auch im Falle der Münzen der elsässischen Stadt Thann ist die Zuordnung nicht schwer, weil eine Tanne als redendes Wappen fungiert. Wer sich mit den Wappen von Beilstein (Beil), Bern und Berlin (Bär), Buchhorn (Baum und Horn), Hammerstein (Hammer), Lindau (Lindenblatt), Löwenberg (Löwe), Minden (Minze) und vielen anderen Herrschaften und Städten befasst, kann ähnliche Beobachtungen machen. Nicht immer ist die Zuordnung von Wappenschildern einfach. Bei der Stadt Isny etwa muss man eine Verbindung zwischen dem Namen und einem Hufeisen herstellen. Schwer erklärlich ist auch der auf Steinen stehende Elefant im Wappen der schwäbischen Grafschaft Helfenstein. Wenn man aber weiß, dass der Rüsselträger früher einmal Helfant hieß, ist das Rätsel schon gelöst.
Die auf einem Berg sitzende Henne ist das redende Wappen der thüringischen Grafschaft Henneberg. Der Taler ist zudem mit einer eindrucksvollen Bergbauszene geschmückt
[Künker, Auktion 258/75]
Unser Ausflug in die Welt der Wappen wäre unvollständig, würde er nicht auch Buchstaben auf Münzen einbeziehen. So finden wir das E auf Münzen von Einbeck, das G bei Göttingen, das H bei Hameln, das N bei Nördlingen und Northeim, das O bei Osterode, das P bei Passau, Perugia und Pisa, das Q bei Quedlinburg, das R bei Rostock und schließlich das T bei Tarragona, Tortola und Toul sowie das W auf Münzen von Breslau (lat. Wratislavia) und Donauwörth.
Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass sich auch viele Münzmeister und Münzbeamte „redender“ Symbole und Monogramme auf die von ihnen gefertigten Gepräge bedienten. Erklärungen finden sich in zahlreichen Lexika und Münzkatalogen. Die individuelle Kennzeichnung hörte auf, als Regierungen immer die gleichen Buchstaben für ihre Münzen festlegten. Schaut man sich deutsche Münzen mit dem „A“ an, dann sollte man allerdings wissen, dass sie nicht aus Aachen oder Augsburg kommen, sondern aus Berlin. 1750 verordnete der preußische König Friedrich II. der ersten Münzstätte seines Reiches den ersten Buchstaben des Alphabets, und dabei ist es bis heute geblieben.
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