Im Frühjahr 1858 berichtete eine hochgestellte Dame von der Tafel des Königs, jener habe sich und seine Brüder mit den Worten charakterisiert: „Wenn wir als Söhne eines einfachen Beamten geboren worden wären, so wäre ich Architekt geworden, Wilhelm Unteroffizier, Carl wäre ins Zuchthaus gekommen und Albrecht ein Trinker geworden.“ (Dearest Child – Letters between Queen Victoria and the Princess Royal 1858-1861, London 1964, S. 17) Das Interesse von Friedrich Wilhelm an der Kunst ist aus vielen zeitgenössischen Quellen herauszulesen. Schon als 16-jähriger Kronprinz äußerte er gegenüber dem Bildhauer Christian Daniel Rauch, dass er gern nach Italien mitkäme: „Lässt mich mein Vater dahin, da werde ich gewiss verrückt und bleibe gleich da.“ (Friedrich Wilhelm IV. – Künstler und König, Frankfurt/Main 1995, S. 87) Ein Jahr später tadelte ein Erzieher den Prinzen: „Ich sehe Sie schon die ganze Zeit mit der Bleifeder in der Hand zubringen. Für einen künftigen Schinkel wäre dieses eine sehr nützliche Anwendung, allein da der Staat nicht in einem gotischen Tempel bestehet und noch nie ein Volk vermittels romantischer Bilder regiert worden ist, so wird dieses ewige Zeichnen für Sie eine wahre Verschwendung der edlen Zeit.“ (Richard Schröder: Die Sehnsucht nach ungestörter Harmonie, in: Tagesspiegel, 24.09.1995, S. W1)
Im Jahr 1840 auf den preußischen Thron gelangt, orientierte sich Friedrich Wilhelm IV. am ständischen System des Mittelalters. Ein Landtag nach dem uralten Recht „deutscher Stände“ sollte öffentlich verhandeln und Gesetze begutachten. Das letzte Wort hatte jedoch bei ihm als König von Gottes Gnaden zu liegen. Eine Verfassung oder Konstitution sah Friedrich Wilhelm nicht als erforderlich an. Als die März-Revolutionäre von 1848 eine darüber hinausgehende Mitsprache forderten, wich der König zurück. Er versprach, sich an die Spitze der Erneuerungsbewegung zugunsten eines einheitlichen Nationalstaates zu stellen. Nach kontroversen Diskussionen bot ihm daraufhin die Frankfurter Nationalversammlung die deutsche Kaiserkrone an. Am 28. März 1849 notierte Christian Daniel Rauch in seinem Tagebuch: „Abends durch die elektrische Telegrafie mit Frankfurt die Nachricht eingetroffen, dass unser König mit geringer Stimmenmehrheit zum erblichen Kaiser von Deutschland gewählt sei. (…) Mutig diese Dornenkrone ergriffen, so kann unser König Deutschland retten und ein großes Ziel erreichen, ohne diesen Mut und Zurückweisung dieses Anerbietens gehen wir in Deutschland in republikanischen Wirren unter!“ (Friedrich Wilhelm IV. – Künstler und König, S. 91) Doch von Volkes Gnaden wollte Friedrich Wilhelm IV. keine Krone annehmen. So ging er als ein Gescheiterter in die Geschichte ein, der die Zeichen der Zeit nicht zu erkennen vermochte. Nach dem Tod des Königs erklärte sein Baumeister Friedrich August Stüler, was die Stärke des Träumers war: Skizzen zu neuen Bauwerken zeichnete er selbst! Auch für plastische Kunstwerke begeisterte sich Friedrich Wilhelm IV. Im November 1844 schrieb er seinem Bildhauer Christian Daniel Rauch, dass er eine neue Büste von sich benötige. Jene aus Jugendjahren mit üppiger Haarpracht habe ausgedient: „Ich habe dem Fürsten Metternich eine versprochen und würde es doch zu toll finden, ihm mein Gesicht, mit dem Haarwuchs und der Sorglosigkeit der Züge von 1823 zu geben.“ (Friedrich und Karl Eggers: Christian Daniel Rauch, Berlin 1873-1891, Band 4, S. 11) Ebenso stark interessierte sich der König auch für seine Münzen und Medaillen. Als die Taler von 1841 die preußische Krone nicht korrekt wiedergaben, ließ er das Vorbild aus dem Tresor holen und vor die Medailleure setzen: „Kein anderer preußischer König hat sich so liebevoll für die Gestaltung seiner Münzen und Medaillen eingesetzt wie der kunstverständige Friedrich Wilhelm IV. Häufig ließ er sich die Entwürfe vorlegen und änderte sie auch gelegentlich eigenhändig ab. An der bildnerischen Gestaltung der Rückseite des doppelten Vereinstalers von 1858 z. B. haben mehrere Personen mitgewirkt.
Aus den ersten Entwürfen wählte der König einen aus, ließ ihn aber noch einmal abändern. Der Oberzeremonienmeister und Vorstand des Heroldsamtes, Graf von Stillfried, legte deshalb einen entsprechenden neuen Entwurf vor.“ (Klaus Sommer: Christoph Carl Pfeuffer, Königlicher Hof-Medailleur in Berlin, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Berlins, Heft 1/1988, S. 12) Doch der Adler mit Ordenskette auf dem Revers musste noch einmal verändert werden. Die Größe der Wappenschildchen passte dem König nicht!
Erster Königlich Preußischer Hofmedailleur war damals Christoph Carl Pfeuffer. Im Jahre 1801 als Sohn eines Tischlermeisters in Suhl geboren, erhielt Pfeuffer seine Ausbildung zum Medailleur beim sächsischen Hofgraveur Johann Veit Döll. Zwanzig Jahre arbeitete er für die private Berliner Medaillen-Münze von Gottfried Bernhard Loos. Kurz nach dem Thronantritt von Friedrich Wilhelm IV. Im Jahr 1840 erhielt Pfeuffer die mit 400 Talern pro Jahr dotierte Stelle des zweiten Medailleurs an der Königlichen Münze. Nach dem Tod von Henri Francois Brandt wurde er zum Ersten Medailleur der Prägestätte befördert. Sein Jahresgehalt stieg nun auf 1.000 Taler. In den mehr als zwanzig Jahren seiner Tätigkeit schuf er zahlreiche Münzen und Medaillen, nicht nur für Preußen, sondern auch andere deutsche Staaten. Die Porträts des Königs sind von zeitgenössischen Kunsthistorikern aufgrund der individuellen Ausstrahlung als außerordentlich gelungen bezeichnet worden.
Der Wunsch, seine Münzen signieren zu dürfen, wurde aber abgelehnt. Im Dezember 1861 verstarb Christoph Carl Pfeuffer. Im Gedächtnis blieb er nicht nur mit seinen Münzen. Vor allem das 140 Arbeiten umfassende, ungemein vielfältige Medaillenwerk machte ihn berühmt!
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