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Dietmar Kreutzer

Núñez de Balboa: Namensgeber einer jungen Währung


Vasco Núñez de Balboa (1475–1519). Bildquelle: Wikimedia/Naval Museum of Madrid


Als spanischer Landwirt hatte er sich auf der Insel Hispaniola versucht. Doch harte Arbeit war sein Ding nicht. Vasco Núñez de Balboa verspielte sein Geld lieber in Spelunken, machte Schulden. Im Jahre 1510 war Balboa so verschuldet, dass er vor seinen Gläubigern zu fliehen beschloss. Als ein reicher Spanier ein Schiff ausrüstete, um an der Nordküste von Urabá (Kolumbien) eine Siedlung zu gründen, packte Balboa die Gelegenheit beim Schopfe, „indem er sich in eine leere Proviantkiste versteckt und von Helfershelfern an Bord tragen lässt, wo man im Tumult der Abreise der frechen List nicht gewahr wird. Erst als er das Schiff so weit von der Küste weiß, dass man um seinetwillen nicht zurücksteuern wird, meldet sich der blinde Passagier. Jetzt ist er da.“ [1] Unterwegs entsorgte er den Unternehmer, dem das Schiff gehörte, und begab er sich mit der Besatzung im heutigen Panama auf die Suche nach Gold – und dem geheimnisvollen Ozean, der hinter den Bergen liegen soll. Im Herbst 1513 stand er kurz vor dem Ziel: „Nur ein paar Schritte noch, weniger, immer weniger, und wirklich, nun, da er am Gipfel angelangt ist, eröffnet sich vor ihm ungeheurer Blick. Hinter den abfallenden Bergen, den waldig und grün niedersinkenden Hügeln, lieg endlos eine riesige, metallen spiegelnde Scheibe, das Meer. […] Feierlich schwenkt er die Fahne nach allen vier Winden, um für Spanien alle Fernen in Besitz zu nehmen, welche diese Winde umfahren.“ [2] Mit großen Mühen hat er den Isthmus von Panama durchquert und den Pazifik entdeckt!


Panama. 50 Centésimos von 1905. 900er Silber, 25 g, 38 mm [Numismatic Guaranty Company]


Am 3. November 1903 erlangte Panama seine Unabhängigkeit von Kolumbien. Unter dem Protektorat der Vereinigten Staaten, die zwischen 1904 und 1914 den Panama-Kanal bauten, führte das Land den Balboa als neue Währungseinheit ein. Alle Wertstufen der ersten, im Jahre 1904 in den USA hergestellten Münzen tragen das Porträt des spanischen Entdeckers und Eroberers. Parallel dazu galt der US-Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel. Die Loslösung vom kolumbianischen Peso war jedoch problematisch. So entstand ein Zwitter aus dem bisher im Zahlungsverkehr üblichen Peso und dem nun maßgeblichen Dollar. Dem Wertverhältnis zum Peso entsprechend, enthielt die größte Münze zu 50 Centésimos etwa doppelt so viel Silber. Damit entstand jedoch ein Missverhältnis zum Dollar, der dem Balboa gleichgestellt war. Das 50-Centísimos-Stück enthielt fast ebenso viel Silber wie ein damals üblicher Morgan-Dollar! Eine weitere Kuriosität war das winzige 2½-Centésimos-Stück, das als ergänzendes Wechselgeld für den kolumbianischen Real gebraucht wurde. Für immer neuen Konfliktstoff sorgte die ungerechte Bezahlung der mit dem Bau des Panamakanals beschäftigten Arbeiter: „Sobald die Belegschaft feststand, wurde jede Person entweder als Mitglied der Gold Roll oder der Silver Roll eingestuft. Die Rolls erhielten ihre Namen, weil Amerikaner in Golddollar bezahlt wurden und alle anderen in kolumbianischen Silberpesos oder einer anderen Form von Silber wie beispielsweise Scheidemünzen aus den Vereinigten Staaten.“ [3] Auch das neue Silbergeld aus Panama kam bei der Entlohnung der Arbeiter zum Einsatz: „Die Silver Rolls, die vor allem von den Karibikinseln, aber auch aus Spanien, Italien und anderen europäischen Ländern stammten, wurden wesentlich geringer und in panamaischen Silbermünzen bezahlt.“ [4]


Panama. Balboa von 1931. 900er Silber, 26,7 g, 38 mm [Katz 79/2200]


Im Jahre 1931 wurden die Abweichungen des Münzgeldes zum Dollar beseitigt. Der erste offizielle Balboa aus jenem Jahr entsprach im Gewicht, der Legierung und seinen Abmessungen dem zu dieser Zeit in den Staaten umlaufenden Peace-Dollar: „Auf der Vorderseite der Münze ist eine weibliche Symbolfigur abgebildet, die sich auf ein vereinfachtes panamaisches Wappen stützte und in der einen Hand einen Fasces und in der anderen einen Eichenzweig hält. Der Staatsbezeichnung von Panama wird von der Figur getrennt, und das Prägejahr ist unter der Darstellung vermerkt. Rechts der weiblichen Symbolfigur sind der Silberfeingehalt und das Gewicht der Münze angegeben. Auf der Rückseite ist ein Porträt des spanischen Eroberers und Entdeckers Vasco Núñez de Balboa abgebildet, flankiert von zwei Zweigen, darüber ist die Wertangabe eingraviert. Der panamaische Künstler Roberto Lewis entwarf die Vorderseite der Münze und der amerikanische Bildhauer William Clark Noble die Kehrseite.“ [5] Zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit kam 1953 ein besonders gestalteter Balboa heraus. Der Entwurf wurde geringfügig überarbeitet, in die Legende auf der Rückseite das Wort Cinquentenario aufgenommen. Im Jahre 1966 ist die weibliche Allegorie auf die Republik durch das Staatswappen ersetzt worden. Wegen des hohen Silberpreises mussten die Prägungen im Jahre 1974 eingestellt werden. Ab 1975 erschienen fast nur noch Sammlermünzen. Erst mit der Ausgabe der bimetallischen Balboas von 2011 sind wieder Umlaufmünzen mit dem Porträt des Entdeckers hergestellt worden. Auf der Vorderseite tragen sie das Staatswappen, auf der Rückseite das erste Balboa-Porträt von William Clark Noble von 1931.


Panama. Balboa von 1974. 900er Silber, 26,7 g, 38 mm [Numista/Aaronmgd 2020]


Núñez de Balboa, dem Namens- und Porträtgeber der panamaischen Währung, war letztlich kein Glück beschieden. Des Hochverrats beschuldigt, verurteilte ihn der spanische Gouverneur Pedro Arias Dávila im Januar 1519 zum Tode: „Wenige Tage später schreitet Vasco Núñez de Balboa mit den treuesten seiner Gefährten zum Block; aufblitzt das Schwert des Henkers, und in einer Sekunde erlischt in dem niederrollenden Haupte für immer das Auge, das als erstes der Menschheit gleichzeitig beide Ozeane geschaut, die unsere Erde umfassen.“ [6]


Quellen

  1. Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit; Berlin 1974, S. 13f.

  2. Ebd., S. 25f.

  3. Ian E. Philips: "Constructing the Panama Canal – A Brief History"; in: The Downtown Review 7/2, May 2021, S. 7.

  4. "Building the Panama Canal: Life in the Zone"; auf: panama.lindahall.org.

  5. "Panamanian 1 balboa coin"; auf: currencies.fandom.com.

  6. Zweig, S. 34.


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