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Helmut Caspar

Münzen mit Makeln und Macken

Verwechselte oder auf dem Kopf stehende Buchstaben, falsche Jahreszahlen und andere Fehler kommen auf modernen Münzen selten vor. Zu genau sind in den Münzstätten die Qualitätskontrollen. In früheren Jahrhunderten, als die meisten Menschen weder lesen noch schreiben konnten, nahm man es mit der Orthographie nicht sehr genau. Und so konnten Stempelschneidern schon mal Fehler unterlaufen, die heute manches Stück zu einer begehrten und teuren Rarität werden lassen. Da die Gravur der Prägewerkzeuge langwierig und teuer war, hat man Mängel in den Umschriften oder bei Jahreszahlen gern übersehen und munter weiter geprägt. Solche mit Makeln und Macken behaftete Geldstücke rücken in den Rang von numismatischen Kuriositäten auf und werden besser bezahlt als „normale“ Ausgaben.

Schaut man sich um, dann kommen falsche Namen wie „Ferdinadus“, „Maxmilian“, „Augusstus“, „Wilhlm“ oder „Henriccus“ vor. Es gibt auch Münzen, auf denen man beispielsweise „Prussen“ statt Preußen, „Vereinsthaelr“ oder „Verrinsthaler“ statt Vereinsthaler lesen kann. Die Stempelschneider haben hier die Buchstabenpunzen, mit denen sie die Um- und Aufschriften produzierten, verwechselt oder anderweitige Fehler begangen. Als man das Missgeschick bemerkte, wurde oftmals auf eine Korrektur verzichtet, weil das zusätzliche Kosten und Zeitverlust verursacht hätte. Viele Münzen mit Stempelfehlern zeigen Gebrauchsspuren, waren also Teil des allgemeinen Geldumlaufs. Gelegentlich kommen auf Münzen auch inhaltliche Fehlleistungen vor, etwa dort, wo ein Herrschertitel nicht ganz vollständig oder schlicht falsch wiedergegeben ist. Bei einem Magdeburger Taler von 1623 zum Beispiel hat der Stempelschneider den wichtigen Hinweis „D•G•“ weggelassen, also „Dei Gratia“. Da der auf der Adlerseite genannte Kaiser Ferdinand II. sein Amt aber „von Gottes Gnaden“ herleitete, stimmte sein Titel nicht. Man kann davon ausgehen, dass die Prägung eingestellt wurde, als die Peinlichkeit bemerkt wurde.

Taler, Magdeburg, 1623, hier fehlt auf der Adlerseite der wichtige Hinweis „Dei Gratia“ im Titel von Kaiser Ferdinand II. [Bildquelle: Repro, Fotoarchiv Caspar].

Missgeschicke wie dieses sind eher selten, viel häufiger sind vorsätzliche Manipulationen auf Münzen etwa bei Jahreszahlen. Absichtliche Rückdatierungen etwa sollten suggerieren, dass die Geldstücke ein stattliches Alter aufweisen und von altem Schrot und Korn sind. Selbstverständlich müssen Stempelfehler nicht immer echt und alt sein. Sie können bei schon fertigen Münzen auch in betrügerischer Absicht angefertigt worden sein. Fälscher sind sich auch heute nicht zu schade, eine Jahreszahl oder einen Buchstaben zu verändern, und schon entsteht aus einer normalen Münze ein teurer Jahrgang. Hin und wieder bietet der Münzhandel so genannte Zwittermünzen an, doch erscheinen sie auch auf Tauschbörsen und bei anderen Gelegenheiten. Nicht immer ist auf den ersten Blick zu sehen, dass die Vorderseiten nicht zu den Rückseiten gehören oder auch die Randschriften zu den betreffenden Münzen nicht passen. Zwittermünzen oder hybride Gepräge kommen in unterschiedlichen Formen vor, etwa wenn auf der Vorderseite ein Fürst dargestellt ist und die Rückseite aus einer Zeit stammt, als dieser schon tot war. Manchmal hat man ein Porträt mit einem Wappen kombiniert, das einem anderen Münzherrn gehört. Solche Stücke entstanden, als man in den Münzprägeanstalten weniger als heute auf die Qualität der Münzen geachtet hat und aus Sparsamkeitsgründen manche Ungereimtheit durchgehen ließ. Es existieren sogar Exemplare, die auf beiden Seiten das gleiche Motiv, etwa ein Wappen oder einen Kopf, zeigen. Um das Sammlerinteresse befriedigen zu können, haben Fälscher Münzen in Scheiben zersägt und nicht zusammen gehörende Hälften miteinander verlötet. Wer nicht ganz genau hinschaut, mag glauben, dass er eine „echte“ Zwittermünze vor sich hat. Es gibt Sammler, die Proben, Zwittermünzen und Stücke suchen sowie gut bezahlen, die normalerweise eine Münzstätte nicht hätten verlassen dürfen, weil sie schief zwischen den Stempeln lagen oder von diesen irgendwie gequetscht wurden.

3 Mark, Deutsches Kaiserreich, 100. Gründungsjubiläum der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 1911, hierbei war der Schrötling innerhalb der Prägemaschine beim Prägevorgang verrutscht. [Bildquelle: Repro, Fotoarchiv Caspar].

Im Grunde handelt es sich Münzschrott, der jedoch die Kontrollen unbeanstandet passiert hat und nun im Handel durch erhebliche Preise förmlich geadelt wird. Irgendwie schafften diese missratenen Stücke immer wieder den Weg nach draußen. Raritätenjäger können sich somit ab und zu auf Neuzugänge freuen.



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