Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Besinnung auf Geschichte und nationale Werte, was immer man darunter verstand, und es war ein Jahrhundert der Denkmäler. Niemals zuvor und danach wurden so viele Monumente zur Erinnerung an Monarchen, Minister und Militärs, an Künstler und Gelehrte und an Ereignisse geschaffen, an die man sich noch in tausend Jahren erinnern sollte. Die Bildhauerzunft hatte alle Hände voll zu tun, die Wünsche nach Standbildern aller Art aus Bronze und Marmor zu befriedigen.
Da Deutschland bis zur Reichseinigung von 1871 aus vielen Fürstentümern und einigen Freien Städten bestand, war der Drang groß, mit Standbildern aller Art sowie Münzen und Medaillen Eigenwerbung zu betreiben. Üblich war, Teilnehmern von Denkmalweihen sowie beteiligten Architekten, Bildhauern und Bildgießern silberne oder manchmal goldene Erinnerungsmedaillen mit Miniaturansichten der Monumente zu überreichen. Fürs Volk gab es billige Ausgaben aus Bronze und Zinn, die man sich manchmal mit Hilfe einer Öse ans Revers stecken konnte.
Der Geschichtstaler von 1828 mit dem Denkmal von Albrecht Dürer in Nürnberg ist ein interessantes Zeugnis dafür, wie Bayerns König Ludwig I. sich und die Geschichte und Kultur seines Landes gefeiert haben. AKS 101. Bildquelle: Caspar.
Selten wurde die Weihe von Denkmälern auf regulären Gedenkmünzen gefeiert, das taten meist Medaillen. Die Könige von Bayern leisteten sich im 19. Jahrhundert den Luxus von Geschichtstalern, auf denen auch die Weihe von Denkmälern gefeiert wurde. Indem Ludwig I. repräsentative Staatsbauten und Denkmäler errichten ließ, beschwor er die heroische Geschichte des 1806 geschaffenen Königreichs und seines Herrscherhauses. Die Gedenktaler in Auflagen von etwa 10.000 Stück mit Ansichten von Säulen und Standbildern sorgten dafür, dass die „Monumente zum Stolze der Nation“, wie man sagte, besser landesweit bekannt wurden als das Medaillen möglich war.
Die Enthüllung des Friedrich-Denkmals Unter den Linden in Berlin war 1851 die Ausgabe einer prächtigen Medaille wert. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?lang=de&id=18214514&view=rs.
Bemerkenswert ist, dass sich Preußen an der Popularisierung seiner Denkmäler durch Gedenkmünzen nicht beteiligte, obwohl gerade hier zahllose Monumente vor allem zur Verherrlichung der Könige und Kaiser errichtet wurden. Sparsamkeit dürfte für diese Zurückhaltung ausschlaggebend gewesen sein. Die meisten Medaillen wurden nicht in staatlichem Auftrag, sondern von privater Seite hergestellt. Die Regierungen traten nur als Abnehmer einer bestimmten Anzahl in Erscheinung und garantierten, dass Stempelschneider und Fabrikanten nicht leer ausgingen.
Diese über 80 Gramm schwere Goldmedaille würdigt die Errichtung des Kreuzbergdenkmals anlässlich des fünfjährigen Jubiläums der Befreiungskriege. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?lang=de&id=18205731&view=rs.
Lange Zeit waren nur gekrönten Häuptern und ihren Generalen Denkmäler vorbehalten. Überall im Lande standen sie an prominenten Plätzen,Bürgerliche Personen, und wenn sie noch so berühmt waren, hatten anfangs auf hohen Sockeln nichts zu suchen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts aber wandelte sich die Haltung im Denkmalwesen und damit auch in der Medaillenkunst. Beispiele für die öffentliche Ehrung mit Bronze und Marmor sind das Schillerdenkmal in Marbach sowie verschiedene Denkmäler für Musiker von Bach und Händel bis Beethoven und Wagner sowie für Wissenschaftler von Alexander und Wilhelm von Humboldt bis Max Planck und Robert Koch. Da es sich in vielen Fällen nicht um vom Staat finanzierte Ehrungen handelte, wurden Geldsammlungen organisiert und Benefizveranstaltungen durchgeführt, an denen sich die kunst- und geschichtsinteressierte Öffentlichkeit rege beteiligte. Auch der Verkauf von Medaillen half, die oft sehr hohen Kosten zu bestreiten.
In Marbach (Neckar) ehrte man den berühmtesten Sohn der Stadt, den Dichter Friedrich von Schiller, mit einer versilberten Zinnmedaille. Neben dem örtlichen Schillerdenkmal ist auch das Geburtshaus des Dichters zu sehen. Bildquelle: Landesmuseum Württemberg https://bawue.museum-digital.de/object/11891.
Die Berliner Straße Unter den Linden ist auch heute eine Via triumphalis. Seit dem späten 18. Jahrhundert war sie ausersehen, mit einem Denkmal zur Erinnerung an den preußischen König Friedrich II., den Großen, geschmückt zu werden. Von Christian Daniel Rauch und anderen Bildhauern nach einem quälend langen Entscheidungsprozess geschaffen, wurde das Reitermonument 1851 enthüllt, 1950 von den Kommunisten in den Park von Sanssouci abgeschoben und erst 1980 nach Berlin zurück geholt. Damit läutete der damalige Staats- und SED-Chef Erich Honecker eine Art Preußen-Renaissance unter marxistisch-leninistischen Vorzeichen ein.
Das durch eine große Geldsammlung finanzierte Leipziger Völkerschlachtdenkmal ist auf einem 1913 in Muldenhütten geprägten Drei-Mark-Stück abgebildet. Jaeger 140. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?lang=de&id=18203493&view=rs.
Unter den Linden hat man nicht nur das Reiterdenkmal Friedrichs des Großen aufgestellt, sondern als Zeichen der Liebe und Ergebenheit, wie man damals sagte, auch weitere fünf ebenfalls von Rauch geschaffene Standbilder von Feldherren der Befreiungskriege von 1813 bis 1815. Eine Medaille von 1855 zeigt die Standbilder von Blücher, Yorck und Gneisenau. Um ihre Köpfe ist ein figurenreiches Relief gelegt, das den Sockel des Blücherdenkmals schmückt. Den Helden der Befreiungskriege gewidmet wurde das Denkmal auf dem Kreuzberg, eines der wenigen Beispiele für die Verwendung von Eisenkunstguss für Monumente im öffentlichen Raum. Zur Errichtung 1818 wurde eine mit den Köpfen Friedrich Wilhelms III. von Preußen und Alexanders I. von Russland geschmückte Medaille geprägt, die die Waffenbrüderschaft beider Länder feiert und auf der Rückseite die neogotische Bildsäule zeigt.
Die DDR bildete das Buchenwald-Denkmal, das Treptower Ehrenmal und die beiden Marmorfiguren vor der Berliner Humboldt-Universität auf Kurs- und Gedenkmünzen ab. Sie könnten Ausgangspunkt einer Sammlung zum Thema „Denkmäler auf Münzen und Medaillen“ sein. Bildquellen: "Buchenwald" https://ikmk.smb.museum/object?lang=de&id=18217311; "Treptow": https://ikmk.smb.museum/object?lang=de&id=18203497; "Humboldt": https://ikmk.smb.museum/object?lang=de&id=18218964.
Das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig wurde 1913 im Beisein kaiserlicher und königlicher Majestäten mit viel Trommelwirbel und Trompetenschall eingeweiht und ist auch auf einem in Muldenhütten bei Freiberg geprägtem Dreimarkstück von 1913 sowie zahlreichen Medaillen abgebildet. Vorangegangen war eine das ganze Deutsche Reich umfassende Spendensammlung, die gewaltige Summen einbrachte. Das gewaltige Steinmonument ehrt die Toten und Verwundeten einer Schlacht, die vor den Toren der Messe- und Universitätsstadt tobte und mit der verheerenden Niederlage des französischen Kaisers Napoleon I. und seiner Verbündeten endete. Die in einer Auflage von 999.999 Exemplaren geprägte Münze ist auch heute preiswert zu haben und könnte den Ausgangspunkt einer Sammlung zum Thema „Monumenta in nummis“ bilden. Das gilt auch für einige Münzen und Medaillen der DDR, auf denen das 1949 eingeweihte Denkmal des Sowjetsoldaten mit dem geretteten Kind auf dem Arm oder das Buchenwalddenkmal abgebildet sind. Eine 2-€-Umlaufmünze von 2010 mit dem Bremer Roland, gehört ebenfalls in diese Kategorie.
Helmut Caspar
Comments