Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten die Repressalien der türkischen Besatzer in Serbien ein Maß angenommen, das die Serben nicht mehr hinzunehmen gewillt waren. Des Lesens und Schreibens kundige Bauern und Viehzüchter riefen ihre Mitbürger zu den Waffen: „Angesichts dieser Umstände nimmt es kaum wunder, dass jene Serie von Aufständen zwischen 1804 und 1815, die Leopold von Ranke ausdrücklich die serbische Revolution genannt hat, von einem erfolgreichen Schweinehändler angeführt wurde. Es handelte sich um den ebenso mutigen wie schlauen schwarzhaarigen Riesen Georg (Djordje) Petrović, dem man den Spitznamen Kara Djordje (schwarzer Georg) gab, den Stammvater des Herrscherhauses Karadjordjević. Einige Jahre konnte sich der schwarze Georg der russischen Unterstützung sicher sein, dann aber schloss Russland aus begründeter Angst vor einem französischen Angriff Frieden mit der Türkei und überließ die serbischen Glaubensbrüder ihrem Schicksal. Ihr Anführer konnte nur mit knapper Not zunächst über die Donau und dann nach Russland entkommen.“ [1] Doch die neuerliche Fremdherrschaft durch die Türken dauerte nur wenige Jahre: Der Zweite Serbische Aufstand endete 1817 mit der Bildung eines autonomen Fürstentums der Serben. Milos Obrenović, ein Widersacher des Kara Djorde aus dem Hause Obrenović, beseitigte den schwarzen Georg im Jahre 1817 und ließ sich zum Fürsten von Serbien wählen. Auf dem Berliner Kongress von 1878 erlangte Serbien seine vollständige Unabhängigkeit.
König Milan von Serbien (1854–1901). Bildquelle: Store Norske Leksikon
Der ab 1868 regierende Fürst König Milan I. ließ sich im März 1882 zum König von Serbien proklamieren. Mit seiner Rolle als konstitutiver Repräsentant des Staates wollte sich Milan jedoch zeitlebens nicht zufriedengeben. Im Streit mit seiner Regierung um die Kompetenzen der serbischen Außenpolitik dankte er im März 1889 zugunsten seines Sohnes Alexander ab. Es war vor allem um die Frage eines Bündnisses mit Russland oder Österreich-Ungarn gegangen: „Die sichtbare Erfolglosigkeit seiner österreich-freundlichen Politik zwang Milan Obrenović schließlich dazu, zugunsten seines erst dreizehnjährigen Sohnes Alexander zurückzutreten. Der völlig überforderte Knabe hielt an der Linie seines Vaters fest, erklärte sich mit 17 für volljährig, ließ seine Regenten einsperren und löste die Verfassung auf. 1900, im Alter von 24 Jahren, heiratete er gegen den entschiedenen Wunsch seiner Ratgeber seine Geliebte, die wesentlich ältere und erfahrenere Hofdame Draga Mašin – als Folge einer raffiniert gesponnenen Intrige, in die der russische Konsul verwickelt war. Im Juni 1903 setzte eine Gruppe nationalistischer Offiziere unter dem Kommando eines Obersten Dimitrijević-Apis Alexanders schwankender Politik sowie den Machenschaften seiner ehrgeizigen, aber nicht mit Kindern gesegneten Frau ein brutales Ende: In einer Aktion von seltener Grausamkeit wurde das Paar in seinem Palais mitten in Belgrad buchstäblich zerhackt. Damit war das Haus Obrenović ausgelöscht.“ [2] Peter I. aus dem Hause Karađorđević übernahm den Thron.
Serbien, 20 Dinara von 1879. 900er Gold, 6,4 g, 21 mm. MA-Shops, Dom Aukcyjny Numimarket
Die anhaltenden politischen Turbulenzen spiegeln sich zum Teil auch in seinem Währungssystem wider. Im 19. Jahrhundert kursierten zahlreiche Fremdwährungen in dem Fürstentum. Im Jahre 1868 sollen insgesamt 43 verschiedene Münzen in Umlauf gewesen sein, nämlich neun Typen von Goldmünzen sowie 28 Typen von Silbermünzen und fünf Typen an Kupfermünzen. Im Zuge der Bestrebungen zur Unabhängigkeit sollten sie von einer nationalen Währung abgelöst werden: „Obwohl lange Zeit angenommen wurde, dass Serbien den französischen Münzstandard im Gesetz über die Prägung serbischer Silbermünzen von 1873 akzeptierte, haben neuere Archiv-Recherchen bestätigt, dass dies 1868 geschah, nachdem der stellvertretende Finanzminister Milan Petronijević dem Staatsrat am 23. März 1868 den Entwurf eines Projekts zur Lösung der Währungsfrage vorgelegt hatte. Auf der Grundlage dieses Projekts empfahl der Rat am 26. März die vollständige Übernahme der französischen Münznormen, die auf dem Dezimalsystem, der freien Prägung und dem freien Einschmelzen von Gold- und Silbermünzen mit einem Feingehalt von 900/1000 und einem festen Verhältnis von Gold und Silber, das heißt dem Bimetallismus, beruhten, was der Fürst akzeptierte und in einem Beschluss vom 27. März 1868 bestätigte. In diesem Beschluss wurden auch die Typen und das Aussehen der Münzen festgelegt, deren Prägung in Wien aufgenommen wurde. Der angenommene Standard sollte nicht nur für die Prägung von Kupfermünzen, sondern auch für die künftige Herstellung von zunächst kleinen Silber- und später großen Silber- und Goldmünzen gelten.“ [3] Die geplanten Münzen wurden in dieser Abfolge auch eingeführt.
Serbien, 2 Dinara von 1897. 835er Silber, 10 g, 28 mm.
Katz Coins Notes & Supplies Corp., E-Auction 54, Lot 2698
Die ersten Kupfermünzen in drei Wertstufen kamen im Februar 1869 in den Umlauf. Im Jahr 1873 folgten Silbermünzen zu einem und zwei Dinar sowie zu 50 Para. Im Jahr 1878 kam es schließlich zur Ausprägung der längst geplanten Goldmünzen: „Das Gesetz über die Prägung serbischer Goldmünzen wurde nach der Ausrufung der Unabhängigkeit Serbiens im Jahr 1878 erlassen. Das Gesetz schrieb die Prägung von 20- und 10-Dinar-Goldmünzen sowie die Prägung kleiner Silber- und Kupfermünzen vor, was jedoch dem geplanten Goldstandard zuwiderlief.“ [4] Die schlechte Zahlungsbilanz des Landes, das allein vom Export seiner landwirtschaftlichen Erzeugnisse lebte, führte bald dazu, dass die Goldmünzen zur Mangelware wurden. Die Goldstücke wurden mit einem Aufpreis gehandelt oder gehortet. Die als Milandor bezeichneten Goldmünzen im Wert von 20 Dinara verschwanden aus dem Umlauf. Ersatzweise sollten goldgedeckte Banknoten ausgegeben werden. In einem Gesetz aus dem Jahr 1883 hieß es: „Alle in Umlauf gebrachten Banknoten müssen mit Gold und anderen Wertpapieren, die leicht und sicher in Gold umgewandelt werden können, unterlegt sein. […] Die Bank darf niemals mehr Banknoten in Umlauf bringen als das 2,5-fache der Goldmenge, die sie in ihren Tresoren hält. Nicht mehr als ein Viertel des Goldes kann durch Silber ersetzt werden.“ [5]
Das Experiment misslang. Silbergedecktes Papiergeld breitete sich stattdessen aus. Dies schonte die Goldreserven und war aufgrund des international immer weiter absinkenden Silberpreises finanziell günstiger. Trotz anhaltender Bemühungen, einen regulären Goldstandard einzuführen, wurde der Dinar bis zum Ersten Weltkrieges international nicht konvertibel.
Serbien, 5 Dinara von 1904, 100 Jahre Dynastie Karađorđević. 900er Silber, 25 g, 37 mm.
Numista, Heritage Auctions
Quellen
Dorothea Razumovsky: Der Balkan – Geschichte und Politik seit Alexander dem Großen. München 1999, S. 235.
Ebd., S. 277.
Sonja Jerković, Sasa Ilić: „Application of Latin Monetary Union standards and practice in Serbia (1868–1918)“, auf: bnb.bg, S. 5.
Milan Šojić, Ljiljana Ðurđević: „Dinar Exchange Rate in the Kingdom of Serbia 1882–1914“, in: ÖNB-Workshop Nr. 13, Wien, 2007, S. 305.
Ebd., S. 307.
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