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Michael Kurt Sonntag

Medaillen auf die Begründung der „französisch-österreichischen“ Dynastie Napoléons I.

Nachdem Kaiser Napoléon I. Österreich 1805 in der Schlacht von Austerlitz und Preußen 1806 in den Schlacht von Jena und Auerstedt besiegt, 1807 mit Zar Alexander I. von Russland ein Bündnis geschlossen und 1807/08 seinen Einfluss auch auf Spanien ausgedehnt hatte, stand er auf dem Höhepunkt seiner Macht. Nach einem erneuten Sieg über Österreich in der Entscheidungsschlacht bei Wagram 1809 ließ er seine Ehe mit Joséphine, die kinderlos geblieben war, scheiden und heiratete am 2. April 1810 Marie Louise, die Tochter des österreichischen Kaisers Franz I. Diese Ehe war aber von beiden Seiten keine Liebesheirat, sondern eine Ehe, die der Staatsräson diente. Napoléon suchte damit einerseits eine neue napoleonische Dynastie zu begründen und andererseits Österreich so dauerhaft an Frankreich zu binden. Marie Louise, die diese Eheverbindung ursprünglich ablehnte, beugte sich schließlich dem Willen ihres Vaters, fügte sich in ihr Schicksal und diente den Interessen ihrer Heimat. Napoléon ehelichte sie aber nicht nur, sondern krönte sie auch zur Kaiserin.

Im Übrigen erhielt Marie Louise nach Napoléons Abdankung die Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla. Nach Napoléons Tod im Jahr 1821 heiratete sie ihren Oberhofmeister Graf Neipperg, und nach dessen Tod Graf Bombelles (1834).


Kaiserin Marie Louise vor ihrem Thron mit Hermelinmantel. Standort: KHM [Michael Kurt Sonntag]


Interessant und für Numismatiker erfreulich ist die Tatsache, dass diese Vermählung Napoléons I. mit Marie Louise von Österreich auch numismatisch gewürdigt wurde. So schufen die Medailleure Andrieu und Brenet 1810 Silber- und Bronzemedaillen auf die erwähnte Eheschließung.


Frankreich. Medaille von Andrieu (Av.) und Brenet (Rv.) von 1810 auf die Vermählung von Napoléon und Marie Louise. Bronze, 16,2 g, Ø 32 mm [MA-Shops, Binders Gold & Silber e.K.]


Diese zum Teil anepigraphische Medaille zeigt vorderseitig die nach rechts gestaffelten Porträts von Napoléon und Marie Louise. Auf der Rückseite sehen wir das Ehepaar in antikisierenden bzw. klassizistischen Gewändern nebst einem antiken Altar, auf dem ein Feuer lodert.

Napoléon erscheint uns hierbei wie ein römischer Kaiser und Imperator, während Marie Louise in ihrem langen Gewand, das mehr offenbart, als es verhüllt, einer antiken griechischen Aphrodite ähnelt, wenn man einmal von dem Krönchen auf ihrem Haupt und dem langen Schleier absieht.

Die Umschrift lautet NAPOLEON EMP.[ereur] ET ROI (Napoleon Kaiser und König) – M. LOUISE D'AUTRICHE (M. Louise von Österreich). Im Abschnitt findet sich die Jahrezhal MDCCCX (1810).


Am 22. März 1811 erblickte dann Napoléon Franz Karl, der Spross von Napoléon und Marie Louise, das Licht der Welt und wurde umgehend zum König von Rom erklärt. Nach dem Sturz Napoléons erhielt dieser Thronfolger, der nie als Napoléon II. in Frankreich an die Macht kam, den Titel eines Herzogs von Reichstadt. Der einzig legitime Sohn Napoléons I. verstarb 1832 in Wien im Alter von 21 Jahren.


„Thron-Wiegenbett des Königs von Rom“. Silber vergoldet, Gold, Perlmutter, Samt, Seide, Tüll.

Dieses Thron-Wiegenbett wurde aus über 280 kg Silber gearbeitet.

Standort: KHM [Michael Kurt Sonntag]


Wie die Eheschließung zuvor, so wurde auch dieses Ereignis der Geburt mit entsprechenden Medaillen gewürdigt, allerdings schuf der Medailleur Andrieu hierzu zwei Typen, die nur zur Hälfte motivgleich waren:


Frankreich. Medaille von Andrieu (Av. und Rv.) von 1811 auf die Geburt des Königs von Rom (Typ 1). Bronze, 17,40 g, 32 mm [MA-Shops, Binders Gold & Silber e.K.]


Frankreich. Medaille von Andrieu (Av. und Rv.) von 1811 auf die Geburt des Königs von Rom (Typ 2). Bronze, 37,80 g, 40 mm [MA-Shops, Binders Gold & Silber e.K.]


Während beide Bronzemedaillen auf ihren Vorderseiten das nach links gewandte Porträt des kleinen Söhnchens zeigen und die Umschrift NAPOLEON FRANÇOIS JOSEPH – CHARLES ROI DE ROME (Napoleon Franz Joseph Karl König von Rom) nennen, wurden die Rückseiten unterschiedlich gestaltet. So finden sich auf der Rückseite des ersten Medaillentyps erneut die gleichen gestaffelten Porträts von Napoléon und Marie Louise wie auf der Vorderseite der Hochzeitsmedaille; auf der Rückseite des zweitenn Typs sehen wir allerdings die antikisch gewandete und verschleierte Marie Louise mit ihrem Söhnchen auf dem Arm – ein Bildmotiv, das stark an eine Madonna mit Christuskind erinnert. Wir lesen als Umschrift NAISSANCE DU – ROI DE ROME . (Die Geburt des Königs von Rom).

Bemerkenswert ist, dass das propagandistische Anliegen Kaiser Napoléons sich nicht allein auf seine Vermählung und die Geburt des Königs von Rom beschränkte, sondern ebenso den Akt der Taufe des kleinen Napoléon Francois Joseph Charles miteinbezog. Die Medailleure Denon und Andrieu schufen hierzu speziell gefertigte Taufmedaillen – Medaillen, die sowohl den Kaiser als auch sein kleines Söhnchen in den Mittelpunkt des Geschehens rücken.


Frankreich. Medaille von Andrieu (Av. und Rv.) von 1811 auf die Taufe des Königs von Rom.

Bronze, 140 g, 69 mm [MA-Shops, Comptoir des Monnaie, Frankreich]


Besagte Bronzemedaille zeigt nämlich rückseitig Napoléon, der in kaiserlicher „Paradeuniform“ zwischen Taufbecken und geflügeltem Löwen-Thron steht und seinen kleinen nackten Sohn über das Taufbecken hochhält. Die Aufschrift im Abschnitt lautet: BAPTEME DU ROI DE ROME / M.DCCC.XI (Taufe des Königs von Rom / 1811). Die Vorderseite ziert der nach links gewandte Porträtkopf Napoléons I. mit Lorbeerkranz.


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