Angefangen hatte es mit Kaffee. In der Mitte des 17. Jahrhunderts hatten sich Kaffeehäuser in ganz England ausgebreitet. Im Jahr 1675 ließ König Karl II. (1630-1635) die „Kaffeehöhlen“ als Brutstätten der Revolution schließen. Doch das Verbot war nicht durchzusetzen. Wenige Jahre später gab es allein in London bereits etwa 3.000 Kaffeehäuser. In dieser Zeit war es, dass auch Edward Lloyd (1648-1713) ein derartiges Etablissement in der Londoner Tower Street eröffnete. Erstmals erwähnt wurde das „Coffee House“ in der London Gazette im Jahr 1688. Ein gewisser Edward Bransby meldete den Diebstahl von fünf wertvollen Uhren und setzte für Hinweise zum Auffinden seines Besitzes einen Finderlohn von einer Guinea aus. In Lloyd’s Coffee House trafen sich Kapitäne und Reeder, die vom Inhaber der Schenke regelmäßig mit Schiffsnachrichten versorgt wurden. Aus den mündlichen Informationen wurde ein Nachrichtenblatt: Lloyd’s List. In ihm stand alles, was für den Seehandel bedeutsam war: „Die Titelseite brachte wichtige Finanz- und Wirtschaftsinformationen, beispielsweise die Umrechnungskurse in London und Dublin sowie vierzehn Städten auf dem Kontinent und die jeweils gültigen Preise für Gold und Silber in Münzen und Barren. Die Notierung für eine Unze Gold schwankte so am 2. Januar 1740 zwischen Pfund 3.181 d und Pfund 3.184 d.“ (Marlies Lehmann-Brune: Die Story von Lloyd’s of London; Düsseldorf 1999, S. 57) Auf der Rückseite gab es Schiffsnachrichten, kurze Meldungen über die Abfahrt und Ankunft der Schiffe in diversen Häfen sowie über Verluste und Havarien. Bald wurden bei Lloyd’s ganze Schiffe samt Inventar versteigert und Versicherungen durch Geschäftsleute abgeschlossen.
Versichert wurde jede Art von Schiffsladungen, auch menschliche Ware. Lloyd’s Policen zeugen davon, dass Sklaven auf den entsprechenden Transporten mit etwa 45 Pfund „pro Stück“ versichert waren. Während kriegerischer Konflikte stiegen die Versicherungsprämien in einem Umfang an, dass sich das Verschiffen von Waren kaum noch lohnte. Vor allem Freibeuter aus Feindesland nutzten die Situation aus. Im Juli konnte man im Lloyd’s List lesen, welche Kosten für das Auslösen von Schiffen aus der Hand der Piraten aufgebracht werden mussten: „Letzte Nacht lief ein Schiff aus Cornwall mit Kupfererz ein, nachdem es durch den Mayflower Privateer aus Dunkirk, einem Lugger mit zwei Kanonen und 20 Swivels, gekapert und für 130 Guineen freigekauft war. Er erbeutete auch die Dilligence, die von hier nach Cornwall mit Kohle unterwegs war, und gab sie für eine Lösegeld von 150 Guineen frei.“ (Ebenda, S. 64).
Derartige Meldungen waren keine Einzelfälle. In einer anderen Ausgabe desselben Jahres hieß es: „Ein französischer Privateer mit 26 Zwölf- und Neunpfündern und 300 Mann zeigte sich in Sunderland und kaperte die folgenden beladenen Kohlenschiffe mit Namen Minor, Howe, Albion und Whitehead und zwei Briggs, die nach Lynn gehören, und erpresste dafür folgendes Lösegeld: 800 Guineen, dito 750, dito 850, dito 600.“ (Ebenda, S. 66). Die Verluste während der Kriegszeiten konnten einen erheblichen Umfang annehmen. Während des Österreichischen Erbfolgekrieges meldete Lloyd’s List allein 307 Verluste im Jahr 1744 und 457 im Jahr 1747. Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges waren es im Jahr 1770 sogar 656 britische Schiffe, die von amerikanischen und französischen Freibeutern gekapert wurden.
Die Geburtsstunde der Society of Lloyd’s schlug am 13. Dezember 1771. An jenem Tag wurde aus dem New Lloyd’s Coffee House in der Lombard Street eine Versicherungsgesellschaft für Seetransporte. Insgesamt 79 Kaufleute zahlten einen Gründungsbeitrag von 100 Pfund. Für eine lebenslange Mitgliedschaft sollte eine Gebühr von 20 Pfund fällig werden. Spätestens an dieser Stelle drängt sich die Frage auf, warum Mitgliedsbeiträge und Versicherungssummen in Pfund berechnet wurden, Lösegelder aber in Guineen gezahlt werden mussten. Die Antwort ist einfach. Das Pfund Sterling galt von alters her als Recheneinheit. Die Guinea war demgegenüber seit 1663 die Standard-Goldmünze. Ursprünglich entsprach der Wert einer Guinea dem des Pfunds Sterlings und war mit 20 Shilling bewertet. Im Jahr 1717 wurde die Guinea jedoch mit 21 Shilling neu bewertet. Am 22. Dezember des Jahres gab die königliche Schatzkammer ein Dekret heraus, nach dem die Goldstücke nur noch zu diesem Kurs gegeben und genommen werden durften.
Die Entscheidung erwies sich als folgenreich. Weil der Wert des Goldes damit etwas zu hoch angesetzt war, wanderten die unterbewerteten Silbermünzen allmählich ins Ausland ab, wo sie höher bewertet wurden. Die goldene Guinea, benannt nach dem ursprünglichen Herkunftsland des Goldes, begann den inländischen Handel zu dominieren. Der erste Schritt zum britischen Goldstandard war vollzogen. Der zweite Schritt war die Beschränkung der Annahmepflicht für Silber von 1774. Wegen der permanenten Abnutzung der Münzen und der daraus resultierenden Gewichtsverluste wurden 25 Pfund als gesetzlicher Höchstbetrag für Zahlungen in Silbermünzen festgelegt. Das Silber zum Bezahlen darüber hinausgehender Beträge musste abgewogen werden. Ersatzweise konnten Goldmünzen verlangt werden. Der zweite Schritt zum Gold, das bald in großen Teilen der Welt das Silber als wichtigstes Zahlungsmittel ablösen sollte, war vollzogen.
Bleibt nur noch festzustellen, wie die Guineen aussahen, die bei Lloyd’s ausgezahlt wurden. Eine Guinea hatte einen Durchmesser von etwas mehr als 25 Millimeter, wog 8,35 Gramm und verfügte über einen Feingehalt von 916,7 Tausendstel an Gold. Mit Einführung der Goldmünze vollzog sich der Übergang der von Hand geschlagenen Münzen zu maschinell hergestellten. Auf diese Weise konnten Schwankungen im Gewicht und Durchmesser reduziert werden. Hergestellt wurden zunächst Münzen im Wert von fünf, zwei, einer und einer halben Guinea: „Sämtliche Prägestempel wurden damals von John Roettier geschnitten; die Prägungen nahm Pierre Blondeau vor. Dieser kam auf den Gedanken, auch die Münzränder zu beschriften, um Fälschungen zu erschweren und das Beschneiden der Münzen unmöglich zu machen. Nach alter Gewohnheit gab man durch Symbole auf den Geprägen an, woher das Münzmetall stammte: Federn kennzeichneten Silber aus Wales, ein Elefant und eine Burg Gold und Silber der Africa Company, eine Rose westenglisches Silber. (vgl. Elvira und Vladimir Claim-Stefanelli, Das große Buch der Münzen und Medaillen, Augsburg 1991, S. 89f.).
Die ersten Guineen von König Charles II. zeigten sein nach rechts gewendetes Porträt mit Lorbeerkranz und traditioneller Umschrift. Auf der Rückseite sind vier gekrönte, in Kreuzform angeordnete Wappen abgebildet, die für England, Schottland, Frankreich und Irland stehen. Zwischen ihnen stehen vier Zepter und das mehrfach verschlungene Initial C für Charles. Unter seinen Nachfolgern wurde das Münzbild bis 1816 mehrfach verändert. In dem genannten Jahr ist die Guinea durch den Sovereign ersetzt worden – doch das ist eine andere Geschichte.
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