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Helmut Caspar

Kleine Geschichte russischer Platinmünzen

Die Platinmünzen aus der Regierungszeit von Kaiser Nikolaus I. (1825-1855) sind ein treffliches Beispiel dafür, wie man es in Russland verstand, die reichen Bodenschätze profitabel zu vermarkten und welche Probleme es dabei gab. Zwischen 1828 und 1845 wurden Werte zu drei, sechs und zwölf Rubel in unterschiedlichen Größen hergestellt. Obwohl die Auflagen dieser Platinmünzen recht groß waren, sind nur wenige Stücke erhalten geblieben, was sie zu großen numismatischen Raritäten werden ließ.

Platinmünzen aus der Zarenzeit stellen numismatische Raritäten der Extraklasse dar. [Bildquelle: Repro/ Archiv Caspar].

Platin war um 1819 im Ural entdeckt worden. Zuvor hatte man im Erzbergbau gefundenen Spuren dieses Edelmetalls keine Aufmerksamkeit geschenkt und den Abraum auf die Halden gefahren. Wenige Jahre später gelang es russischen Wissenschaftlern, im Zusammenhang mit der Goldgewinnung auch reines Platin zu gewinnen. Dies geschah auf Ländereien des Zaren sowie solchen des Fürsten Demidow und des Grafen Schuwalow. Hinsichtlich der Vermarktung des Edelmetalls gab es die Vorschrift, es der kaiserlichen Münze zu verkaufen, wo man aber keine Idee hatte, wie man das aus Sibirien ankommende Platin vermarkten kann. Erst 1825 wurde vorgeschlagen, es bei der Münzprägung einzusetzen.


Um sicher zu gehen, ob das sinnvoll ist, wurde der deutsche Naturforscher und Weltreisende Alexander von Humboldt vom russischen Finanzminister um eine Stellungnahme gebeten. Der in Russland sehr geschätzte Gelehrte war für ein solches Gutachten prädestiniert, denn der berühmte Weltreisende verfügte in Bezug auf Münzangelegenheiten und den Umgang mit Metallen und Mineralien über gute Erfahrungen. Humboldt riet von der Platinprägung ab und verwies darauf, dass Gold- und Silbermünzen ausreichen würden und sich die Verwendung eines dritten Edelmetalls nur verwirrend auswirken würde.


Zar Nikolaus I., seine Beamten und die genannten adligen Grubenbesitzer ließen sich von diesem Votum nicht beeindrucken, denn sie waren daran interessiert, durch die Prägung von Platinmünzen der Staatskasse und sich selbst zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. So wurden im Frühjahr 1828 per kaiserlichen Ukas so genannte Platin-„Dukaten“ im Wert zu drei Rubeln und einem Gewicht von 10,35 Gramm eingeführt. Weitere Erlasse ließen Münzen zu sechs und zwölf Rubeln in Gewichten von 20,7 beziehungsweise 41,41 Gramm zu. Damit wurde das Zwölfersystem dem sonst bei den russischen Münzen üblichen Dezimalsystem an die Seite gestellt. Hinsichtlich des Designs orientierten sich die in Sankt Petersburg geprägten Geldstücke an bekannten Formen, indem sie den kaiserlichen Doppeladler mit Angaben über den Wert des betreffenden Geldstücks kombinieren.


Viel Glück hatte der russische Staat mit den neuen Geldstücken nicht. Ihre Herstellung war wegen des komplizierten Verfahrens vom Abbau des Erzes bis zur Erzeugung der Platinronden langwierig und teuer. Wegen steigernder Metallpreise wanderten viele dieser ungewöhnlichen Rubelstücke ins Ausland ab, wo sie eingeschmolzen wurden. Das korrosionsbeständige Edelmetall wurde und wird auch heute für die Herstellung von Schmuck und in der Dentaltechnik, aber auch von Geräten in der chemischen Industrie und zu vielen anderen Zwecken gebraucht.


Der 1943 gestiftete Siegesorden mit dem Spasskiturm des Moskauer Kreml in der Mitte überragt schon wegen der Verwendung von Platin und dem exquisiten Brillantenbesatz alle sowjetischen Auszeichnungen, und deren gibt es nicht wenige. [Bildquelle: Repro/Archiv Caspar].

Die Platinmünzen waren sehr gewöhnungsbedürftig, ja sie waren bei den Untertanen von Zar Nikolaus I. recht unbeliebt, weil man sie leicht mit Silbergeld verwechseln konnte. Vor der Täuschung schützte auch nicht die Aufschrift in russischer Sprache, wonach es sich bei dem betreffenden Stück um reines Platin handelt. Hinzu kam, dass man den numismatischen Novitäten wegen der grauen Metallfarbe mit Misstrauen begegnete. Man nannte sie – ins Deutsche übersetzt – „Grauchen“ und tat alles, ihnen aus dem Weg zu gehen. Wir kennen diese Verweigerung auch aus der deutschen Münzgeschichte.


Für die Einstellung der Platinprägung durch einen kaiserlichen Ukas im Juni 1845 gab es außer ihrer Unbeliebtheit im Russischen Reich weitere Gründe. Man hatte erkannt, dass Platin weitaus teurer und wertvoller als Gold ist, außerdem waren die Preisschwankungen auf dem nationalen und internationalen Markt unkalkulierbar. Schließlich eröffneten sich neue und bessere Verwendungsmöglichkeiten für das Edelmetall. Unangenehm berührt war vom Verzicht auf die Platinmünzung unter anderen Fürst Demidow, der mit seinem Versuch, sie wieder aufzunehmen, keinen Erfolg hatte. Nachdem die Platinprägung eingestellt war, wurden viele Geldstücke eingezogen und eingeschmolzen. Das erklärt ihre Seltenheit heute und die hohen Preise, die für sie bezahlt werden, vor allem wenn es sich um makellose Stücke handelt.

An die Tradition der Platinmünzen knüpfte die Sowjetunion und nach ihrem Ende die Russische Föderation an. [Bildquelle: Repro/ Archiv Caspar].

Um ihre Platinbestände gewinnbringend zu vermarkten, haben die Sowjetunion und nach ihrer Auflösung die Russische Föderation zu besonderen Anlässen Rubelstücke aus diesem Metall hergestellt. Im Münzhandel werden die Prägungen mit dem Sowjetwappen beziehungsweise dem russischen Doppeladler ab und zu angeboten. Beliebte Motive sind Ereignisse und Persönlichkeiten aus der Landesgeschichte, aber etwa auch die Olympischen Spiele, die im Sommer 1980 in Moskau stattfanden und wegen des Einmarschs sowjetischer Truppen in Afghanistan von den USA und weiteren westlichen Ländern einschließlich der Bundesrepublik Deutschland boykottiert wurden.



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