Julius Roch: Die kaiserliche Münzprägung Milets
- Andreas Raffeiner
- vor 4 Tagen
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Julius Roch:
Die kaiserliche Münzprägung Milets.
Fallstudie zur Entwicklung der Repräsentation, Perzeption und Integration der römischen Autorität im kollektiven Selbstverständnis der Städte Kleinasiens.
Berliner Numismatische Forschung,
Neue Folge, Bd. 13
Österreichische Forschungsgesellschaft für Numismatik,
Regenstauf 2023,
424 Seiten
Maße (L/B/H): 30,1/21,6/3,1 cm
Gewicht: 2.098 g
ISBN: 978-3-86646-244-1
Preis: 49 Euro
Das epochemachende numismatische Projekt Roman Provincial Coinage hat in der jüngeren Geschichte eine mehr als imponierende Datenmenge erfasst und für die (akademische) Forschung zugänglich gemacht. Dessen ungeachtet bleibt eine durchdringende Analyse der Münzprägung einzelner Städte ein guter Weg, um die geschichtliche Bedeutung und das Wesen einer Stadt im römischen Zusammenhang zu begreifen. Ein ausgezeichnetes Beispiel ist Julius Rochs, 2021 an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg eingereichte Dissertation über die kaiserliche Münzprägung von Milet, die zum einen eine Forschungslücke schließt und zum anderen eine Vielzahl an neuen Erkenntnissen über die kleinasiatische Stadt und ihre Lage im römischen Reich liefert.
Das Fundament dieser sehr gut recherchierten Publikation ist ein Katalog von nahezu 200 Münztypen und rund 900 Exemplaren, der auch die Stempel von Aversen und Reversen detailgetreu erfasst. Der Autor betont, dass seine Arbeit hauptsächlich die Ikonographie der Geldstücke zur Zielsetzung hat, um zu verstehen, wie sich die Stadt Milet im Rahmen des römischen Prinzips positionierte und wie dies mit den sozialen Entwicklungen zusammenhängt. Im Mittelpunkt steht die Beziehung der Siedlung zum Kaiserhaus und den römischen Institutionen. Die Arbeit Rochs zielt darauf ab, eine neue Charakteristik Milets in Angriff zu nehmen, die in der Forschung einige Male als belanglos angesehen wurde.

Die Untersuchung der Münzprägung in der Kaiserzeit setzt ein gewisses Vorwissen über Milet voraus. Die Münzprägung in den Jahrhunderten zuvor wird berücksichtigend erwähnt. Das ist wegweisend, um die Übergangszeit vom Hellenismus zur römischen Herrschaft zu verstehen. Der Verfasser der Dissertation erwähnt diese ausschlaggebenden historischen Ausgangspunkte.
Im Hauptteil der Publikation behandelt Roch zu Beginn die Nominalsystem-Entwicklung und untersucht beispielhaft den durchschnittlichen Durchmesser der Münzen. Interessanterweise geht der Autor auf die theoretische Übereinstimmung der Nominalstrukturen Milets und anderer Städte ein; später kommen sowohl die städtische Verwaltung als auch die Politik in der Münzprägung zur Aussprache. Die für die Prägung verantwortlichen Magistraten, zur regionalen Elite zählend, beeinflussten die Bildmotive tonangebend.
Dann widmet sich der Verfasser den Vorderseiten der Münzen; ferner fügt er die einzige Prägung ohne kaiserliches Porträt und neue Erkenntnisse zu Stempelkoppelungen hinzu. Seine mustergültige Betrachtungsweise hilft dem Leser, die unterschiedlichen Typen der Rückseiten zu erkennen und parallel dazu neun Themenbereiche dingfest zu machen. Rochs Analyse ist genau; der Zusammenhang mit ihrer Zeit und im Vergleich zu anderen Städten wird sehr gut ausgearbeitet. Ein weiteres Teil gehört die Darbietung von Apollon zusammen mit Caligula auf einer Münze, die den kollektiven Kult im Didymaion verkörpert.
In der Auswertung fasst der Autor die Resultate der Forschung zusammen. Er stellt außerdem fest, dass die kaiserliche Münzprägung von Milet vornehmlich durch lokale Gottheiten geprägt war. Auf den Aversen überwiegen Mitglieder des römischen Kaiserhauses. Es ist interessant festzustellen, dass sich in Milet kein direkter Zusammenhang zwischen den dargestellten Herrschern und der Nominalgröße der Münzen erkennen lässt. Der Verfasser weist überdies auf die steigende Bedeutung römischer Themen in der iulisch-claudischen und severischen Zeit hin. Als Beispiele können hier die Bekränzung des Kaisers oder andere kaiserliche Szenen aufgezählt werden.
Hinsichtlich des Vergleichs ist abzuleiten, dass Roch die Münzprägung von elf anderen Städten im kleinasiatischen Raum analysiert. Die Stadt Milet, so der Grundtenor, zeigt in ihrer Ikonographie beeindruckend ihre Bezugnahme zur römischen Autorität. Alles in allem kann man das Werk als eine bedeutungsvolle und sehr gute Untersuchung der kaiserzeitlichen Münzprägung von Milet bezeichnen. Der Leser wird keinesfalls nur über neue Erkenntnisse zur Stadtgeschichte, sondern auch zum Beziehungskonstrukt zum römischen Kaiserhaus ins Bild gesetzt. Die akkurate Anordnung der Publikation und die vorbildlichen Analysen machen sie zu einem wegweisenden Werk für die numismatische Forschung. Viele Fragen der Geschichte der kleinasiatischen Städte im römischen Reich werden einer Antwort zugeführt, auch wenn ein Register die qualitativ sehr hochwertige Studie noch hätte verbessern können.
Andreas Raffeiner
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