Kurfürst Johann – der Beständige, wie der im Kurfürstentum Sachsen zwischen 1525 und 1532 regierende Landesherr genannt wird – fristet gegenüber seinem älteren Bruder, Friedrich dem Weisen (1463–1525), ein historiographisches Schattendasein. Er war jedoch durchaus ein bedeutender Herrscher mit (anders als sein Beiname suggeriert) eigenem Profil, der, obwohl er nur für eine kurze Zeit alleine regierte, die Geschichte der Reformation und des Kurfürstentums Sachsen und die sächsische Münzgeschichte entschieden prägte.
Lucas Cranach d. Ä., Porträt von Johann dem Beständigen, 1509.
Öl auf Holz. National Gallery London [Wikimedia]
Johann war der vierte Sohn des Kurfürsten Ernst von Sachsen (1441–1486). Unter seinem Vater wurde das Reich in der „Leipziger Teilung“ mit seinem Bruder Albrecht (1443–1500) in das „ernestinische“ und „albertinische“ Sachsen geteilt, was eine signifikantte Schwächung des Fürstentums bedeutete. Es wurde weiterhin eine gemeinsame Münzprägung beschlossen.
Über die Kindheit Johanns ist wenig bekannt. Er verbrachte einen Teil seiner Jugend am kaiserlichen Hof seines Onkels Friedrich III. (1415–1493), genoss die gleiche, sorgfältige Erziehung wie seine Brüder, wurde militärisch ausgebildet und mit den Aufgaben eines Fürsten vertraut gemacht. Dass Johann später größeren politischen Einfluss haben würde, war bei seiner Geburt noch nicht absehbar, da er drei gesunde ältere Brüder hatte. Es war jedoch der testamentarische Wunsch von Kurfürst Ernst, dass der erstgeborene Friedrich gemeinsam mit Johann das Erbe antreten soll. So übernahm er nach dessen überraschendem Tod 1486 im zarten Alter von 18 Jahren mt Friedrich die Regierung. Die anderen beiden Brüder Albrecht und Ernst II. traten in den Kirchdienst ein.
Friedrich, Albrecht und Johann 1486–1500. Guldengroschen o.J. Annaberg bzw. Wittenberg. Erster Klappmützentaler. Brustbild Friedrich III. im Kurornat mit geschultertem Kurschwert nach rechts / Die Brustbilder von Albrecht und Johann einander zugewandt [H. Höhn 72/1825]
Friedrich übernahm die Kurwürde und Johann unterstützte ihn als bei der Verwaltung des Reiches, vor allem während Friedrichs Aufenthalten am kaiserlichen Hof. Einschneidend für Johanns weitere Entwicklung als eigenständiger Politiker war die Verwaltungsteilung, eine sogenannte Mutschierung, die Friedrich 1513 wünschte. Er versprach er sich davon Verbesserungen in der Verwaltung des ausgedehnten und zerstreuten Territoriums. Sie wurde im Sommer 1513 in Weimar mündlich zwischen den Brüdern vereinbart und hatte eine Aufteilung der Verwaltungsaufgaben und territorialen Zuständigkeitsbereiche bei Beibehaltung des Gesamtbesitzes zur Folge. Somit wurde rechtlich festgelegt, was auch zuvor schon der Fall war: Johann war für Thüringen, das Vogtland und die Pflege Coburg zuständig; Friedrich hingegen behielt sich neben der Verwaltung seines Landesteils reichspolitische Aufgaben vor.
Johann regierte nun hauptsächlich von Weimar aus, während Friedrich weiterhin in Torgau und Wittenberg residierte. Die Mutschierung sollte – das war Friedrichs ausdrücklicher Wunsch, und er war sich darin mit Johann einig – keinesfalls zu Spannungen zwischen den Brüdern führen. Nach außen hin sollte Sachsen weiterhin als einheitliches Kurfürstentum erscheinen. In allen Details stimmten sich die Brüder durch einen nahezu täglichen Briefaustausch ab, aus dem hervorgeht, dass Johanns Meinungen in zunehmendem Maße an Gewicht gewannen. So kann Johann als Vermittler neuer Ideen gegenüber seinem älteren Bruder angesehen werden.
Friedrich III, Georg und Johann 1500–1507. Klappmützentaler o.J. Annaberg ohne Münzzeichen. Brustbild Friedrichs des Weisen im Kurornat und mit geschultertem Schwert nach rechts / Brustbilder der Herzöge Georg und Johann mit Schaube und Klappmützen einander zugewandt [Münzhandlung Sonntag 27/1346]
Johann pflegte wie Friedrich eine intensive spätmittelalterliche Frömmigkeit. Er zog sich mehrmals in ein Franziskanerkloster zurück, arbeitete an Andachtsbüchern und gründete eine Reihe von Stiftungen, von denen über 45 Kloster zu seiner Memoria bedacht wurden. Trotzdem war Johann – noch früher als Kurfürst Friedrich – interessiert an den reformatorischen Ideen Martin Luthers. Bereits 1519 bat er seinen Bruder, bei dessen Hofmaler Lucas Cranach dem Älteren ein Bild des Reformators in Auftrag zu geben. Während Friedrich eher durch die stille Duldung und den Schutz Martin Luthers aus Gewissensgründen als Unterstützer der Reformation einging, verlieh Johann seiner Sympathie deutlicher Ausdruck: Er ermahnte den Klerus im Weimarer Umland, das lautere, reine Evangelium ohne menschlichen Zusatz zu predigen. Sachsen wurde zum Vorbild der Landeskirchenregimente in evangelischen Territorien.
1525 starb Friedrich der Weise und Johann übernahm die Alleinherrschaft über das ernestinische Sachsen und die Kurwürde seines älteren Bruders. Der Beginn seiner Herrschaft fiel in die schwierige Zeit der Bauernkriege. Nachdem er entscheidend zum Sieg gegen die Aufständischen um Thomas Müntzer (1489–1525) in Frankenhausen und Mühlhausen beigetragen hatte, hoffte sein Vetter Herzog Georg von Sachsen („der Bärtige“, 1471–1539), der das albertinische Sachsen regierte, ihn auf seine Seite zu ziehen und für eine Bekämpfung der Reformation gewinnen zu können. Johann der Beständige verweigerte sich. Auf dem Augsburger Reichstag 1530 übergab er dem Kaiser Karl V. die von Phillipp Melanchthon (1497–1560) verfasste Confessio Augustana, eine Darstellung und ein Bekenntnis zu den Lehren und der Praxis der Wittenberger Reformation. Als diese von Kaiser Karl V. nicht anerkannt wurde, gründete er mit Landgraf Phillipp I. von Hessen den Schmalkaldischen Bund als Militärbündnis zur Verteidigung gegen katholische Angriffe.
1530 kam es zu einem Zerwürfnis mit dem albertinischen Herzog Georg von Sachsen, infolgedessen die gemeinsame Münzprägung aufgegeben wurde. 30 Jahre zuvor hatten Friedrich und Johann zusammen mit Herzog Georg die Leipziger Münzordnung verkündet. Gemäß dieser soll ein Groschen (Guldengroschen) für einen Gulden (rheinischer Goldgulden) geschlagen und genommen werden. Der Taler (Klappmützentaler), zunächst Gulden bzw. Guldengroschen genannt, war also das silberne Äquivalent des rheinischen Goldguldens. Nachdem nun in den Jahren vor 1530 der Feingehalt des rheinischen Guldens allmählich abnahm, forderte Johann, dass der Silbergehalt des Talers verringert werden sollte, um zu verhindern, dass die sächsischen Gulden von Wucherern außer Lande gebracht und minderwertigeres Silbergeld eingeführt wurde. Georg „der Bärtige“ hingegen war der Auffassung, dass der Rechtlichkeit wegen der Silbergehalt gleich bleiben müsse. Nachdem sich der Kurfürst nicht mit dem Herzog einigen konnte, kam es zur Münztrennung. Die gemeinsame Schneeberger Münzstätte auf ernestinischem Gebiet ließ der Kurfürst stilllegen und nahm stattdessen 1530 vorübergehend die Münzstätte Zwickau wieder in Betrieb. In dieser und in der Buchholzer Münze ließ er nach leichterem Münzfuß prägen. Herzog Georg ließ in den Münzstätten Freiberg, Leipzig und Annaberg nach der bisherigen Güte münzen.
Guldengroschen o. J, Zwickau. Brustbild Johanns mit Kurschwert und Umschrift
IOHANNES ELECTOR FIERI FECIT („Kurfürst Johann ließ [diese Münze] anfertigen“) /
fünffeldiges Wappen, Umschrift MONETA NOVA DVCIS SAXONIAE
(„neue Münze des Herrschers Sachsens“) [Peus 424/1758]
Am 16. August 1532 starb Johann der Beständige in Schweinitz. Mit ihm, sagte Luther, sei die Redlichkeit wie mit seinem Bruder Friedrich die Weisheit gestorben. Ein Notifikationsschreiben seines Sohnes an die Herzöge von Bayern mit der Angabe, Johann sei auf dem Sterbebett zur römischen Kirche zurückgekehrt, ist eine 1610 aufgetauchte Fälschung. Sein Sohn Johann Friedrich I. wurde sein Nachfolger und erzielte 1533 eine Einigung mit Georg, wonach wieder gemeinschaftlich nach neuem Gewicht und Feingehalt geprägt wurde.
Die Erinnerung an Kurfürst Johann I. dem Beständigen ist verblasst, da vor allem durch die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts die Verdienste Friedrichs des Weisen, aber auch von Johanns Sohn, Johann Friedrich I. dem Großmütigen, deutlich intensiver gewürdigt wurden. Zu unbedeutend erschien er neben seinem imposanteren Bruder, der eher dem Bild des tätigen und kulturell prägenden Renaissancefürsten entsprach, und neben seinem Sohn und Nachfolger, der in den Schmalkaldischen Kriegen kämpfte.
Quellen
Claus Keilitz: Die sächsischen Münzen 1500–1547. Gietl Verlag, 2. Aufl.
Axel Stefek: „Vor 500 Jahren: Weimar wird ständige herzogliche Residenz“, in: Rathauskurier. Das Amtsblatt der Stadt Weimar. 24. Jg. Nr. 20 vom 23. November 2013, 6905–6906.
Flathe, Heinrich Theodor: „Johann der Beständige, Kurfürst von Sachsen“, in: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 14 (1881), 322–326.
Junghans, Helmar: „Johann von Sachsen (1468–1532)“, in: Theologische Realenzyklopädie Online.
Klein, Thomas: „Johann“, in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), 522–524.
Kohnle, Armin; Schirmer, Uwe (Hrsg.): Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen. Politik, Kultur und Reformation (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte, Bd. 40), Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2015.
Michel, Stefan: „Kurfürst Johann von Sachsen (1468–1532) und die von Wittenberg ausgehende Reformation. Neue Beobachtungen zur Fürstenreformation“, in: Theologische Literaturzeitung, Juni 2020, 493–508.
Müller, Ernst: „Die Mutschierung von 1513 im ernestinischen Sachsen“, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 14 (1987), 173–182.
Nicklas, Thomas: „Doreen von Oertzen Becker, Kurfürst Johann der Beständige und die Reformation (1513–1532). Kirchenpolitik zwischen Friedrich dem Weisen und Johann Friedrich dem Großmütigen, Köln, Weimar, Wien (Böhlau) 2017“, in: Francia-Recensio.
Schier, Lars-Gunther: Vom Klappmützentaler zum Dreimarkstück – Vier Jahrhunderte Talerwährung in Sachsen. in: Sächsische Heimatblätter, Heft 1, 2019.
wikipedia.org/wiki/S%C3%A4chsische_M%C3%BCnztrennung
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Claus Keilitz:
Die sächsischen Münzen 1500–1547
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