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Dietmar Kreutzer

Islamische Sondermünzen: Meisterwerke arabischer Schriftkunst

Um 570 unserer Zeitrechnung wurde Mohammed Ibn Abdallah in der arabischen Wüstenstadt Mekka geboren. Die Stadt lag nicht nur am Kreuzungspunkt zweier Handelsstraßen, sondern war wegen ihres würfelförmigen Tempels (Kaaba) mit dem Al-Hadschar, einem schwarzen Meteorit-Stein, ein Wallfahrtsort. Als Sohn eines Händlers war Mohammed zunächst viel auf Reisen, zog sich im Alter von 40 Jahren aber zunehmend zur Meditation in eine Höhle bei Mekka zurück. Über seine Visionen und Offenbarungen begann er bald öffentlich zu predigen. Dies brachte ihm jedoch den Unmut der Anhänger der alten arabischen Religionslehre ein, die allein auf den „Kraftstein“ der Kaaba und die um sie herum aufgestellten Götterbildern und Wappen abstellte. Am 15./16. Juli 622 u.Z. wanderten Mohammed und seine Anhänger daher in die nahegelegene Stadt Medina aus. Das Datum wurde wenig später zum Ausgangspunkt der islamischen Zeitrechnung. In den sich daran anschließenden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Mekka und Medina behielten die Anhänger Mohammeds die Oberhand. Im Januar 630 u.Z. besetzten sie Mekka. Sie zogen zwar weiter traditionell um die Kaaba, stürzten aber die umgebenden „Idole“ von ihren Sockeln und begründeten einen Staat, der in den folgenden Jahrhunderten stark expandierte.

Mohammed vor der Kaaba bei der Schlichtung des Streits über den schwarzen Stein (Buchillustration, um 1310) – Bildquelle: Edinburgh University Library.


Nach dem Tod des Propheten am 8. Juni 632 u.Z. kam es zu einem bis heute anhaltenden Streit über die rechtmäßige Nachfolge des Propheten, aus dem unter anderem die Glaubensrichtungen der Sunniten und Schiiten hervorgingen. Die vielen Spaltungen im Islam ergaben sich nur vordergründig aus unterschiedlichen Lehrauffassungen. Eigentlich ging es um den Führungsanspruch einzelner Personen und materielle Streitigkeiten. Einem der ersten „Kalifen“ gelang es, alle von Mohammed zwischen 610 und 632 als Offenbarungen überlieferten Aussprüche zu einem einheitlich akzeptierten Buch zusammenzufassen, dem Koran:

„Der Koran ist dadurch volksbildend und identitätsstiftend geworden, weil das mekkanische Arabisch, in den Mohammed seine Offenbarungen verkündete, die Grundlage für eine arabische Hochsprache wurde, welche die vielen Stammesvarianten erhöhte und eine sprachliche Einheit schuf.“ (1)

Unter den für die Entwicklung des Islams wichtigen Städten befinden sich auch Bagdad und Kairo. Die Kalifen der Abbasiden (750-1258) erkoren Bagdad zur „Stadt des Heils“. In Kairo dagegen liegt die 988 u.Z. gegründete Azhar-Universität, die das islamische Erbe bewahren soll. Deshalb werden im Folgenden moderne islamische Sondermünzen nicht nur aus Saudi-Arabien, sondern auch aus Ägypten und dem Irak vorgestellt.


1 Pfund (1000 Jahre al-Azhar Moschee mit der Inschrift: „Und lehrt euch das Buch und die Weisheit“, Ägypten, 1970, 720er Silber, 25 Gramm) - Bildquelle: uCoin.


Zum tausendjährigen Jubiläum der Moschee auf dem Azhar-Komplex in Kairo erschien eine Silbermünze im Wert eines ägyptischen Pfundes. Auf der Bildseite ist die Moschee abgebildet, auf der Kehrseite die Wertangabe, die Staatsbezeichnung in kufischer Schrift und die Jahreszahlen des Jubiläums in gregorianischer Zeitrechnung sowie islamischer Zeitrechnung, die mit dem Auszug Mohammeds aus Mekka (Hidschra) beginnt. In Verbindung mit der großen Bedeutung des Wortes, insbesondere als Träger der Offenbarung, haben Schrift und Ornament eine überragende Rolle in der islamischen Kunst erlangt. Die Schrift wurde oft selbst zum ornamentalen Schmuck. Ornamente wurden schriftähnlich gestaltet. Die auf der Münze verwendete kufische Schrift ist ein Beispiel dafür. Sie ist nach der Stadt Kufa benannt, die im heutigen Irak liegt. Hier befand sich eine Hochschule, in der diese Schrift hauptsächlich von Abschreibern und Kalligraphen verwendet wurde. Von ihr unterschieden wird die bis heute verwendete Naschi-Kursivschrift, deren Varianten zumeist auf den berühmten Kalligrafen Ibn Muqla (886–940 u.Z.) aus dem Abbasiden-Kalifat von Bagdad zurückgeführt werden. Die obige Inschrift auf der Bildseite der Münze stellt auf die Offenbarung der Worte Allahs und ihre Auslegung durch „Gesandte“ ab (Sure 2, Vers 151).


100 Halalah (FAO-Münze mit rückseitiger Inschrift: „Sie versorgen ihre Lieben mit Speisen“, Saudi-Arabien, 1977, Kupfer-Nickel, 10 Gramm, 30 mm) – Bildquelle: Katz Auction 77, Lot 723.


Im Münzprogramm der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO erschienen 1977 in Saudi-Arabien drei besonders gestaltete Umlaufmünzen. Auf der Vorderseite sind mittig die gekreuzten Schwerter mit einer Palme als Hoheitszeichen Saudi-Arabiens zu sehen, flankiert von den Jahreszahlen nach gregorianischer und islamischer Zeitrechnung. Die Legende oben bezeichnet den regierenden König Khalid bin Abd Al-Aziz Al Saud. Unter dem Wappen folgt die zugehörige Titulatur: König des Königreichs Saudi-Arabien. Auf der Rückseite ist die Wertangabe mit einem Riyal sowie 100 Halalah in Ziffern sowie arabischer Schrift angegeben. Im oberen Bogen prangt ein Aufruf aus dem Koran zur Verköstigung der Armen, der so zu interpretieren ist:

„Unser Prophet befahl in seiner Abschiedspredigt, diejenigen, die damals in Not lebten, nämlich die Sklaven, und Arbeiter, die keine angemessene Entlohnung für ihre Leistung bekamen, zu schützen. Er sagte: Versorgt sie mit euren Speisen, und kleidet sie mit dem, mit dem ihr euch kleidet! Deswegen betrachten wir die Speisung der Hungernden mit dem, was wir selbst essen, die Versorgung der Armen und Bedürftigen als Dienst. Ihnen und den Unterdrückten in Syrien, den Notleidenden in Mittelafrika und den Bedürftigen in Somalia beizustehen ist unsere menschliche Pflicht.“ (2)

100 Dinars (1400 Jahre islamische Zeitrechnung, Irak, 1980, 917er Gold, 26 Gramm, 33 mm) – Bildquelle: Sincona, Auction 38, Lot 1448.


Zur mohammedanischen Jahrhundertwende erschienen im Irak drei Sondermünzen, die auf der Bildseite die Moschee in Medina und die Kaaba in Mekka zeigen. Das Bildmotiv wird von einem Initial des Buchstaben H überlagert, der für Hidschra steht. Links unten wird das Jubiläum erläutert. Rechts steht ein Koran-Zitat: Wahrlich, diese eure Bruderschaft ist eine einzige Bruderschaft. Im Original heißt es:

„Wahrlich, diese eure Bruderschaft ist eine einzige Bruderschaft, und ich bin euer Herr und Beschützer. Dient daher mir und keinem anderen.“ (Sure 21, Vers 92)

Auf der Schriftseite der Münze sind im inneren Kreis die Angaben zum Nennwert, dem ausgebenden Land und dem Prägejahr aufgeführt. Außen befindet sich ein weiteres Koranzitat:

„Diejenigen, die geglaubt und die Verbannung erlitten haben und sich mit aller Kraft für Allahs Sache eingesetzt haben, mit ihren Gütern und ihrer Person, haben den höchsten Rang vor Allah, sie sind die Sieger.“ (Sure 9, Vers 20)

Die frommen Zitate aus dem Koran wirken im Nachhinein makaber. Kurz nach Ausgabe der Münze überfiel die Armee des irakischen Diktators Saddam Hussein nämlich den Iran. Der Erste Golfkrieg begann. Die Hoffnung auf einen schnellen Sieg zerschlug sich. Erst nach acht Jahren und einer Million Toten kam es unter internationaler Vermittlung zu einem Waffenstillstand.


Dietmar Kreutzer


Quellenangaben:

  1. Gottfried Hierzensberger: Der Islam; Wiesbaden 2006, S. 46f.

  2. Freitagspredigt: Versorgt sie mit eure Speisen; auf: igmg.org, 24.04.2015

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