Die Frage, was in alten Zeiten den Münzstätten für ihre Arbeit bezahlt wurde, erfordert intensive Recherche in Archiven und der Münzliteratur und ist nicht leicht zu beantworten. Für die aktuellen deutschen Euro- und Centmünzen und alle Gedenkausgaben im Auftrag des Bundes sind die Münzstätten Berlin (Münzzeichen A), München (D), Stuttgart (F), Karlsruhe (G) und Hamburg (J) zuständig. Sie bekommen eine Prägegebühr, doch ist es vor Ort nicht möglich, die Modalitäten und die Beträge in Erfahrung zu bringen. Etwas genauer sind wir über die Vergangenheit durch die Münzgesetze aus der Kaiserzeit informiert, die auch etwas über die Erstattung der Kosten für die Herstellung von Reichsmünzen enthalten.
Die deutschen Münzstätten, hier die Königliche Münze zu Berlin um 1900, ließen sich die Herstellung von Hartgeld nach dessen Größe und Menge bezahlen. Bildquelle: Hermann Rückwardt.
Das Münzgesetz vom 9. Juli 1873 bestimmte im Paragraphen 4, dass der Reichskanzler, und das war damals Otto von Bismarck, unter Zustimmung des Bundesrates, also der Vertretung der Länder und der Freien Städte im Deutschen Reich,
„die Vertheilung dieser Beträge auf die einzelnen Münzgattungen und auf die einzelnen Münzstätten sowie gleichmäßig zu gewährende Vergütung“
vornimmt. In der Begründung zum Münzgesetz wird vermerkt:
„Für die sämmtlichen Kosten der Münzprägung werden den Münzstätten aus der Reichskasse vergütet: für die Fünfmarkstücke in Silber ¾ Prozent, für die Zweimarkstücke 1 ½ Prozent, für die Einmarkstücke 1 ¾ Prozent, für die Fünfzigpfennigstücke 2 ½ Prozent, für die Zwanzigpfennigstücke 4 Prozent, für die Zehnpfennigstücke 2 Prozent, für die Fünfpfennigstücke 4 Prozent, für die Zweipfennigstücke 8 Prozent, für die Einpfennigstücke 15 Prozent des ausgeprägten Nominalwertes. Für die Ausprägung der Nickel- und Kupfermünzen wird den Münzstätten das Metall in Form von Münzplättchen geliefert.“
Wie die Bezahlung bei den Goldmünzen ausgesehen hat, ließ sich nicht ermitteln. Nur so viel kann gesagt werden, dass die Münzgesetze der Weimarer Republik das gleiche Verfahren vorsahen. Mit den Einnahmen mussten die Münzanstalten die Gehälter und Löhne ihrer Beamten und Arbeiter vergüten sowie alles bezahlen, was mit der maschinellen Ausstattung und der Gebäudeerhaltung zu tun hatte.
Stets gleichbleibende Qualität bei Kurs- und Gedenkmünzen abzuliefern, war oberstes Gebot, hier ein goldenes Fünf-Mark-Stück aus der Münzstätte Stuttgart. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18224430.
Die Arbeiter in den Münzanstalten der Kaiserzeit wurden etwas besser als in der übrigen Industrie bezahlt, aber auch sie bekamen nur einen schmalen Taler, wie man auch heute in Berlin sagt. Gut dotiert waren nur Führungskräfte mit abgeschlossenem Studium und guten Beziehungen zur Ministerialbürokratie. Aus Dresden ist bekannt, dass es dort langwierige Kämpfe um ein paar Pfennige mehr Lohn gab. Der Umzug nach Muldenhütten bei Freiberg ergab für die Münzarbeiter, deren Lohnverhältnisse von jeher „die kläglichsten“ gewesen waren, wie es in einem Bericht heißt, eine leichte Verbesserung, indem man ihren Lohn dem der Bergarbeiter anpasste. Besucher der Königlichen Münze zu Berlin registrierten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Lohngefälle zwischen dem Generalmünzdirektor Goedeking, der 3000 Taler im Jahr erhielt, und den Arbeitern in der Gießerei oder Prägerei, die mit nicht einmal 150 Talern im gleichen Zeitraum abgespeist wurden.
3000 solcher Taler bzw. gleichwertigen Geldes erhielt der Generalmünzdirektor in Berlin pro Jahr. Ein Gießereiarbeiter musste sich mit jährlich 150 dieser Stücke begüngen. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18290078.
In einem Bericht des badischen Münzrats Ludwig Kachel über seinen Besuch in der Berliner Münze 1823 mit Beschreibungen der Arbeitsabläufe und benutzten Maschinen heißt es:
„Die gewöhnlichen Arbeiter werden gleich anderen Tagelöhnern ohne weitere Verbindlichkeit übernommen und entlassen. Einer weiteren Klasse derselben wird 14 Tage vor ihrer Entlassung aufgekündigt, und nach 14 Tagen nach derselben erhalten sie die Hälfte des während ihrer Anstellung erhaltenen Lohnes. Bleibend sind die Oberarbeiter und die Medaillenpräger. Zu einer Tagschicht werden 12 Stunden gerechnet von morgens 6 Uhr bis abends 6 Uhr, wobei Essen und Vesperstunde mitbegriffen sind.“
Einem Oberarbeiter wurden pro Schicht 22 ½ Silbergroschen, seinem Stellvertreter 17 ½ und einem Arbeiter 15 Silbergroschen gezahlt. Da der Taler 30 Silbergroschen galt, erhielt ein Arbeiter am Tag einen halben Taler Lohn, das waren im Monat bei sechstägiger Arbeitswoche zwölf Taler und im Jahr bei Vollbeschäftigung 144 Taler. Allerdings konnten die Arbeiter ihre Bezüge durch „einfache Nachtarbeit“ ein wenig aufbessern. Eine besondere Errungenschaft war die Sparkasse, in die Besucher der Münzstätte einen Obolus legten und auch etwas aus den Arbeitslöhnen eingezahlt wurde. Aus ihr hat man kranke Arbeiter unterstützt.
Die Arbeit in einer Münzstätte um 1900 – hier ein Blick in die Gießerei -
war laut, schmutzig, anstrengend und gefährlich. Repro: Caspar.
Die Dokumentation von Karl-Dieter Seidel „Die deutsche Münzgesetzgebung seit 1871 – Münzen – Papiergeld und Notenbanken“ (Egon Beckenbauer Verlag München 1973) ist bis heute für Forscher und Sammler gleichermaßen wichtig. In dem Werk wird die Zeit von 1871 bis 1973 umfasst. Es enthält auch Gesetzestexte über die Münzprägung in Österreich, Danzig, im Saarland und in anderen Gebieten. Außerdem findet man hier den Abdruck von deutschen Münzverträgen aus der Zeit vor der Reichseinigung von 1871. Zur Lektüre empfohlen wird auch das umfangreiche Werk von Herbert Rittmann „Deutsche Geldgeschichte 1484-1914“, das 1975 im Battenberg Verlag München erschien und umfangreiches Material über die Zeit zwischen der „Erfindung“ des Talers im späten 15. Jahrhundert bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs enthält. Wer beide Bücher nicht besitzt, bekommt sie in Bibliotheken und Münzkabinetten zur Ansicht.
Helmut Caspar
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