König Gustav III. von Schweden wurde auf einem Maskenball im Jahr 1792 erschossen. Seine Politik erzählen sehr spannend einige Medaillen, die der König höchstpersönlich dem jungen Peter Friedrich August von Oldenburg schenkte und die nun am 20. Juni 2023 bei Künker versteigert werden.
Gustav soll sich in einem Pariser Theater amüsiert haben, als man ihm mitteilte, dass sein Vater gestorben sei, und er fortan als Gustav III. die Schweden beherrschen werde. Das war im März 1771 und damals gärte es in ganz Europa. Ein aufstrebendes Bürgertum forderte mehr Rechte, der immer noch mächtige Adel pochte auf seine Privilegien und die Bauern beklagten wegen des schlechten Wetters kärgliche Ernten. Gustav III. sah das Konfliktpotential. Er fürchtete, dass das Amt des Königs im Kampf zwischen Bürgertum und Adel beschädigt werden könnte. Und so entschied er sich, die Situation zu entschärfen, indem er selbst einen Staatsstreich durchführte: Er nahm dem Adel einen Teil seiner Privilegien, führte längst überfällige Reformen durch und nutzte danach den vorläufigen Burgfrieden, um die schwedische Position in Europa zu verbessern.
Gustav III. in seiner Krönungsrobe. Gemälde von Alexander Roslin aus dem Jahr 1777
[Schloss Gripsholm NMGrh660]
Ein schwedischer König aus Norddeutschland
Das pragmatische Vorgehen von Gustav III. kann man vielleicht damit erklären, dass seine Verbindungen zum alteingesessenen Adel nicht so eng waren, wie dies in anderen Ländern zu sein pflegte. Seine Familie stammte nämlich ursprünglich nicht aus Schweden, sondern aus Norddeutschland. Gustavs Vater Adolf Friedrich, Oberhaupt der jüngeren Linie des Oldenburger Adelshauses Schleswig-Holstein-Gottorf, bekleidete das Amt des Fürstbischofs von Lübeck, ehe er 1743 zum schwedischen Thronfolger gewählt wurde – übrigens nur wenige Monate nach der Berufung seines Großcousins Peter zum Zarewitsch von Russland.
1751 wurde Adolf Friedrich gekrönt und der fünfjährige Gustav stieg damit zum Kronprinzen auf. Der wurde ganz im Geist der Zeit gemäß der Ideale der französischen Aufklärung erzogen. Das bedeutete, dass Gustav sich als einen aufgeklärten Monarchen zu verstehen lernte, von dessen weisen Entscheidungen das Wohl seines Landes abhängen würde.
Das Münzkabinett, in dem Gustav III. Peter Friedrich Ludwig im Jahr 1780 eine Sammlung von Goldmedaillen übergab. Es wurde von Georg Haupt geschaffen und 2009 für 1.500.000 Kronen (ca. 130.000 Euro Zuschlagspreis) versteigert
[Bukowskis, Höstens Klassiska auktion 554 (24. November 2009), Nr. 800. Wir bedanken uns bei unseren schwedischen Kollegen, dass wir dieses Bild nutzen dürfen.]
Ein Staatsgeschenk
Wir kennen den Grund nicht, warum Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Gottorf, zukünftiges Staatsoberhaupt von Oldenburg und Lübeck, im Jahr 1780 nach Stockholm reiste. Vielleicht waren es familieninterne Absprachen wegen Peter Friedrich Wilhelm, der aufgrund einer Geisteskrankheit von seiner Verwandtschaft als nicht geschäftsfähig erklärt wurde und an dessen Stelle Peter Friedrich Ludwig seit 1777 die Regierung ausübte.
Was wir aber wissen ist, welches Geschenk Gustav III. seinem Verwandten bei dessen Besuch überreichte: Ein kunstvoll mit Intarsien geschmücktes Münzkabinett, das der schwedische Kunstschreiner Georg Haupt angefertigt hatte. Darin befanden sich auf sechs Tabletts insgesamt 65 Goldmedaillen im Gewicht von mehr als vier Kilogramm [!]. Die meisten von ihnen stammten nicht aus schwedischem, sondern aus Oldenburger Familienbesitz. Sie waren Teil der Sammlung von Adolf Friedrich, Gustavs Vater. Wir wissen aus der Beschreibung eines Augenzeugen sogar, mit welchen Worten Gustav III. das Münzkabinett dem jungen Oldenburger überreichte: „Cette collection qui contient l’éloge de votre famille vous sera sans doute agréable, mon cousin; je vous prie de l’accepter comme souvenir d’un ami et d’un bon parent.“ (Diese Sammlung, die das Lob Eurer Familie enthält, wird Euch zweifellos angenehm sein, mein Cousin. Ich bitte Euch, sie als eine Erinnerung an einen Freund und guten Verwandten anzunehmen.)
Peter Friedrich Ludwig tat dies und das Münzkabinett wurde Teil des Oldenburger Familienerbes, bis der abgesetzte Großherzog Friedrich August seinen Inhalt im Jahr 1924 bei der Firma Riechmann in Halle versteigern ließ. Er plante vom Erlös der Sammlung eine moderne Fleischfabrik zu finanzieren. Eine Erhöhung des ursprünglichen Kapitals war notwendig geworden, weil die Hyperinflation die Mittel aufgefressen hatte, die er aus dem Verkauf der kostbarsten 100 Werke seiner Gemäldegalerie – darunter auch Werke von Rembrandt, Rubens und Ruisdael – in den Niederlanden erlöst hatte. Der Export dieser Bilder, die der Freistaat Oldenburg zu gerne erworben hätte, nicht aber zu dem vom Herzog geforderten Preis, führte dazu, dass Deutschland im Dezember 1919 sein erstes Kulturgüterschutzgesetz einführte.
Gustav III. Goldmedaille zu 27 Dukaten 1761 auf den 16. Geburtstag des Kronprinzen Gustav am 24. Januar, geschaffen von Gustaf Ljungberger. Aus der Sammlung Gunnar Ekström. Sehr selten. Vorzüglich bis Stempelglanz. Taxe: 20.000 Euro [Künker 387 (20. Juni 2023), Nr. 19]
Teil des Geschenks waren drei Goldmedaillen mit dem Porträt Gustavs III., die dieser programmatisch ausgewählt hatte. Die erste zeigte ihn als jungen Kronprinzen anlässlich seines 16. Geburtstags, damals das Alter der Volljährigkeit. Auf der Rückseite ist Laetitia abgebildet, eine aus dem antiken Zusammenhang bekannte Gottheit, die schon unter den römischen Kaisern häufig mit ihrem Kranz auf Münzen erschien.
Gustav III. Ovale Goldmedaille zu 8 Dukaten auf den Staatsstreich von 1772, geschaffen von Gustaf Ljungberger. Aus der Sammlung Gunnar Ekström. Sehr selten. Vorzüglich bis Stempelglanz.
Taxe: 7.500 Euro [Künker 387 (20. Juni 2023), Nr. 20]
Eine zweite Medaille des Ensembles bezieht sich auf den Staatsstreich von Gustav III. Nach dem erfolgreichen Putsch verteilte Gustav III. diese Medaillen in Gold und Silber an all diejenigen, die auf seiner Seite gestanden hatten. Darauf bezieht sich die lateinische Umschrift, die in Übersetzung lautet „Einträchtig und dem König treu, die Bürger von Stockholm im Jahre 1772 am 19. August.“ Der Bienenstock, der seiner Königin aus dem alten Stock folgt, um eine neue Heimat zu finden, illustriert die Umschrift.
Tatsächlich fand der Staatsstreich große Zustimmung unter den Einwohnern Stockholms. Viele von ihnen sangen damals das von Carl Mikael Bellman gedichtete „Gustavs Skål“, das noch heute in Schweden gelegentlich zu hören ist.
Gustav III. Goldmedaille zu 30 Dukaten auf die einstimmige Annahme der neuen Verfassung von 1772, geschaffen von Gustav Ljungberger, unsigniert. Aus der Sammlung Gunnar Ekström. Äußerst selten. Vorzüglich bis Stempelglanz. Taxe: 15.000 Euro [Künker 387 (20. Juni 2023), Nr. 21]
Die dritte und letzte Medaille dieses Ensembles ist der neuen Verfassung vom 21. August 1772 gewidmet, die von den vier Ständen Schwedens – Ritterschaft, Geistlichkeit, Bürger und Bauern – und dem Reichsrat einstimmig angenommen wurde. Sie gab dem König eine wesentlich stärkere Position als zuvor. So wurde der König in seinen Handlungen nur durch die Verfassung und die Landesgesetze eingeschränkt. Er hatte die Vollmacht, neue Gesetzesvorlagen zu initiieren, und ohne ihn konnte die Ständeversammlung kein Gesetz verabschieden. Auch das Heer unterstand dem König, der im Notfall sogar ohne die Stände die Entscheidung über Krieg und Frieden treffen konnte.
Diese Machtverlagerung zu seinen Gunsten feierte Gustav als fortwährende Freiheit (Libertas Manens). Er illustriert die Umschrift mit der Personifikation der Freiheit, die auf einem Stab den Freiheitshut hält und sich auf einen Säulenstumpf als Symbol der Stärke stützt. Auf diesem Säulenstumpf liegt das mit vier Siegeln für die vier Stände Schwedens beschworene Gesetz.
Ein Maskenball
Tatsächlich hatte die neue Freiheit nichts mit dem zu tun, was sich der Adel darunter vorstellte. Die finanzielle Notlage, in der sich die schwedische Staatskasse wegen des anhaltenden Kriegs gegen Russland befand, veranlasste den König Anfang des Jahres 1789, gegen dessen Willen ein neues Gesetz zu verabschieden, das den Reichsrat zusammen mit vielen Adelsprivilegien praktisch abschaffte.
Durch die Vorgänge in Frankreich radikalisierte sich Gustav noch mehr. Er unterstützte 1791 den Fluchtversuch des französischen Königspaars und wartete auf Ludwig und Marie-Antoinette in Aachen, um sie in ihr Exil zu geleiten. Die Flucht scheiterte, das Königspaar wurde gefangen gesetzt. Diese Erfahrung scheint Gustav in den Augen seiner Zeitgenossen politisch unberechenbar gemacht zu haben. Um einen weiteren Verlust von Privilegien zu verhindern, trug ein großer Teil des Adels die Ermordung des Königs mit: Sie ereignete sich am 16. März 1792 während eines Maskenballs in der Stockholmer Oper, fast ein Jahr vor der Hinrichtung des französischen Königs.
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