Wer sich an kurfürstlichem oder königlichem Eigentum vergriff, war des Todes, da kannten die Hohenzollern kein Erbarmen. Besonders grausam wurden 1718 die Berliner Schlossdiebe Valentin Runck und Daniel Stieff bestraft, die ihre Stellung am preußischen Hof schamlos zur eigenen Bereicherung ausgenutzt hatten. Schlosskastellan Runck und der Hofschlosser Stieff hatten Zugang zum königlichen Schatz und anderen im Berliner Schloss aufbewahrten Preziosen, in einem Gebäude, das als Humboldt-Forum wieder aufgebaut ist und als Museum und Kulturstandort genutzt wird. Ungeniert bedienten sich die Bediensteten an goldenen und silbernen Kostbarkeiten und verkauften sie, unvorsichtig wie sie waren, Berliner Juwelieren und anderen Personen.
Zum Diebesgut gehörten Goldstücke aus der königlichen Münzsammlung. Einer der Käufer zeigte die Medaillen dem Bibliothekar und Direktor des königlichen Münzkabinetts Maturin Veyssière de La Croze, der den Diebstahl dem König meldete. Friedrich Wilhelm I. ließ den Hofschlosser verhaften. Stieff hatte sich durch „Verkaufung“ etlicher Medaillen und eingeschmolzenen Goldes verdächtig gemacht, heißt es in einer Chronik, weshalb er „gefänglich“ eingezogen wurde. Unter Folter mühte sich der Gefangene, seine Schuld auf andere abzuwälzen. Er behauptete sogar, die Goldstücke auf der Straße gefunden zu haben. Es dauerte nicht lange, bis auch der Komplize Runck in den Blick der Justiz geriet. Der Schlossverwalter wurde verhaftet und bekannte nach den Worten des Chronisten Fassmann, „dass er mit dem Hofschlosser viele Medaillen und andere Kostbarkeiten aus den königlichen Zimmern, Spinden und Schränken, Kisten und Kästen gestohlen; wie sie dann auch gesonnen gewesen, den Diebstahl noch weiter miteinander fortzusetzen“. Nach Ermittlungen der Justiz sollen Runck 31.182 Taler und 300 Dukaten und Stieff 13.718 Taler und 500 Dukaten aus dem preußischen Staatsschatz sowie Seidenstoffe, Tischzeug und andere Stücke aus königlichem Besitz erbeutet haben.
Die zum Tod verurteilten Verbrecher hat man auf Weisung des erbosten Königs auf dem Weg zum Hinrichtungsort besonders gequält. Auf einem Karren halbnackt sitzend, wurden sie drei Stunden durch die Stadt zum Galgenberg gefahren und dabei an den Ecken der Hauptstraßen mit glühenden Zangen „gekniffen“, wie Chronisten berichten. „Als sie nun in Begleitung einer starken Wache zum Gericht gebracht waren, welches auch schon zuvor mit einem Kreis von der Soldateska, drei Mann hoch, umgeben gewesen, wurde der Hofschlösser von unten auf gerädert, welches der Kastellan Runck, desgleichen die beiden Weiber, mitansehen müssen. Hernach ist auch der Runck ebenfalls von unten auf gerädert worden.“ Als dies geschehen war, redeten die Priester der zur öffentlichen Hinrichtung erschienenen Menschenmenge ins Gewissen. Neugierig, wie sie waren, sahen sie zu, wie die beiden Leichen zur allgemeinen Abschreckung an den höchsten eisernen Galgen hinaufgezogen und mit eisernen Ketten daran fest gemacht. Die beiden Frauen der Exekutierten hatte man in die Spandauer Zitadelle zur Zuchthausarbeit gebracht. Man warf ihnen vor, dass sie ihre Männer wegen der Diebstähle nicht angezeigt hatten. Der Stadthistoriker Adolf Streckfuß schreibt in seinem Buch „500 Jahre Berliner Geschichte“, dass bei solchen Hinrichtungen stets Prediger bei den Delinquenten waren, „um sie auf dem letzten Lebenswege zu trösten und um zugleich sich selbst den Ruhm einer Sünderbekehrung zu erwerben.“ Gerade zu Zeiten, da viele öffentliche Exekutionen stattfanden, sei die Stadt angesichts „liederlicher Personen“ besonders unsicher gewesen. „Es war ein Wagestück“, schreibt Streckfuß weiter, „nachts allein die Straßen der Residenz zu durchwandern, und wer dies in den Vorstädten versuchen wollte, durfte fast sicher sein, ausgeplündert zu werden.“
Runck hin, Stieff her – Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. war sich nicht zu schade, höchstpersönlich der Münzsammlung seines Vaters Friedrich I. zahlreiche Goldmünzen zu entnehmen und sie dem Schmelztiegel zu überantworten, um den 1713 übernommenen Schuldenberg seines Vorgängers auf dem preußischen Thron abzutragen. Auf diese Weise büßte das königliche Münzkabinett 319 Goldmünzen und Goldmedaillen aus dem 16. und 17. Jahrhundert von zum Teil beträchtlichem Gewicht bis zu einem Kilogramm pro Stück ein. Anzuerkennen ist, dass Friedrich Wilhelm I. antike Münzen unberührt ließ. Schlechtes Gewissen hat ihn offenbar nicht geplagt, denn er wollte mit gutem Vorbild voran gehen und seine Untertanen ermuntern, sich zum Wohl des Staates von überflüssigem Edelmetall zu trennen. Einhundert Jahre später fand zu Beginn der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 der Aufruf zu „Gold gab ich für Eisen“ großen Widerhall, durch den große Mengen Edelmetall zur Ausrüstung von Freiwilligen zusammenkamen und auch der Hof überflüssiges Tafelsilber dem Schmelztiegel überantwortete. Unbekannt ist, wie viele Münzen und Medaillen dabei vernichtet wurden.
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