Die Kosten des Zweiten Weltkrieges ruinierten das Währungssystem in Frankreich. Die deutschen Besatzer hatten nach dem erfolgreichen Feldzug vom Frühjahr 1940 täglich 20 Millionen Reichsmark an Besatzungskosten gefordert: „Nach der Abwertung der französischen Währung im Verhältnis zur Reichsmark von 17:1 in der unmittelbaren Vorkriegszeit auf 20:1 seit Beginn der Besatzungszeit entsprach dies einer Summe von 400 Millionen Francs, die täglich auf das Besatzungskonto flossen.“ (Europäische Volkswirtschaften unter deutscher Hegemonie 1938-1945, München 2012, S. 123) Die hohen Aufwendungen blieben nicht folgenlos: „Um die finanziellen Forderungen zu bedienen, musste der französische Staat die Steuern erhöhen und die Notenpresse einschalten. Die Aufblähung der in Umlauf gebrachten Menge französischen Geldes führte unweigerlich zur Inflation.“ (Ebenda, S. 124) Im Sommer 1944 hatte der Geldumlauf ein Volumen von etwa 900 Milliarden Francs erreicht. Angesichts eines knappen Warenangebots waren die Banknoten kaum noch etwas wert. Doch neues Ungemach drohte: „Mit der alliierten Landung in der Normandie wurde die Inflation zunächst dadurch weiter angeheizt, dass nun in den USA gedruckte Scheine in Umlauf gebracht wurden. Zwar zeigten diese Scheine die Abbildung der Trikolore und lauteten auf Francs, doch wurden sie von der Alliierten Militärverwaltung herausgegeben. Weder General de Gaulle noch die Bank von Frankreich konnten auf die Emission dieser Banknoten Einfluss nehmen.“ (René Sedillot: Muscheln, Münzen und Papier, Frankfurt/Main 1992, S. 296) So war es kein Wunder, dass der Wechselkurs des Franc bald ins Bodenlose rutschte. Mussten im Jahr 1945 für einen Dollar noch 119 Francs gezahlt werden, waren es 1949 bereits 350. Ein Tauschhandel mit Sachwerten blühte auf.
Dienten auf dem Schwarzmarkt amerikanische Zigaretten und Luxusgüter als zweite Währung, wurde unter Intellektuellen mit Verträgen oder Wohnungen gehandelt. Der namhafte Schriftsteller Julien Green notierte am 30. Mai 1946 in seinem Tagebuch: „Leide darunter, keine Wohnung zu haben. Heute früh schlug mir Goossens, ein belgischer Buchhändler, dessen Laden sich an der Chaussée de la Muette befindet, eine solche von drei Zimmern vor. […] Ich hatte Goossens gesagt, ich würde gern einen Buchvertrag mit dem Verleger unterzeichnen, der eine Wohnung für mich hätte, und wirklich kennt er einen Verleger, der bereit wäre, seine ihm zu kleine Wohnung abzutreten. Seit meiner Rückkehr höre ich von nichts anderem mehr als von diesen langweiligen Ablösegeschichten.“ (Julien Green: Tagebücher 1946-1950, Wien 1954, S. 34) Bald sollte es noch komplizierter werden. Ein Tausch einer Mietwohnung gegen eine größere war nur noch möglich, wenn zusätzlich astronomisch hohe Geldsummen gezahlt wurden! In den Aufzeichnungen des Schriftstellers vom 13. Juni 1946 ist nachzulesen: „Man bietet mir eine andere Wohnung an, diesmal in Passy und fast zu groß für zwei Personen. […] Der gegenwärtige Mieter ist ein trockener, gemessener Geschäftsmann. Er scheint bereit, seine Wohnung gegen die in der Rue Chanoinesse zu tauschen, ‚aber‘, so meint er, ‚es ist wirklich ein Skandal: man bietet mir 200.000 Francs Ablöse. Faule Zeiten! Das ist ja die reine Anarchie usw.‘ Das Pikante dabei ist, dass er die 200.000 Francs Ablöse annimmt, ja sogar fordert. Wie er die Sache aber darstellt, das habe ich bewundert.“ (Ebenda, S. 36)
Die häufig wechselnden Regierungen der Vierten Republik (1944-1958) bekamen die finanziellen Probleme des Staates nicht in den Griff. Ein chronisches Haushaltsdefizit führte zu immer neuen Schulden. Um die Währung zu sanieren, wurden Abgaben auf Vermögen und Gewinne erhoben. Doch der Konflikt um den Suezkanal und die Kriege in Indochina und Algerien machten jeden Fortschritt zunichte. Die Talfahrt des Franc setzte sich fort. „Im Zuge dieser Geldentwertung und Teuerung flüchteten die Franzosen wie üblich in Sachwerte: Grundstücke, Häuser, Kunst- und Sammlergegenstände, Schmuck, Perlen, Diamanten und vor allem Gold, das traditionell besondere Beliebtheit genoss. Die Menschen horteten das Metall mit einem Eifer, als ob sie damit gleichsam eine Versicherungspolice unterschreiben würden, mit der sie sich gegen die Risiken des Papiergeldes, nämlich Abwertung, Steuern und Krieg, schützen könnten.“ (Sedillot, S. 297) Die permanente Geldentwertung machte währenddessen Münzgeld mit immer höheren Nennwerten erforderlich. Die ersten Kupfer-Nickel-Münzen der Nachkriegszeit weckten zumindest in ihrer äußeren Gestalt noch Erinnerungen an das werthaltige Geld der Vorkriegsjahre. Statt aus Silber waren sie nun jedoch aus einer Kupfer-Nickel-Legierung. Ab 1950 wurden erstmalig Stücke zu 20 und 50 Francs aus Aluminium-Bronze ausgegeben. Von 1954 an kamen sogar Münzen zum Nennwert von 100 Francs heraus. Der Franc war auf einen Bruchteil seines ursprünglichen Wertes gefallen!
Und Julien Green? Der hatte inzwischen Probleme mit seinem Finanzamt. Das sollte ihm zu viel gezahlte Steuern erstatten. Doch die Beamten wanden sich. Im Tagebuch ist unter dem Datum des 30. Januar 1950 zu lesen: „Heute bei meinem Steuerreferenten. Er sieht, wie alle die Beamten des Finanzamts, intelligent aus. Die Antworten auf meine höchst einfachen Fragen sind so verwickelt, dass ich mich an die Spitzfindigkeiten des Tao erinnert fühle. Sie schulden mir 10.000 Francs - aber diese 10.000 Francs sind fiktiv. Es wird mir bedeutet, ich würde eine Verständigung betreffend die einstweilige Abschlagszahlung erhalten, brauchte sie aber nicht weiter zu beachten. Ich wanke völlig verwirrt hinaus. Erschreckend daran: sie verstehen es!“ (Green, S. 276)
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