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Helmut Caspar

Falsche Fuffziger in Serie – Unbeliebte Münze war in der Weimarer Republik Attacken ausgesetzt

Eine der merkwürdigsten und umstrittensten deutschen Kleinmünzen der frühen Weimarer Republik war das 1923 bis 1925 in allen sechs deutschen Prägeanstalten hergestellte Fünfzigpfennigstück. Der gleich nach dem Ende der Inflation in großen Mengen auf den Markt geworfenen Münze war nur eine geringe Lebensdauer beschieden, weil sie, nach einem Entwurf des Bildhauers und Medailleurs Waldemar Raemisch ziemlich einfach gestaltet, häufig gefälscht wurde und nur ein geringes Ansehen besaß. Da der „Fuffziger“ eine vergleichsweise hohe Kaufkraft besaß, war er den Attacken von Gaunern und Betrügern ausgesetzt. Ihren Machwerken haben Kenner von damals die Qualität von plump bis exzellent bescheinigt. Das mit der Wertzahl „50“ und Getreideähren in den sechs deutschen Prägeanstalten hergestellte Fünfzigpfennigstück wurde bereits 1928 eingezogen und am 1. Dezember 1929 außer Kurs gesetzt.

50 Reichspfennig, 1925, Deutsches Reich, Münzstätte Muldenhütten. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Die Ausgabe von 1924 mit „50 Reichspfennig“ erreicht, wenn sie echt ist, vierstellige Beträge. Dazu schreibt Herbert Rittmann in seinem Buch „Deutsche Geldgeschichte seit 1914“, dass von diesem Stück 1924 in drei von sechs Münzstätten weniger als eine Million Stück geprägt worden seien.


Der bekannte Numismatiker Heinrich Buchenau ging in einem Beitrag über das Münzwesen des Deutschen Reichs in den „Blättern für Münzfreunde“ vom November 1925 auch auf die neuen Fünf- und Zehnpfennigstücke nach Raemischs „eilig in Gips geschnittenen Entwurf“ ein. „Die Weizenähren wurden durch die wegen zu großer technischer Einfalt dieses Münzbildes an sie geflickten Gersten- oder Roggenähren zu einem botanisch bemerkenswerten hybriden Gebilde.“ Die 50-Pfennige hätten sich nach längerem Umlauf zu kaffeebraunen Biermarken entfärbt und seien seit Frühjahr 1925 wegen der ungewöhnlich großen Zahl ihrer Fälschungen kaum mehr gemünzt worden. Neue Fünfzigpfennigstücke aus Feinnickel würden beim Volk eine bessere Wertvorstellung erwecken und wären bei technisch feiner Ausführung schwerer fälschbar, fügte Buchenau hinzu und berichtet von ausgehobenen Fälscherwerkstätten. So wurde im Oktober 1925 in Ruprechtshagen bei Hersbruck eine für 20.000 Mark angeschaffte Prägemaschine entdeckt, die täglich 25.000 Stück Hartgeld prägen konnte. In Hannover seien ein Lokomotivführer und ein Schlosser wegen Anfertigung falscher Fünfzigpfennigstücke und belgischer Einfrancstücke verurteilt worden. In der Nähe von Sagan habe ein Architekt eine Werkstatt für falsche Einmarkstücke errichtet. Als der Mann festgenommen werden sollte, habe er sich erschossen.

Da die Fünfzigpfennigstücke von 1923 bis 1925 nicht fälschungssicher waren, hat man sie ab 1927 durch kleinere Ausgaben aus Nickel ersetzt.

Da sich selbst heutige Fachleute über die Echtheit dieser Stücke oft uneins sind, war es für damalige Betriebe und Unternehmen aller Art nicht möglich, Echtes von Falschem zu unterscheiden. Wenn mit echten auch falsche Münzen bei der Reichsbank eingeliefert wurden, erlitten sie große Verluste. Diese gehen nach damaligen Berichten in die tausende von Mark, die schwer zu verkraften waren. Gefälscht wurde in der damaligen Zeit und später eigentlich alles, was zu fälschen war, die hohe Kaufkraft der Münzen war zu verlockend. So war Vorsicht auch bei den silbernen Kurs- und Gedenkmünzen angebracht, so auch bei dem bekannten Fünfmarkstück „Eichbaum“ nach einem Entwurf von Josef Wackerle, das ab 1927 herauskam. Das „Sinnbild deutscher Kraft“ zeigt einige verdorrte Äste, die angeblich auf die abgetretenen deutschen Gebiete hindeuten sollen. Die seltene Ausgabe von 1933 mit dem Hamburger Münzzeichen J muss dabei besonders gut untersucht werden, denn es ist schon vorgekommen, dass die letzte 3 manipuliert wurde, um eine Wertsteigerung zu erzielen.

5 Mark, 1933, Deutsches Reich, Münzstätte Hamburg (Ag). [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Ein Jahr vor der Errichtung der NS-Diktatur machten die Kleinmünzen nach Raemischs Entwurf dem auch für die Gestaltung von Münzen und Geldscheinen zuständigen Reichskunstwart Edwin Redslob das Leben schwer. Das Modell mit den sechs Getreideähren und der Wertzahl in einem auf die Spitze gestellten Quadrat gab Anlass zu Rätselraten und Verdächtigungen. Offenbar ging die Kampagne gegen den Fünfziger und weitere Werte Anfang 1932 von München aus, der sogenannten „Hauptstadt der Bewegung“. Ein von „Rud. Schwartz“ herausgegebenes Flugblatt verdächtigt Raemischs Münzbild, der „Aufrichtung der Judenherrschaft über die ganze Welt“ das Wort reden zu wollen. Angeblich ragen aus dem Kubus mit der Wertzahl, der mit dem Tempelbau Salomons in Verbindung gebracht wird, „in Linksrichtung 4 Eichenblätter (in Deutschland dreht sich alles von der Rohrwinde bis zur Kaffeemühle nach rechts.) Der Jude schreibt & liest von rechts nach links! Dies das Siegeszeichen, denn nicht die Franzosen, Engländer oder Amerikaner haben den Krieg [den Ersten Weltkrieg, H. C.] gewonnen, sondern nur allein der Jude!!! - 4 Eichenblätter = 4 Kriegsjahre!“ Dem Flugblatt zufolge zeigt die Rückseite oberflächlich gesehen den Segen der Landwirtschaft. Die Kreuzung der Ährenhalme und ihrer Stützen ergebe ein gleichseitiges Dreieck, dies sei die Freimaurerkelle. Das Pamphlet fragt „Ist dies ein Zufall oder ein Symbol unserer Ausbeutung?“

Die judenfeindlichen Angriffe auf dem Flugblatt von 1932 gegen den Fünfziger aus den Jahren nach der Inflation sollten auch Reichskunstwart Edwin Redslob treffen. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar].

Selbstverständlich stellte sich der Reichskunstwart schützend vor den Münzgestalter und bemerkte auf Anfragen von Bürgern, „dass beim Prägebild der 5 und 10 Pfennigstücke weder vom Auftraggeber noch vom entwerfenden Künstler eine Symbolik irgendwelcher Art beabsichtigt gewesen ist.“ Die Fünf- und Zehnpfennigstücke wurden ungeachtet der Angriffe aus offenkundigen Nazi-Kreisen bis 1936 unverändert geprägt. Offenbar nahm selbst der NS-Staat an dem Design keinen Anstoß, das sogar auf Werbeplakaten für den so genannten Eintopfsonntag erschien. Raemischs Karriere hat es nicht geschadet, dass er der Urheber der Kleinmünze aus der Zeit nach der Inflation war. In der NS-Zeit war er an der künstlerischen Ausschmückung öffentlicher Bauten beteiligt, darunter auch solcher auf dem Berliner Olympiagelände.

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