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Dietmar Kreutzer

Ende des Shogunats: Japans Aufbruch in die Moderne

Am 8. Juli 1853 warfen vier US-Kriegsschiffe im Hafen vor Yedo, dem heutigen Tokio, ihre Anker. Kommodore Matthew Perry, der Befehlshaber des Verbandes, hatte einen freundlich gehaltenen Brief von US-Präsident Millard Fillmore für den japanischen Kaiser dabei. Es ging um die Öffnung des Landes für den internationalen Handel: „Wenn Eure Majestät nicht davon überzeugt ist, dass es gut wäre, die althergebrachten Gesetze, die Außenhandel verbieten, zu ändern, könnten sie für fünf oder zehn Jahre lang befristet aufgehoben werden. Wenn sich der Handel als nicht so günstig, wie man hoffte, erweisen sollte, werden die Gesetze wieder eingesetzt. Die Vereinigten Staaten begrenzen ihre Verträge mit ausländischen Staaten oft auf wenige Jahre und verlängern sie oder auch nicht, ganz wie es ihnen nützlich erscheint.“ (1) Der energische Kommodore Perry hatte jedoch noch einen zweiten Brief aufgesetzt, der wesentlich weniger höflich war. In ihm hieß es, dass die Amerikaner im folgenden Jahr mit weiteren Kriegsschiffen zurückkehren würden, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden.


Ankunft der "Schwarzen Schiffe" des Kommodore Perry in Japan (1853) - Bildquelle: Wikimedia, Apunin


Die Shogune der Tokugawa-Familie, die seit 1603 anstelle des Kaisers die Macht im Lande ausübten, gerieten nach dem zeitweiligen Abzug der Amerikaner in Streit. Einige wollten Perry bekämpfen, sobald er wieder auftauchte. Sie waren überzeugt, dass die Politik der Isolation gegenüber fremden Einflüssen beibehalten werden müsse. Andere traten für ein Abkommen ein, damit Zeit für eine ausreichende Bewaffnung des Landes gewonnen werde. Angesichts des technischen Rückstands sei es sinnvoll, die organisatorischen und technischen Kenntnisse der Fremden zu studieren. Der Streit über den richtigen Weg minderte das Ansehen der ursprünglich als mächtige Feldherren respektierten Shogune. Der damals nur als nationale Symbolfigur agierende Kaiser rügte das Verhalten der regierenden Shogune. Als Kommodore Perry im Februar 1854 mit acht Kriegsschiffen erneut in den Hafen einlief, kam es zu Verhandlungen. Im Ergebnis wurden die Häfen Shimoda und Hakodate als Schutzplätze für Amerikaner eröffnet und nach einer Übergangsfrist ein US-Konsul in Shimoda zugelassen. Der Vertrag vom 31. März 1854 sah zudem eine Meistbegünstigungsklausel im Handel für die Vereinigten Staaten vor.



Koban (Japan, 1860-1867, 574er Gold, 3,3 Gramm, 36,5 mm) – Bildquelle: NumisCorner


Das Währungssystem des Landes basierte nach der Machtübernahme durch die Tokugawa-Shogune im frühen 17. Jahrhundert auf dem Münzgewicht des Ryo von etwa 15 Gramm Gold. Standardmünze war der Koban im Gewicht eines Ryo. Daneben gab es Teilstücke wie den Ishibu Kin. In mehreren Landesteilen kursierten neben den Zahlungsmitteln aus Gold und Bronze aber traditionell auch Silberbarren und Silbermünzen: „So waren den seit dem 17. Jahrhundert in Japan zwei verschiedene Währungssysteme in Gebrauch. Die Goldwährung setzte sich vor allem im Osten Japans durch. Neben den Goldmünzen Koban und Ishibu Kin dienten Kupfermünzen als Kleingeld. Im Westen Japans dagegen herrschte die Silberwährung; außer den Silberbarren waren große Silbermünzen (Keisho Shogin) und kleine Silbermünzchen (Keisho Mameitagin) in Umlauf.“ (2) Die Preise im Handel zwischen den Regionen mussten in den Wechselstuben daher immer wieder neu bestimmt werden. Mit der Öffnung des Landes geriet dieses System ins Wanken. Japan erlebte einen erheblichen Abfluss von Goldmünzen.


Funktionsweise sogenannter Arbitrage-Geschäfte mit japanischen Goldmünzen – Bildquelle: Bank of Japan, Currency Museum


Grund war das japanische Wertverhältnis zwischen Gold und Silber: „Zu dieser Zeit konnte in Japan ein Gramm Gold etwa gegen fünf Gramm Silber eingetauscht werden, während im Ausland ein Gramm Gold etwa 15 Gramm Silber wert war. Da der Wert des Goldes in Japan im Vergleich zum Überseemarkt viel niedriger war, flossen viele Goldmünzen außer Landes. Ausländische Händler tauschten zunächst vier mexikanische Silbermünzen gegen zwölf Ichibu Kin aus Silber. Danach tauschten sie die Münzen in drei Koban-Goldmünzen. Außerhalb Japans wechselten sie die drei Koban gegen zwölf mexikanische Silbermünzen. Im Jahre 1860 senkte die japanische Regierung den Goldgehalt im Rahmen der Man'en-Neuprägung auf ein Drittel des alten Niveaus, um die Gold-Silber-Parität dem internationalen Niveau anzupassen. Dazu stellte sie neue Goldmünzen her, unter anderem die sehr kleinen Nibu Kin. Schließlich wurde ein weiterer Abfluss von Goldmünzen ins Ausland verhindert. Da die Münzen in großen Mengen ausgegeben wurden, um Haushaltsdefizite auszugleichen, kam es zu einer starken Inflation.“ (3)


Niedrig legierte Nibu-Kin-Goldmünzen (1868) aus der Übergangszeit vom Shogunat zur Meiji-Ära - Bildquelle: Clark Smith Numismatics

Nibu Kin (2 Bu, Japan, 1868, 229er Gold, 3 Gramm, 20 x 11 mm) – Bildquelle: VAuctions, Pars Coins Bargain E-Sale 25, Lot 167


Der Wertverfall des Münzgeldes mittels einer besonders niedrigen Goldlegierung war jedoch nur eine Zwischenlösung. Mit Kaiser Mutsuhito übernahm im Jahre 1867 nämlich ein junger und reformfreudiger Herrscher die Macht von den Shogunen. Das kapitalistische Wirtschaftssystem mit seinen technischen Neuerungen setzte sich schon nach kurzer Zeit durch. Auch das Finanzwesen wurde nach westlichem Vorbild reformiert. Die neue Münzverordnung von 1871 schuf den in Gold notierten Yen im Wert von einem US-Dollar. Im Alltag lief der Außenhandel allerdings mit mexikanischen Silberdollars. So etablierte sich ein bimetallisches Währungssystem mit Gold im Binnen- und Silber im Außenhandel. Der neue Yen war dezimal in 100 Sen zu je zehn Rin geteilt: „Von der britischen Münze in Hongkong erwarb die japanische Regierung moderne Prägemaschinen, die in Osaka aufgestellt wurden. Das Münzbild entwarf Kano Natsuo; es zeigt unter anderem die kaiserliche Chrysantheme und eine Strahlensonne.“ (4)

20 Yen (Japan, 1870, 900er Gold, 33,3 Gramm, 35 mm) – Bildquelle: Künker, Fall Auction Sales 351-354, Lot 1548)


Dietmar Kreutzer



Quellenangaben:


(1) 1854 - Japan und die Vereinigten Staaten; in: Die unendliche Weltgeschichte; Berlin 1999, S. 511

(2) Geld im Reich der aufgehenden Sonne II – Japans Weg zum Yen; auf: moneymuseum.com, S. 6

(3) The History of Japanese Currency; auf: imes.boj.or.jp

(4) Elvira und Victor Clain-Stefanelli: Das große Buch der Münzen und Medaillen; Augsburg 1991, S. 107




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