Hin und wieder besteht bei Volksfesten, Münzausstellungen und anderen Veranstaltungen die Gelegenheit, den Münzhammer zu schwingen und auf alten oder neuen Prägegeräten Souvenirmedaillen herzustellen. Dieses Vergnügen hatte ich unlängst beim Besuch der Wartburg bei Eisenach, wo kleine und große Gäste unter freiem Himmel und bestem Wetter auf einem nach alten Vorlagen nachgebauten Klippwerk Aluminiummedaillen in der Größe von Zwei-Euro-Stücken herstellen konnten. Ein lang gehegter Wunsch ging in Erfüllung, denn ich wusste von solchen Events, hatte aber niemals Gelegenheit, mich selber als „Münzmeister“ zu betätigen. Ich musste mit dem Hammer zweimal zuschlagen, bis ein relativ gut gelungenes Prägebild entstanden war. Münzknechten dürfte es in uralten Zeiten ähnlich ergangen sein.


Im Garten der Wartburg bei Eisenach konnte man für einen kleinen Obolus auf einem nach alten Vorlagen nachgebauten Klippwerk Aluminium-Medaillen in der Art
thüringischer Reiterbrakteaten herstellen. Fotos: Caspar.
Die seit dem Altertum angewandte Hammerprägung war nicht ganz ungefährlich und langwierig dazu. Man konnte sich bei der Herstellung von großen und kleinen Geldstücken schnell verletzen, außerdem erzielte man auf den zwischen Ober- und Unterstempel liegenden Metallstücken nicht immer ein makelloses Bild. Es kam zu Verrutschungen, Dopplungen und anderen Fehlern, wenn der Münzgeselle noch einmal zuschlagen musste. Die starke Beanspruchung des Stempels führte dazu, dass er oben ausfranste und immerzu durch ein neu graviertes Eisen ersetzt werden musste, was die Produktion verteuerte und den Münzgewinn verringerte.

Der Kupferstich aus dem 18. Jahrhundert zeigt eine Münzstätte, in der sowohl die Spindelpresse als vorn auch das Klippwerk im Einsatz sind. Repro: Caspar.
Da die Münzfertigung eine wichtige Einnahmequelle war, hatten Fürsten und Städte großes Interesse, durch Einsatz wirtschaftlicher und kraftsparender Verfahren die Kosten zu reduzieren, um einen möglichst hohen Schlagschatz einzufahren. Deshalb wurde nach Methoden und Geräten gesucht und auch viel Geld investiert, um den Münzbetrieb effektiver zu gestalten. Eines dieser Geräte war das Klippwerk, bei dem sich der Oberstempel in einer Schiene oder einem Rohr auf und ab bewegte. Mit Hilfe eines Steigbügels konnte der Oberstempel gehoben werden. Ein Verdrehen des Stempels und Verletzungen beim Prägen mit dem Hammer kamen seltener als bei der althergebrachten manuellen Prägemethode am Amboss vor.

Die vor rund 450 Jahren erfundene Spindelpresse und das Klippwerk erleichterten die Arbeit in den Münzschmieden wesentlich. Im Buch von Krünitz wird das Gerät ausführlich beschrieben und auch abgebildet. Repros: Caspar.

Vor allem kleine Sorten wie diese Silberpfennige deutscher Städte von Augsburg bis Köln und Nürnberg wurden auf Klippwerken gefertigt. Foto: Caspar.
Das Klippwerk, das ein Festhalten des Oberstempels mit der Hand überflüssig machte, nicht aber das manuelle Zuschlagen mit dem Hammer auf den Oberstempel, wurde vor allem bei kleineren Münzsorten eingesetzt. Am Klippwerk sind zwei Arbeiter tätig. Der eine sitzt auf einem niedrigen Schemel und setzt seinen rechten Fuß in einen Steigbügel, mit dem der Oberstempel hochgehoben wird. In der linken Hand hält er die Geldplatten – sogenannte Ronden oder Schrötlinge - , die er Stück für Stück auf den Unterstempel legt, nachdem der den Steigbügel niedergetreten und sich der Oberstempel gehoben hat. Der zweite Arbeiter steht hinter seinem Kollegen und schlägt mit dem Hammer kräftig auf den Oberstempel. Dieser prallt vom Stempel ab und fliegt durch die Gewalt des Schlages nun von selbst wieder in die Höhe. So wird Kraft beim Zuschlagen gespart.

Dargestellt ist das im 18. und 19. Jahrhundert aus der Mode gekommene Gerät samt wuchtigem Hammer auf einer Medaille der Kulturbund-Fachgruppe Pirna von 1981 mit der Wiedergabe eines sächsischen Talers aus dem frühen 16. Jahrhundert auf der Vorderseite. Sie vermerkt, dass das Klippwerk in Dresden, Paris, Berlin, Rostock und auf der Burg Stolpen im Einsatz war. Foto: Caspar.
Dass die Weimarer Herzöge in Eisenach große und kleine Münzen prägen ließen, ist bekannt, auch dass ihre Geldfabrik 1831 einem allgemeinen Münzstättensterben zum Opfer viel. Dass es aber unweit des Marktplatzes und Predigerplatzes eine Münzstraße gibt, war für mich eine angenehme Überraschung. Laut Straßenschild war sie von 1689 bis 1831 in Betrieb, und so dürfte in der Geldbörse des Weimarer Dichters und Ministers Johann Wolfgang von Goethe manch ein aus Eisenach stammender Taler, Dukat oder Groschen geklappert haben. Einer von Friedewald Berg verfassten Broschüre von 1999 über „Goethe in Eisenach“ ist zu entnehmen, dass der Vertraute von Herzog Karl August sehr wohl sah, wie schlecht es den armen Leuten in dem kleinen Herzogtum ging, und was zu tun sei, um die Not zu lindern. Seine Erfahrungen als Manager des herzoglichen Geld-, Münz- und Steuerwesens hat der Münzen und Medaillen sammelnde Dichter und Politiker unter anderem im zweiten Teil des „Faust“ verarbeitet. Dort erklären Höflinge dem Kaiser, was man alles mit den zu Goethes Zeiten noch sehr gewöhnungsbedürftigen Banknoten anstellen und wie man mit ihnen auf wundersame Weise Rechnungen begleichen und Schulden tilgen kann.

Große und kleine Geldstücke entstanden auf Spindelpressen und Klippwerken am Eisenacher Predigerplatz. Das Straßenschild ist dafür ein stummer Zeuge. Foto: Caspar.
Banknoten hatten in der Goethezeit einen schweren Stand. Man wusste, dass im revolutionären Frankreich Millionen Assignaten in Umlauf gesetzt wurden und sehr schnell ihren Wert verloren. Es war auch bekannt, wie schwer das Versprechen der Fürsten und Kommunen einzulösen ist, die bedruckten und zudem nicht fälschungssicheren Scheine in gutes Geld aus Gold und Silber einzutauschen. Die Möglichkeit aber, Banknoten gegen Edelmetall einzutauschen, stärkte nach und nach das Vertrauen in das Papiergeld, und so konnten die Regierungen dazu übergehen, große Mengen an Metallgeld durch Kassenscheine zu ersetzen, deren Design und Fälschungsschutz immer besser wurden. Die Vorteile des Papiergelds bei der Begleichung größerer Summen überwog schließlich das Misstrauen in der Bevölkerung. Als die alten Talerscheine abgenutzt waren, hat man sie gegen neue eingetauscht. Gut erhaltene sind heute sehr begehrte Sammlerstücke.
Die Münzen und Medaillen der thüringischen Herzogtümer sind gut erforscht und erfreuen sich bei Sammlern großer Beliebtheit. Manche sind sehr selten und teuer. Bis zum Ende der Monarchie prägten das Großherzogtum Sachsen Weimar und Eisenach sowie die Herzogtümer Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha so wie Sachsen-Meiningen mit den jeweiligen Landesfürsten geschmückte Reichsmünzen, die aufgrund ihrer oft geringen Auflage sehr teuer sind.

Dieser Brakteat, in Gotha oder Eisenach zwischen 1140 und 1172 geprägt, ist das Vorbild für die Souvenirmedaille von der Wartburg. Foto: https://ikmk.smb.museum/object?id=18205019.
Helmut Caspar
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