Österreich blickt auf eine lange Münzgeschichte zurück. Eine Gedenktafel am Hohen Markt in Wien erzählt, dass Herzog Leopold V. anno 1194 hier begann, das Lösegeld, das für den gefangen gesetzten König Richard von England gezahlt wurde, in Silberpfennige zu verwandeln. Der Kreuzfahrer mit dem Beinamen Löwenherz war bei der Rückkehr von einer Pilgerreise ins Heilige Land in Erdberg bei Wien gefangen genommen und auf die Burg Dürnstein bei Krems gebracht worden. Um ihn wieder freizubekommen, musste ein Lösegeld von 100 000 Mark Silber gezahlt werden, die Mark zu etwa 233 Gramm gerechnet. In England wurde für diese Riesensumme eine das Volk stark belastende Sondersteuer aufgelegt. Sogar Kirchenschätze und Tafelsilber wurden dafür eingeschmolzen. Der Kapitalabfluss hatte schwere soziale Unruhen zur Folge.
Der an der Lösegeld-Forderung beteiligte römisch-deutsche Kaiser Heinrich VI. und der aus der Familie der Babenberger stammende Herzog teilten sich das erpresste Geld. Leopold V. verwandelte das Silber in klingende Münze, doch reichten dazu die Kapazitäten seiner Prägeanstalten in Krems und an anderen Orten nicht aus. Deshalb beauftragte er Wiener Bürger und einen Münzmeister mit der Herstellung der so genannten Wiener Pfennige. So wurden seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert an verschiedenen Standorten Münzen geprägt – erst bescheidene Pfennige mit Herrscherbildnissen und Wappenschildern, dann größere Groschen und Goldgulden sowie seit dem späten Mittelalter Taler und ihre Teilstücke sowie in großer Zahl auch Medaillen.
Der immense Geldbedarf der österreich-ungarischen Monarchie konnte durch die Wiener Prägeanstalt nicht allein befriedigt werden, weshalb die Habsburger überall in ihrem Reich Münzstätten unterhielten. Sammler haben alle Hände voll zu tun, Belegstücke von allen Geldfabriken in Österreich, Ungarn, Böhmen und anderen Ländern zu bekommen. Am reichhaltigsten ist mit ihnen das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien ausgestattet. Von den römisch-deutschen und – ab 1806 – österreichischen Kaisern gefördert und von bedeutenden Numismatikern geleitet, zeigt es in einer sehenswerten Ausstellung die schönsten sowie geld- und kunstgeschichtlich interessantesten Stücke von der Antike bis zur Gegenwart.
Die Münze Oesterreich AG am Wiener Heumarkt gehört zu den führenden Prägeanstalten der Welt. Im Eingangsbereich sind Maschinen und Geräte ausgestellt, darunter eine aus dem 19. Jahrhundert stammende Kniehebelpresse und eine automatische Münzwaage. Mittels einer Reduziermaschine konnte man ein großes Münz- oder Medaillenmodell auf die Größe eines kleinen Prägestempels reduzieren. Mit Kniehebelpressen konnten Gold- und Silbermünzen sehr schnell und präzise hergestellt werden. Im frühen 19. Jahrhundert vom rheinischen Fabrikanten Diederich Uhlhorn konstruiert und in alle Himmelsrichtungen exportiert, standen die Münzpressen solange im Wiener Hauptmünzamt, bis sie durch neuartige, computergesteuerte Maschinen abgelöst wurden. Dafür, dass nicht alle Geräte verschrottet wurden, sondern einige ausgestellt sind, kann man der Münze Oesterreich AG nur danken.
Wer das ein paar Kilometer von der Wiener Innenstadt entfernte Barockschloss Schönbrunn besucht und sich eines der Deckenbilder in der Großen Galerie anschaut, wird dort eine kleine münztechnische Sensation entdecken. Dargestellt sind Männer, die mit kräftigem Schwung eine Spindelpresse anwerfen. Im späten 16. Jahrhundert war das mit langen, kugelbewehrten Schwungarmen am Ende einer Schraube ausgestattete Prägegerät bis ins 19. Jahrhundert hinein die beste und präziseste Prägemaschine. Da Kaiserin Maria Theresia und einige ihrer Familienmitglieder an der Münzprägung interessiert waren, verwundert es nicht, dass sie dieses Thema auf das von antiken Göttern bevölkerten Deckengemälde verewigen ließ.
Teil 2 unseres Beitrages finden Sie hier.
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