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Michael Kurt Sonntag

Ein Sechsfacher Golddukat aus Nürnberg auf den Frieden von Rijswijk

Auf den 1697 geschlossenen Frieden von Rijswijk (nahe Den Haag), emittierte die Stadt Nürnberg 1698 Goldstücke zu 9, 6, 5 und 4 Dukaten sowie einen Silbertaler. Auf der Vorderseite der Dukaten sehen wir die Silhouette der heil gebliebenen Stadt Nürnberg und darüber einen Strahlenkranz der Sonne mit dem hebräischen Wort "JAHWE" darin und lesen im Abschnitt: "MONETA REIPUB: / NORIMBERGENSIS. 1698. "(Münze der Stadt [wörtlich: Republik] Nürnberg 1698) Die Rückseite zeigt die Personifikation Nürnbergs (eine junge Frau mit Merkurstab [als Zeichen florierenden Handels] und Ölzweig [als Zeichen des Friedens]) auf einem Podest stehend und ihr vorgelagert zwei Putti, die das kleine und das große Stadtwappen Nürnbergs sowie einen Palmzweig halten. Die Münzumschrift lautet: "EXOPTATA DIV PAX COELI EX MVNERE VENIT" (Sehnlich erwünscht kommt endlich der Friede als Geschenk des Himmels). Die großgeschriebenen Buchstaben ergeben das Emissionsjahr MDCLXXXVVVIII [= 1698].

Nürnberg. 6 Dukaten 1698, Gold 20,81 g, Ø 43 mm, Münzstätte Nürnberg. Bildquelle: F. R. Künker, Auktion 350 (29. Juni–1. Juli 2021), Los 465.


Aber was war geschehen, dass man in Nürnberg den Frieden so sehr herbeisehnte? Nun, Ende des 17. Jahrhunderts schickte sich der französische „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. dazu an, die Macht Kaiser Leopolds I. (1658–1705) zu beschneiden und die französische Ostgrenze zum Rhein hin zu verschieben. Um angeblich ehemalige Territorien Frankreichs wieder zu gewinnen, erhob er nur schwer nachvollziehbare Ansprüche auf Gebiete des Heiligen Römischen Reiches, schürte Streitigkeiten, wann immer es ihm opportun erschien und wurde so zum großen Unruhestifter in Europa.


König Ludwig XIV. (1643–1715) im Krönungsornat (1701). Gemälde von Hyacinthe Rigaud (1653–1743). Standort: Louvre Museum, Paris. Bildquelle: Wikimedia Commons.


Ludwig XIV. erhob nach dem Tode von Karl II. von der Pfalz (1685) territoriale Ansprüche auf Gebiete der Pfalz im Namen seiner Schwägerin Elisabeth Charlotte von Orléans („Liselotte von der Pfalz“). Nun waren die Erbansprüche Elisabeths auf die Eigenbesitzungen des Pfälzer Hauses in ihrem Heiratsvertrag in der Tat nur unzureichend geregelt worden, doch hatte bereits Elisabeths Vater (Karl I. Ludwig) in seinem Testament jegliche Ansprüche Elisabeths auf eine territoriale Erbschaft ausgeschlossen.

Der Sonnenkönig ignorierte allerdings diesen letzten Willen des Pfälzer Kurfürsten und ließ ihn durch den Obersten Gerichtshof Frankreichs sogar für nichtig erklären. Und da Ludwig XIV. bereit war, seine Ansprüche mit Gewalt durchzusetzten, kam es von 1688–1697 zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich zum Pfälzischen Erbfolgekrieg auch Orléansscher Krieg genannt. Im Vorfeld zu diesem hatte sich 1686 jedoch das Defensivbündnis der Augsburger Allianz gebildet, dem Kaiser Leopold I., die Könige von Spanien und Schweden ebenso wie der bayerische Kurfürst Max II. Emanuel und der fränkische und oberrheinische Reichskreis angehörten. Bedeutendstes Mitglied des fränkischen Reichskreises war Nürnberg. 1689 traten der Augsburger Allianz dann noch England und die Niederlande bei. Die französischen Feldzüge unter dem französischen Heerführer Ezéchiel du Mas, comte de Mélac (1630–1704), verwüsteten 1689 die Pfalz – zerstörten das Heidelberger Schloss, setzten Heidelberg, Mannheim und die Kaiserdome von Worms und Speyer in Brand. Die Burg Landskorn und die Stadt Oppenheim wurden total zerstört. Später wurden auch die Städte Bretten, Knittlingen, Maulbronn, Pforzheim und Baden Baden beschossen und größtenteils in Brand gesteckt. Außerdem terrorisierte die französische Soldateska nach der Einnahme der Festung Landau die umliegenden Gebiete bis hin nach Rheinhessen und Württemberg. Es ist folglich kein Wunder, wenn General comte de Mélac den Besiegten in erster Reihe als schrecklicher Brandstifter galt und Künstler diesen in späterer Zeit auch als Offizier mit Brandfackel in der Hand darstellten.


General Ezéchiel du Mas, comte de Mélac mit Brandfackel in der Hand. Brückenfigur auf Säule stehend, von Peter Lenk in Hirsau. Bildquelle: –Xocolat, Wikimedia Commons.


Doch obwohl die Franzosen im gesamten Rheingebiet erhebliche Schäden und Verheerungen anrichteten und die Furcht vor ihnen bis Nürnberg zu spüren war, scheiterten sie am Ende. Die englisch-niederländische Flotte siegte 1692 in der Schlacht von La Hogue über die französische und auch an Land konnten die Franzosen sich letztlich nicht durchsetzen. Da die Kriegskosten Frankreich zudem an den Rand eines Staatsbankrotts gebracht hatten, beendete Ludwig XIV. diesen Erbfolgekrieg und verzichtete schließlich im Frieden von Rijswijk (20. September/30. Oktober 1697) auf alle rechtsrheinischen Eroberungen sowie auf Lothringen und die Pfalz. Straßburg und das Elsaß durfte der Sonnenkönig aber behalten.


Im süddeutschen Raum soll damals übrigens, abgeleitet vom Namen des französischen Heerführers Ezéchiel du Mas, comte de Mélac, das Schimpfwort „Lackel“ aufgekommen sein. Wenn man in Nürnberg über das Ende dieses Krieges hocherfreut und äußerst glücklich darüber war, dass der „Lackel“ es letztlich nicht bis nach Franken geschafft hatte, so ist das, angesichts der Verheerungen und Verwüstungen in der Pfalz und im Rheinland sehr gut nachvollziehbar. Ebenso nachvollziebar ist die Tatsache, dass man dem sehnlich erwünschten Frieden von Rijswijk mit imposanten Goldmünzen und einem Silbertaler gedachte.


Das zu Beginn gezeigte Goldstück zu 6 Dukaten, das heute sehr selten ist, gelangte im Juli 2021 in der 350. Auktion von F. R. Künker zur Versteigerung. Sein Schätzpreis betrug 75.000,– Euro. Der Zuschlag erfolgte bei 120.000,– Euro.


Michael Kurt Sonntag

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