top of page

Ein bemerkenswerter Münzfund im Trentino

Andreas Raffeiner

Rückblick auf einen historischen Schatz

Vor rund einem halben Jahrhundert fand ein Heimatforscher bei einer Sondierung des Schuttkegels am Fuße der imposanten Felsformation, auf der die Anlage von San Romedio im Nonstal (Provinz Trient, Norditalien) thront, zahlreiche Fundstücke. Unter den zahlreichen Tonscherben und Knochen befand sich auch eine kleine Münze von enormer Bedeutung – ein Denar, der eindeutig Pippin dem Kurzen zugeordnet werden kann. Darüber hinaus kamen ein „piccolo“ aus Verona (13. Jahrhundert) sowie ein Vierer aus Görz aus der Zeit Maximilians ans Licht.


Wallfahrtskirche San Romedio, Sanzeno

Bildquelle: Wikimedia, Luca Giarelli


Die Fundstelle und ihre Bedeutung

Die Fundstelle stellte sich als ein Abfallhaufen heraus, in dem über Jahrhunderte hinweg allerlei Materialien vom Felsen herabgeworfen oder zufällig gefallen waren. Eine genaue Datierung der Schichten ist schwer, doch lassen sich gewisse Abfolgen aufgrund der Sterilität einiger Schichten aus Fluss- und Schottermaterial erkennen, die nach Überschwemmungen und starken Regenfällen gebildet worden sein dürften.


Die Münze Pippins aus San Romedio (Trentino, Norditalien)

Bildquelle: Anton von Lutterotti in Der Schlern 4, 1975, S. 174–176.


Die Pippinsche Münze im Detail

Die Münze ist ein silberner Denar mit einem Durchmesser von 16 mm und einem Gewicht von 1 g. Sie weist sehr interessante Merkmale sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite auf. Auf der Vorderseite befinden sich die Buchstaben „R P“, die als „Rex Pipinus“ interpretiert werden könnten, wenngleich die genaue Lesart von „Pippin Rex“ ungewöhnlicher wäre. Auf der Rückseite gibt es eine Inschrift, die durch horizontale Linien getrennt ist und mit einem Perlkreis eingerahmt wird. Das Geldstück ähnelt einem Stück aus Maurice Prous Katalog aus dem Jahr 1892, zeigt aber bedeutsame Unterschiede, die auf eine bisher unedierte Variante hindeuten.


Der Münzmeister und die historische Einordnung

Die Inschrift auf der Rückseite deutet auf den Münzmeister „Auttramno“ hin, der auch auf anderen Münzen Pippins und Karls des Großen nachweisbar ist. Die Münze gehört eindeutig zu der Münzreform von Pippin dem Kurzen (752–768), die die groben Merowinger-Münzen durch feinere und standardisierte Schrötlinge ersetzte. Diese Geldstücke trugen den Namen des Königs, was ein eindeutiger Hinweis auf die Reform ist.


Die Münzstätten und ihre Bedeutung für den Fund

Während Pippin Münzen in unterschiedlichen Regionen, hauptsächlich im heutigen Mittel- und Nordfrankreich, prägen ließ, wurde die Münze aus San Romedio vermutlich nicht in der Nähe hergestellt. Dies betont ihre Seltenheit und die außerordentliche Bedeutung des Fundes, der als ein Indiz auf den frühen geschichtlichen Kontext des bekannten Wallfahrtsortes gilt.


Beweis für die frühe Existenz des Wallfahrtsortes

Dieser Münzfund könnte der älteste Hinweis auf das Bestehen des Wallfahrtsortes von San Romedio sein und widerlegt Theorien, die den Ursprung des Ortes erst im 12. Jahrhundert annehmen. Der Fund spricht dafür, dass San Romedio schon im 8. Jahrhundert ein Ziel für fromme und gläubige Pilger war, lange bevor die schriftlichen Zeugnisse darüber auftauchen.


Weg der Münze nach San Romedio

Die Frage, wie die Münze nach San Romedio gelangte, kann nur einer spekulativen Antwort zugeführt werden. Möglich ist ein Kontext mit den Feldzügen Pippins in Italien, als er über die angreifenden Langobarden triumphierte. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das Geldstück durch Herzog Tassilo III. von Bayern, der enge Beziehungen zum fränkischen Reich unterhielt, in das Fundgebiet gelangte. Es ist durchaus auch im Bereich des Möglichen, dass ein Pilger die Münze während dieser Zeit in San Romedio zurückließ oder verloren hatte.


Ausblick und Bedeutung für die Forschung

Münzfunde in Abfallhaufen sind rar, und sollte es sich bei San Romedio nur um den Verlust eines einzigen Geldstückes handeln, so kann dieser Fund weitere Ausgrabungen anregen. Solche Funde helfen in Zukunft, die Geschichte des Wallfahrtsortes zu entschlüsseln und Beweise für seine frühe Relevanz ans Tageslicht zu bringen.


Andreas Raffeiner

 


Benutzte und weiterführende Literatur

Außerer, Carl: Der Adel des Nonsberges. Sein Verhältnis zu den Bischöfen und zu den Landesfürsten, seine Schlösser, Burgen und Edelsitze, seine Organisation, Freiheiten und Rechte. Die „Nobili rurali“, in: Jahrbuch der heraldischen Gesellschaft Adler in Wien, Neue Folge, Bd. 9 (1899) S. 13–252.

Bologani, Bonifacio: Storia, tradizione, arte, culto nel Santuario di San Romedio, Trento 1962.

Bosl, Karl: Europa im Mittelalter. Weltgeschichte eines Jahrtausends, Wien/Heidelberg 1970.

Inama, Vigilio: Storia della valli di Non e di Sole, Trento 1905.

Panizza, Giovanni: I Santi Martiri Anaunensi, Trento 1959.

Passamani, Bruno: La scultura Romanica nel Trentino, Trento 1963.

Probszt, Günther: Österreichische Münz- und Geldgeschichte, Wien 1973.

Prou, Maurice: Les monnaies Carolingiennes, Paris 1892.

Stolz, Otto: Geschichte des Landes Tirol, Innsbruck 1955.

Suhle, Arthur: Die deutschen Münzen des Mittelalters, Berlin 1936.

Comentários


www.muenzen-online.com | Regenstauf

© 2025 Battenberg Bayerland Verlag GmbH

bottom of page