Der im Frühjahr 83 begonnene Präventivfeldzug gegen die Chatten endete offiziell mit dem noch im Jahr 83 gefeierten Triumph Domitians über diesen germanischen Volksstamm sowie mit der Annahme des Ehrentitels „Germanicus“ (Sieger über die Germanen) durch Domitian. Wir kennen aufgrund der schlechten Quellenlage weder die Dauer noch das genaue Enddatum des „bellum Germanicum“. Was wir allerdings sehr genau kennen, ist die Fülle an Münzprägungen, die sich auf diesen Krieg und auf diesen Sieg beziehen. Diese Prägungen nehmen gerade in den Jahren 85 bis 87 einen breiten Raum innerhalb der Gesamtmünzprägung Domitians ein. Dadurch wird die Bedeutung dieses Sieges für Domitian deutlich unterstrichen. Wobei hier die Chatten quasi als „pars pro toto“ für alle Germanen stehen. Waren die Germanen doch jeher der „Angstgegner“ Roms.

Abb. 1: Dp, 85, Rom, RIC II-12 296
Bildquelle: https://ikmk.uni-freiburg.de/object?id=ID2761
Der Dupondius (Abb. 1) besticht nicht nur durch seine schöne Färbung, sondern auch durch die Darstellung auf seiner Rückseite. Zwischen den für Aes-Nominale üblichen Buchstaben SC sind zwei gekreuzte germanische Schilde zu sehen: die Schilde sind sechseckig, besitzen einen deutlich erkennbaren Mittelgrat und sind in der Fläche mit Rund- und in der Mitte mit floralen Ornamenten verziert. In der Schildmitte befindet sich ein markanter Schildbuckel. Als germanische Schilde sind sie dem römischen Betrachter insofern bekannt, weil auf Prägungen mit dem Bild der besiegten Germania diese auf einem ebensolchen Schild sitzt. Daher dürfte die Assoziation von der besiegten Germania hin zu dem Schildtyp relativ leicht gefallen sein. Hinter den Schilden befinden sich jeweils zwei Speere, deren untere und obere Enden über die Schilde hinausragen. In der Mitte steht ein „vexillum“, eine Truppenfahne, dessen „Fahnentuch“ unten in schön geordneten Fransen ausläuft, und das oben von einem Kranz bekrönt wird. Links und rechts des „vexillum“ sind die Enden von jeweils einer „tuba“, einer Trompete, zu sehen. Zu Seiten des Schildkreuzes erkennt man noch die Enden einer „Girlande“, die wohl zum Schmuck des „vexillum“ gehört haben dürfte. In dem Reversbild darf man eine Art „tropaeum“, ein Siegesmal, sehen: das römische „vexillum“ überragt die Waffen der besiegten Germanen. Auf eine Umschrift wird verzichtet, das Bild spricht für sich.
Auf dem Avers ist die nach rechts gerichtete Büste Domitians mit Strahlenkranz abgebildet. Der Strahlenkranz wird seit Nero als Zeichen für doppelte Nominale, hier des Dupondius, verwendet. Am Brustansatz ist sehr schön die Aegis zu erkennen. Mit diesem göttlichen Attribut ließ sich als erster Dynast Alexander der Große darstellen. Die Aegis steht damit als Reminiszenz an diesen und seine feldherrlichen und göttlichen Fähigkeiten. Die Averslegende „IMP CAES DOMITIAN AVG GERM C[O]S XI“ (Imperator Caesar Domitianus Augustus Germanicus Consul XI) datiert unseren Dupondius durch die Angabe des elften Konsulats Domitians ins Jahr 85.
Abb. 2: D, ca 41 - 45, Rom, RIC I2 Claudius 74
Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18210937
Dass es sich bei dem Reversbild des Dupondius um keine Neuschöpfung der domitianischen Stempelschneider gehandelt hat, zeigt der Denar (Abb. 2). Dieser wurde wohl zwischen 41 und 45 von Kaiser Claudius zu Ehren seines Vaters Nero Claudius Drusus (Drusus, der Ältere) geprägt. Drusus führte zahlreiche Feldzüge gegen die Germanen und wurde dafür auch mit den „ornamenta triumphalia“ und einer „ovatio“ ausgezeichnet. Im Gegensatz zum Dupondius-Bild wird auf dem Denar die Darstellung durch die Legende „DE GERMANIS“ (der Sieg über die Germanen) erläutert.
Abb. 3: S, 87, Rom, RIC II-12 530
Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18232830
Auch bei unserem zweiten Münzbeispiel (Abb. 3), einem Sesterz aus dem Jahr 87, wird auf dem Revers auf eine Umschrift verzichtet. Lediglich im Abschnitt sind die üblichen Buchstaben SC zu lesen. Die Rückseitendarstellung innerhalb eines feinen Perlkreises ist sehr dynamisch und mit einer klaren Aussage: ein nach rechts hin sprengender Reiter, in dem man zweifellos Domitian sehen darf, dessen auf den Hinterbeinen stehendes Pferd sich über einen vor ihm knieenden Krieger erhebt. Die Mähne des Pferdes ist reich verziert, deutlich ist auch die „fellähnliche“ Schabracke zu erkennen. Der Kaiser trägt einen Brustpanzer und darüber einen weit nach hinten flatternden Mantel, wodurch die Dynamik der Bewegung unterstrichen wird. Auch der weit nach hinten ragende rechte Unterschenkel Domitians sowie der erhobene rechte Arm mit dem Speer tragen zu dieser Dynamik bei. Mit seiner Linken hält der Kaiser ein großes sechseckiges Schild. Dieses Schild ist bei einem Reiter sehr ungewöhnlich. Normalerweise sind Reiter mit relativ kleinen, leicht zu handhabenden Rundschilden ausgestattet. Die Form des von Domitian benutzten Schildes gleicht der des „niedergerittenen“ Kriegers, bei dem es sich unzweifelhaft wieder um ein germanisches Schild handelt. Sieger und Besiegter tragen somit die gleiche Schildart. Der auf sein linkes Knie niedergesunkene Germane hat zwar sein Schwert noch zum Schlag erhoben, doch scheint es sich hier um ein letztes Aufbäumen zu handeln. Denn durch die Bilddynamik steht der Sieger eindeutig fest. Eine solche Bildformel findet sich bereits auf Prägungen Vespasians für Titus aus dem Jahr 72 (z. B. RIC II-12 Nr. 430), wobei Titus keinerlei Schild trägt.
Auf dem Avers ist der nach rechts gerichtete Kopf Domitians mit Lorbeerkranz abgebildet. Am Halsansatz befindet sich wieder das Gorgoneion der Aegis. Die im Uhrzeigersinn verlaufende Legende „IMP CAES DOMIT AVG GERM COS XIII CENS PER P P“ (Imperator Caesar Domitianus Augustus Germanicus Consul XIII Censor Perpetuus Pater Patriae - …. Censor auf Lebenszeit, Vater des Vaterlandes) datiert unseren Sesterz durch die Angabe des dreizehnten Konsulats des Domitian in das Jahr 87.
In die Reihe der eben beschriebenen Münzen gehört auch der Sesterz (Abb. 4) aus dem Jahr 86. Seine Rückseite besitzt wiederum keine Umschrift, d. h. das Münzbild muss für sich sprechen. In Bildmitte ist ein nach links gerichteter Feldherr abgebildet, der fast die gesamte verfügbare Höhe der Münze einnimmt, in dem man sicherlich Domitian sehen darf. Bekleidet ist Domitian mit reich ornamentierten Stiefeln und einer Tunika, über der er einen Brustpanzer trägt. An beiden Oberarmen sind die Pteryges deutlich zu erkennen. Der auf der rechten Schulter mittels einer Rundfibel geschlossene Feldherrenmantel, das „paludamentum“, hängt über dem Rücken herab. Die erhobene linke Hand stützt sich auf einen Speer, dessen Spitze unten am Boden aufsteht. Im rechten Arm hält Domitian ein Kurzschwert, ein Parazonium. Domitian setzt seinen rechten Fuß auf das Knie einer links vor ihm liegenden Figur. Militärische Tracht, Bewaffnung und die Standhaltung zeigen Domitian eindeutig in Siegerpose. Demzufolge ist der Besiegte sicherlich in der liegenden Figur zu sehen.
Abb. 4: S, 86, Rom, RIC II-12 468
Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18232821
Bei dieser handelt es sich um einen bärtigen Mann mit muskulösem Oberkörper, der im Gegensatz zum Unterleib und den Beinen unbedeckt bleibt. Der Mann stützt sich mit seinem rechten Arm auf eine Urne, in der man in Verbindung mit dem langen Schilfrohr, das unsere Figur in ihrer Linken hält, eine Quellurne sehen darf. Diese Art der Darstellung ist in der römischen Kunst sehr gebräuchlich, es handelt sich hierbei um das Abbild eines Flußgottes. Dieser wird nicht benannt, weder durch eine Beischrift noch durch ein besonderes Symbol. Der Name des Flussgottes erschließt sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang, d. h. den Germanenkrieg, in dem der Sesterz steht. Daher kann es sich bei
dem Flussgott nur um die Personifikation des Rheins handeln. Der Rhein spielte seit Caesar in der römischen Geschichte immer eine wichtige Rolle, sei es als Grenze, sei es als Ausgangspunkt für militärische Expeditionen in das sogenannte „freie“ Germanien. Wer den Rhein beherrscht, ist auch Herr über Germanien. Diese geistige Assoziation war seit Caesar immer wieder vorhanden, auch wenn sie mit der tatsächlichen Realität wenig zu tun hatte. Domitian greift diese Vorstellung wieder auf, indem er sich auf dem Sesterz in genau dieser Form darstellen lässt. Fraglich bleibt natürlich, inwieweit der ganz normale Römer, in dessen Hände diese Münze irgendwann gelangte, diese Interpretation und diese Verbindung vornehmen konnte.
Die Münzvorderseite bietet hinsichtlich des Münzporträts nichts Neues, sehr schön ist das Gorgoneion der Aegis zu erkennen. Die Legende „IMP CAES DOMIT AVG GERM COS XII CENS PER P P“ gleicht derjenigen des Sesterz (Abb. 3), lediglich die Angabe des Konsulats ist anders.
Bereits die kleine, hier getroffene Auswahl von Prägungen Domitians aus den Jahren 85 bis 87 zeigt mehr als deutlich, wie der Sieg über die Chatten in der stadtrömischen Münzprägung thematisiert wurde. Ohne den Besiegten direkt zu nennen, wird der Kaiser als der Sieger hervorgehoben. Durch die Fülle an Prägungen zu diesem Thema werden die militärischen Erfolge und Leistungen Domitians so stark betont, dass der Betrachter den Eindruck bekommen konnte, Domitian wäre weit erfolgreicher als sein Vater Vespasian und sein Bruder Titus. Somit war das Ziel des „bellum Germanicum“ aus Domitians Sicht voll erreicht.
Horst Herzog
Comments