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Dietmar Kreutzer

Domingo Sarmientos Reise durch die Vereinigten Staaten (1847)

Im Auftrag der chilenischen Regierung bereiste der argentinische Journalist und Bildungsexperte Domingo Faustino Sarmiento (1811–1888) im Jahre 1847 die Vereinigten Staaten von Amerika.

Seine Reiseeindrücke und die finanziellen Aufwendungen hat er detailliert niedergelegt. In einem Vorwort zu seinem wiederentdeckten Bericht heißt es: „Ende Juli desselben Jahres schiffte sich Sarmiento nach New York ein, obwohl ihm nach seinen Studien in Nordafrika und Europa nur noch knapp sechshundert Dollar von dem Geld blieben, das ihm die chilenische Regierung für die Kosten seiner Reisen zugestanden hatte. Sein Plan war es, in den Vereinigten Staaten so lange zu reisen, wie es finanziell möglich war, Havanna und das Ende seiner Mittel gleichzeitig zu erreichen und, einmal in einem spanischsprachigen Land, genug Geld mit journalistischer Tätigkeit zu verdienen, um nach Venezuela weiterzureisen, den Kontinent nach Bogotá zu durchqueren und über Guayaquil nach Chile zu gelangen.“(1) Seine Reisekasse war also knapp bemessen.


Sm-1: Domingo Faustino Sarmiento (1811-1888), Bildquelle: Wikimedia, Academia Nacional (mit KI restauriert).



In New York angekommen, stellte Sarmiento zunächst fest, dass sich fast alles um Geld drehte: „Die ganze Energie der Nation ist dem großen Unternehmen der heutigen Generationen gewidmet, der Anhäufung von Kapital und dem Besitz von möglichst viel Eigentum, um sich im Leben zu etablieren.“(2)

Unterwegs trafen Sarmiento und sein Begleiter Arcos ein zehnjähriges Kind: "Wie läuft dein Geschäft?", fragte Begleiter Arcos den cleveren Jungen, der den beiden einen Überblick über die wichtigsten Bücher, Zeitschriften und Broschüren gab und sie ihnen schmackhaft zu machen suchte. „Es läuft gut. Seit drei Jahren verdiene ich damit meinen Lebensunterhalt, und ich habe bereits dreihundert Dollar gespart.

In diesem Jahr werde ich die fünfhundert Dollar zusammenbringen, die ich benötige, um mit William eine Partnerschaft einzugehen und einen Buchladen zu eröffnen, mit dem ich innerhalb des gesamten Staates arbeiten kann.“(3) Ein anderer Jüngling, den er traf, war unterwegs in Richtung Westen, um für 600 US-Dollars Land zu kaufen.


Die damals zwanzig Millionen Einwohner der Vereinigten Staaten konnten freilich nicht auf ein finanzielles Erbe zurückgreifen. Die vor allem aus Zuwanderern zusammengesetzte Bevölkerung musste sich ihren Lebensunterhalt erst verdienen. Wie das ging, schilderte Sarmiento an einem Beispiel.

Ein Geschäftsmann kaufte 4000 Fässer Mehl zu einem bestimmten Preis. Wenn er die Ladung vier Monate später verschiffen wollte, konnte der Preis bereits niedriger liegen. Manchmal bekam er noch nicht einmal das, weil sein Kunde zahlungsunfähig war. Erst wenn er alle Fallstricke kannte, konnte er reich werden. Wie er das Vermögen ausgab, war seltsam. „Der Amerikaner erfüllt mit seinem Geld Verpflichtungen und Wünsche des Herzens und des Geistes. Wenn er sein Jahresbudget auflisten würde, wäre es etwa so: 100 Dollar für Nahrung und Kleidung; 20 Dollar für die Verbreitung guter religiöser Ideen; 10 Dollar für philanthropische Arbeit; 50 Dollar für politische Zwecke; 30 Dollar für die Zivilisierung der Barbaren. Mit den Früchten seiner Arbeit, die er auf diese Weise investiert, hat er das Recht, egoistisch, starrsinnig und selbstsüchtig zu sein.“ (4)


Vieles am Benehmen des durchschnittlichen US-Amerikaners war ungewöhnlich. Beispielsweise die militärisch anmutende Essenausgabe in den Hotels mit zahlreichen schriftlich fixierten Regeln und Verboten: „Da diese Gesetzmäßigkeiten bekannt sind, stellt sich das gastronomische Publikum automatisch hinter den Stühlen auf, legt beide Hände auf die Stuhllehne und richtet alle Augen auf den Bediensteten, der mit der Glocke das gewünschte Signal gibt. Ein lautes Scharren der Stühle auf dem Boden begleitet das schrille Klirren. (…) Sofort beginnt ein Getöse von Tellern, Messern und Gabeln,

das fünf Minuten lang anhält und die ganze Welt im Umkreis von einer halben Meile wissen lässt, dass im Hotel gegessen wird. Es ist unmöglich, inmitten dieses Getöses den Ablauf der Mahlzeit mit dem Auge

zu verfolgen, trotz der Aktivität und des Geschicks von fünfzig oder hundert Bediensteten, die sich bemühen, dem Abdecken der Teller und dem Einschenken von Tee und Kaffee einen gewissen Stil zu verleihen. Der Amerikaner hat zwei Minuten für das Mittagessen, fünf für das Abendessen, zehn für eine Zigarette oder den Kautabak.“ (5)

Sm-2: 1 US-Dollar (USA, 1847, 900er Silber, 26,7 Gramm, 38 mm), Bildquelle: Numismatic Guaranty Comp.



Der Luxus auf den Flussdampfern überraschte ihn dagegen angenehm: „Es sind schwimmende Paläste, drei Stockwerke hoch, mit Galerien und Dächern für Promenaden. Gold glänzt in den Kapitellen und Architraven der tausend Säulen, die, wie bei der Isaac Newton, monströse Säle flankieren, die den Senat und das Repräsentantenhaus aufnehmen können. Kunstvoll drapierte Damastvorhänge verbergen Kabinen für fünfhundert Passagiere, und es gibt einen kolossalen Speisesaal mit einem endlosen Tisch aus poliertem Mahagoni und Porzellan- und Tellerservice für tausend Gäste. Dieses Schiff kann zweitausend Passagiere befördern; es hat siebenhundertfünfzig Betten, zweihundert private Kabinen;

es misst dreihunderteinundvierzig Fuß in der Länge, fünfundachtzig in der Breite, und es trägt eintausend, für hundertfünfzig Tonnen zusätzlich.“ (6) Die Preise waren erstaunlich zivilisiert. Für die 144 Meilen von New York nach Albany zahlte Sarmiento einen US-Dollar. Keine der Dampferfahrten kostete viel.

Die Fahrt in einem Zug von Albany nach Buffalo über 352 Meilen schlug dagegen mit stolzen zwölf US-Dollars zu Buche.

Sm-3: 1 Peso (Mexiko, 1847, 903er Silber, 27,1 Gramm, 39 mm) , Bildquelle: Numismatic Guaranty Comp.

Sm-4: Peso (Chile, 1839, 902er Silber, 26,7 Gramm, 39 mm), Bildquelle: Numista, Heritage Auctions.



Die im Anhang seiner Reisebeschreibungen aufgeführten Ausgaben zeigen, dass Sarmiento für seinen mehrtägigen Aufenthalt in New York eine Hotelrechnung von 12 Dollars und 75 Cent zu begleichen hatte. Heute wären es mehrere hundert US-Dollars. Ein Grundkurs in Englisch kostete ihn zwei Dollars und 50 Cents. Das Wechseln seines ausländischen Geldes war fast ebenso teuer – zwei Dollars und 30 Cents.

Er bekam dafür US-amerikanische Banknoten und Silberdollars. Auch südamerikanische Pesos im etwaigen Wert eines Dollars waren zu dieser Zeit in den Staaten noch kursfähig. In Boston gab er in einer Woche etwa 36 US-Dollars aus, in Washington knapp 37 US-Dollars. An den letzten Tagen der Reise schaute Sarmiento zunehmend besorgt in seinen Geldbeutel: „Ich hatte zweiundzwanzig Guineas und dreißig Papier-Pesos in der Tasche, nicht mehr und nicht weniger. Ich nahm meinen Mut zusammen und legte meine finanzielle Situation mit der ganzen Würde eines Menschen dar, der nicht um Hilfe bittet und sie auch nicht annehmen will, indem ich vorschlug, mich in Havanna von Arcos zu trennen und von dort aus über Caracas weiterzureisen.“ (7) So kam es auch.


Dietmar Kreutzer


Anmerkungen

(1) A United States tour by Sarmiento in 1847; auf: read.dukeupress.edu, S. 191

(2) Sarmiento’s Travels in the United States in 1847; Princeton 1970, S. 184

(3) Ebenda, S. 159

(4) Ebenda, S. 206f.

(5) Ebenda, S. 147

(6) Sarmiento’s Travels, S. 194

(7) A United States tour, S. 249

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