Während des Zweiten Weltkrieges besetzten deutsche und rumänische Einheiten im Hebst 1941 die Stadt Odessa (Ukraine). Georgi Nikolajewitsch Kolesnitschuk, ein mit den Partisanen kooperierender Händler, verkaufte ab sofort seine Waren nicht mehr für Sowjet-Rubel: „Seine Kasse füllte sich mit Besatzungsgeld, sogar einige Hundert Reichsmark waren darin enthalten.“ (Valentin Katajew: In den Katakomben von Odessa, Berlin 1986, S. 269). Da betrat ein rumänischer Kollege das Geschäft und überreichte ihm eine Visitenkarte. Ionel Mirea stand auf der Karte, darunter seine Funktion als Generalvertreter der Firma Metod Munteanu und Söhne in Bukarest mit Filialen in Berlin, Wien, Kopenhagen, Ankara und Montevideo: „Unsere Firma interessiert sich für erstklassige Textilerzeugnisse, insbesondere für Lână […] wie heißt das auf Russisch? Wollene Anzugsstoffe. Ja, Anzugsstoffe. Sie verkaufen ihn en détail zu sechzig bis siebzig Mark das Meter. Ich biete Ihnen hundert Mark pro Meter und nehme gleich eine unbegrenzte Menge.“ (Ebd., S. 286). Als das Geschäft abgeschlossen war, legte der Vertreter sechshundert neue Besatzungsmark in bar auf den Tisch und dreitausend in Wechseln der Firma Metod Monteanu und Söhne. Danach verlud Mirea den Leningrader Stoff rasch auf einer alten Pferdedroschke. Als Kolesnitschuk den Wechsel am nächsten Tag einlösen wollte, schaute der Bankangestellte nur kurz auf das Papier. Dann gab er es mit einer knappen Bemerkung zurück: „Faul. Ein Esroc!“ Kolesnitschuk war einem Gauner aufgesessen!
Dem Ladeninhaber und seinen Freunde von den Partisanen war von früher noch das Gebaren der Geldwechsler gewärtig, die einst auf dem Marktplatz an der Katharinenstraße tätig waren. Auf zerschlissenen alten Sesseln saßen dort Männer hinter grünen Truhen, sortierten Silber- und Kupfermünzen, stapelten sie zu Häufchen und kleinen Säulen. In den geübten Händen der Wechsler flogen die Münzen klirrend und klimpernd hin und her, erfüllten die Luft mit einer leisen Musik. Der Partisan Pjotr Wassiljewitsch weiß noch, wie er als Kind daneben stand und staunte: „Was gab es hier nicht alles für Geldsorten! Anscheinend hatten alle Länder der Welt ihre kleinen Münzen eigens dazu hergesandt, damit sie hier in Odessa, während sie in den Fingern der Händler hin und her hüpften, bald teurer, bald billiger wurden und dann wieder teurer, dem dunklen Gesetz eines ‚Kurses‘ gehorchten, der hier im Schatten der unheimlichen Schirme herrschte. Da blinkten türkische Piaster und italienische Lire, Schweizer Franken und französische Franc, amerikanische Cents, englische Schillinge und kleine chinesische Münzen mit Löchern in der Mitte, japanische Yen, Berge von Milreis, da wurden griechische Drachmen, rumänische Lei, bulgarische Lewa , serbische Dinare, spanische Peseten, indische Rupien zu Türmchen gestapelt. Jede Münze trug das Wahrzeichen ihres Landes – ein Kreuz, einen Löwen, eine Frau, einen Königskopf, eine Hieroglyphe oder irgendein anderes merkwürdiges Zeichen wie das türkische Osman-Emblem, das einem Daumenabdruck ähnelt.“ (Ebd., S. 321). Als kleiner Junge hatte er gedacht, dass auf den Deckeln der Truhen nicht nur Münzen, sondern ganze Staaten mit ihren Wahrzeichen, Wappen und Monarchen hin und her geschoben wurden. Die Matrosen, die hier zum Wechseln kamen, wurden oftmals betrogen.
In den ersten Jahren nach der Oktoberrevolution hatte sich das Bild verändert. In jener Zeit wurden an der Ecke Katharinen-, Deribassowstraße bunte Packen von Papiergeld getauscht. Seltsame Männer tauchten in den Hauseingängen auf: „Sie klimperten mit goldenen Zehnrubelstücken aus der Zarenzeit und raschelten mit den neuen Tscherwonzen-Scheinen.“ (Ebd, S. 322). Und nun, während der deutschen Besatzung, war es also ähnlich. An der Ecke zur Adolf-Hitler-Straße gingen Leute in sandfarbenen Jacketts auf und ab. Einer von ihnen schlich mit dem Gang eines Spürhundes an Pjotr Wassiljewitsch vorbei und murmelte: „Pfunde, Dollars, Schweizer Franken?“ Er zischte, flötete wollüstig: „Türkische Piaster? Reichsmark? Sowjetische Tscherwonzen?“ (Ebd., S. 323f.).
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