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Michael Kurt Sonntag

Die diversen Münzporträts Eukratides´ I. (171-145 v. Chr.)

Um die Macht in Baktrien an sich zu reißen, hatte der Usurpator Eukratides I. um 171 v. Chr. – er war der Sohn eines gewissen Heliokles und der Laodike – einen Aufstand gegen den rechtmäßigen König Demetrios II. angezettelt. Da die Truppen des Demetrios aber in der Überzahl waren, zog sich Eukratides mit seinen Rebellen hinter die Sicherheit von Festungsmauern zurück. Die anschließende Belagerung konnte er dank wiederholter Ausfälle, während derer Demetrios Truppen beträchtliche Verluste beigebracht wurden, nach vier Monaten allerdings überwinden und Demetrios II. sogar besiegen. Von da an beherrschte er Baktrien zusammen mit seinem Sohn Eukratides II. und dehnte seine Macht und sein Territorium beständig aus. So überquerte er den Hindukusch und eroberte die indo-griechischen Besitzungen in Paropamisadai und in Gandhara. Doch wie so oft in antiken Herrscherhäusern lauerte die größte Gefahr für den König nicht in der feindseligen Fremde, sondern im engsten Familienkreis. Vom Wunsch beseelt, Baktrien allein zu regieren und von purer Machtgier getrieben, ermordete Eukratides II. seinen Vater (145 v. Chr.). „Eukratides II murdered his father and coldly drove his chariot through the blood of the dead king.“ [Eukratides II. ermordete seinen Vater und lenkte seinen Streitwagen eiskalt durch das Blut des toten Königs.] (Oliver Hoover: Handbook of Coins of Baktria and Ancient India, Lancaster / London 2013, S. 46).

Zu der umfangreichen Münzprägung, die Eukratides I. während seiner Herrschaft im attischen Standard verausgabte, zählen silberne Tetradrachmen, Drachmen, Obole und Hemiobole ebenso wie einfache Goldstatere. Auf den Vorderseiten der frühesten Tetradrachmen und Drachmen erscheint die drapierte Büste des Königs mit Diadem nach rechts gewandt und auf den Rückseiten die nach rechts reitenden Dioskuren, die mythologisch legendären Zwillingssöhne des Zeus, mit eingelegten Lanzen und geschulterten Palmwedeln. Die Legende lautet auf BASILEOS / EUKRATIDOU ([Münze] des Königs Eukratides).

Baktrien. Eukratides I. (171-145 v. Chr.). Tetradrachmon, Silber, 16,97 g, Ø 33 mm, Münzstätte Baktra. [Bildquelle: Classical Numismatic Group, Auktion 118 (13. September 2021), Los 655].

Doch schon kurze Zeit später ließ Eukratides I. goldene Statere, Tetradrachmen und Drachmen prägen, die ihn vorderseitig mit einem boiotischen Helm, der mit Stierhorn, Stierohr und einem schmalen Helmbusch verziert ist, zeigen, ihn also eindeutig militärischer und martialischer darstellen. Zusätzlich wertete er sich auf diesen Münzen zum Großkönig auf indem er seine Titulatur, die die reitenden Dioskuren umgab, in BASILEOS / MEGALOU / EUKRATIDOU ([Münze] des Großkönigs Eukratides) abänderte.

Baktrien. Eukratides I. (171-145 v. Chr.). Stater (um 171-145 v. Chr.), Gold, 8,49 g, Ø 20 mm, Münzstätte Baktra. [Bildquelle: Classical Numismatic Group, Triton XIV, Auktion (4. Januar 2011), Los 428].
Baktrien. Eukratides I. (171-145 v. Chr.). Stater (um 171-145 v. Chr.), Gold, 8,49 g, Ø 20 mm, Münzstätte Baktra. [Bildquelle: Classical Numismatic Group, Triton XIV, Auktion (4. Januar 2011), Los 428].

Dies ist ein ganz klares Indiz dafür, dass er sich mit Beginn dieser Münzprägung auch den Beinamen MEGAS (der Große) zugelegt hatte. Dass Eukratides die Titulatur Großkönig nach seiner erfolgreichen Invasion Indiens einführte, hatte laut Hoover vermutlich damit zu tun, dass er einfach nur den königlich indischen Titel „Raja mahataka oder Maharaja“ ins Griechische übersetzte. „The use of the title by Eukratides I imediately after the invasion of India suggests that it may merely translate the Indian royal title, Raja mahataka or Maharadja.“ (Oliver Hoover, ebenda, S. 47). Doch so sehr diese Porträts Eukratides militärisch auch aufwerteten, martialisch genug schienen sie ihm wohl noch nicht gewesen zu sein. Denn auf einem etwas späteren Tetradrachmon ließ er sich ganz eindeutig in der Pose eines kämpfenden antiken Heros darstellen. Darauf erscheint er nämlich mit nacktem Oberkörper und wurfbereitem Speer sowie boiotischem Helm mit Stierhorn und Stierohr nach links gewandt in Rückenansicht. Dass es sich hierbei um ihn und nicht um irgendeinen fiktiven baktrischen General oder Heros handelt, verdeutlichen die beiden Diademenden, die vom Hinterkopf auf den Rücken fallen.

Baktrien. Eukratides I. (171-145 v. Chr.). Tetradrachmon, Silber, 16,94 g, Ø 34 mm, Münzstätte Baktra. [Bildquelle: MA-Shops, Agora, Ancient Coins (NL)].

Da dieses Königsbildnis aber nur auf Tetradrachmen und sonst auf keinem anderen Nominal erscheint, ist es gut möglich, dass es sich hierbei um eine Gedenkemission handelt, mit der man einer bedeutenden und siegreichen Schlacht des Eukratides gedachte.

Laut Hoover gelten für die abgebildeten Münzen folgende Seltenheitsgrade:

1. Abb.: R1 = 25-60 Exemplare

2. Abb.: R2 = 2-25 Exemplare

3. Abb.: S[carce] = 60-200 Exemplare

4. Abb.: R2 = 2-25 Exemplare


Karte von Arabien, Persien und Baktrien. [Quelle: Eva und Wolfgang Szaivert nach David R. Sear: Griechischer Münzkatalog, Band 2: Asien und Afrika, Battenberg Verlag München 1983, S. 294].

Michael Kurt Sonntag


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