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Helmut Kahnt

Die Belagerungen von Landau

Die deutsche Reichsstadt Landau in der Pfalz war mit den Bestimmungen des Westfälischen Friedens 1648 unter den „Schutz“ Frankreichs gestellt worden, nachdem sie schon 1644 von französischen Truppen besetzt worden war. Im Frieden von Rijswijk 1697, der den Pfälzischen Erbfolgekrieg beendete, hatte Frankreich Landau zusammen mit zehn weiteren deutschen Städten des Elsass okkupiert. Landau bildete damit den östlichsten Vorposten Frankreichs, das nach wie vor weitere deutsche Gebiete annektieren wollte, um die Rhein-Grenze zu erzwingen.

König Ludwig XIV. von Frankreich befahl daher 1688 dem Festungsbaumeister Vauban, Landau in eine moderne Festung umzuwandeln. Die Bauarbeiten begannen noch im selben Jahr und waren nach drei Jahren abgeschlossen. Die Festung wurde als Polygonalfestung erbaut. Sehr wahrscheinlich hatten die Franzosen 1689 die Stadt angezündet, um Platz zu schaffen.

Im Spanischen Erbfolgekrieg 1701–1714 mussten die Einwohner Landaus zwischen 1702 und 1713 vier Belagerungen erleiden, von denen zwei interessante numismatische Spuren hinterlassen haben.


Im Jahr 1702 wurde die Stadt ab dem 15. Juni nach der Belagerung durch kaiserliche Truppen unter Erzherzog Josef und dem Markgrafen Ludwig von Baden, genannt der „Türkenlouis“, besetzt. Zuvor mussten die Bürger der Stadt und der Dörfer ab März 1702 täglich 4 Fuder Wein an die französische Garnison liefern, „gegen Zahlung gemäß Verordnung“. „Die Landbevölkerung in der ganzen Umgebung wurde ausgesogen. Was die Franzosen übrig ließen, nahmen später die Kaiserlichen“. Am 10. September kapitulierte die französische Besatzung (etwa 3500 Mann Infanterie und 240 Mann Kavallerie). Dem gegenüber standen 30.000 Fußsoldaten und etwa 10.900 Berittene der Reichsarmee. Doch schon vor der Belagerung war in der Stadt Geldmangel spürbar, der sich während der Belagerung noch verstärkte. Der französische Festungskommandant Generals V. Mélac ließ deshalb Notklippen aus seinem Tafelsilber anfertigen, um ein Überlaufen der eigenen Soldaten aufgrund von ausbleibender Bezahlung zu verhindern

Eingeschlagen wurde das Wappen von General Melac in die Mitte der Klippen unterschiedlichen Gewichts und damit unterschiedlicher Wertstufen. An den Rändern wurden die französischen Lilien gepunzt, um ein Beschneiden zu erschweren.


Landau. Notklippe während der Belagerung 1702, punziert auf dem zerschnittenen Tafelsilber des Generals Melac mit dem Wappen des Generals und der Wertangabe . 1 . LiVRE . 1 . S[sou]. 5,51 g. 350. Künker-Auktion Nr. 1236


Landau. Notklippe während der Belagerung 1702, punziert auf dem zerschnittenen Tafelsilber des Generals Melac mit dem Wappen des Generals und der Wertangabe iiii . LiVRE . 4 S[sous].


Im Jahr 1703 fiel die Festung nach der Schlacht am Speyerbach wieder an die Franzosen, um 1704 erneut von den Reichstruppen erobert zu werden.

Ab dem 12. März 1709 war Karl Alexander von Württemberg Festungskommandant. Auch während dieser Belagerung wurde das Geld knapp und der Festungskommandant ließ Notklippen aus seinem persönlichen silbernen Tafelgeschirr anfertigen.


Landau. Karl Alexander von Württemberg-Winnenta. Einseitige Notklippe zu 1 Gulden und

4 Kreuzer 1713, punziert auf zerschnittenem Tafelsilber Karl Alexanders während der Belagerung durch französische Truppen unter der Führung Marschall Bezons im Spanischen Erbfolgekrieg.

10,3 g. Bekröntes quadriertes Wappen Teck / Reichssturmfahne / Mömpelgard / Heidenheim mit Mittelschild Württemberg umgeben von vier bekrönten Monogrammen und zwei Schriftstempeln: oben PRO / CÆS : & IMP : (für Kaiser & Reich); unten in zwei Zeilen BEL : LANDAU . / 1 . FL : 4 x . 335. Künker-Auktion Nr. 3987


Landau. Karl Alexander von Württemberg-Winnenta. Einseitige Notklippe zu 2 Gulden und

8 Kreuzer 1713, punziert auf zerschnittenem Tafelsilber Karl Alexanders während der Belagerung durch französische Truppen unter der Führung Marschall Bezons im Spanischen Erbfolgekrieg. 21,43 g. Bekröntes quadriertes Wappen Teck / Reichssturmfahne / Mömpelgard / Heidenheim mit Mittelschild Württemberg, umgeben von vier bekrönten Monogrammen und zwei Schriftstempeln: oben PRO / CÆS :& IMP : (für Kaiser & Reich); unten die Wertangabe BEL : LANDAU . / 2 . FL : 8 x . (2 Florin [= Gulden] 8 Kreuzer). 319. Künker-Auktion Nr. 3717


Karl Alexander machte am 3. Juli 1713 einen so starken und unerwarteten Ausfall mit 4000 Mann und 800 Pferden, „dass im ersten Ansturm die ganze französische Belagerungsarmee über den Haufen geworfen, die Batterien demoliert, über 2000 Mann niedergemacht und 40 Offiziere gefangen genommen wurden.“ Als Folge mussten neue französische Truppen zur Belagerung herangeführt werden. Dennoch wurde die Festung von den französischen Truppen unter Marschall Jacques Bazin de Bezons (1646–1733) am 20. August 1713 eingenommen, weil den Belagerten das Pulver ausgegangen war.


Anmerkung:

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 01/2022 der Zeitschrift Münzen & Sammeln. Die aktuelle Ausgabe (01/2023) finden Sie als Druckversion in unserem Shop (hier der Link zur Leseprobe). Informationen zur ePaper-Ausgabe finden Sie hier.

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