Der Ehe zwischen Septimius Severus und Iulia Domna entstammten zwei Söhne. Den älteren kennen wir unter dem Namen Caracalla, der jüngere hieß nach seinem väterlichen Großvater Publius Septimius Geta, gelegentlich wird er auch Lucius Septimius Geta genannt. Geta wurde am 27. Mai 189, also noch vor der Machtergreifung des Septimius Severus, in Mailand geboren. Wohl im Herbst 197 wurde Geta von seinem Vater zum Caesar erhoben, parallel dazu erhielt Caracalla den Augustus-Titel. Septimius Severus war sehr daran interessiert, seine Familie als neue „Kaiser-Dynastie“ zu installieren. Dazu boten sich besonders die kaiserlichen Münzen als eines der wichtigsten Kommunikationsmedien an. Beide Söhne wurden zusammen mit ihrem Vater, mit ihrer Mutter oder mit beiden zusammen auf den Münzen präsentiert, wobei der ältere Caracalla als „Co-Augustus“ in der Art der Präsentation stets über seinen jüngeren Bruder Geta gestellt wurde.
Abb. 1 AV, 200 - 202, Rom, RIC IV-1 Nr. 5
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Der Aureus Abb. 1, geprägt um das Jahr 200, zeigt auf seiner Vorderseite die nach rechts gerichtete, drapierte und gepanzerte Büste des jungen Geta. Wie es seiner „Würde“ als Caesar zukommt, trägt Geta keinen Lorbeerkranz. Der kugelförmige Kopf wird zum einen bestimmt durch die voluminöse Haarkappe: ausgehend von einem imaginären Wirbel am Hinterkopf fallen die langen, dicken Haarsträhnen zur Seite und weit in den Nacken. Das Ohr bleibt unbedeckt. Über der Stirn sind die Strähnen nach rechts gekämmt. Zum zweiten zeigt das füllige Gesicht mit der vollen Wange, mit den wulstigen Lippen und der kleinen „Stupsnase“ deutlich knabenhafte Züge. Besonders markant ist das große Auge mit seinen dicken Lidern. Die Averslegende "P SEPT GETA CAES PONT" (Publius Septimius Geta Caesar Pontifex - ….. Mitglied des Priesterkollegiums) nennt neben dem Namen des Dargestellten auch seine Titel „Caesar“ und „Pontifex“. Wohl noch im Jahr 199 wird Geta auf Veranlassung des Septimius Severus in das Gremium der „Pontifices“ aufgenommen. Auf seiner Rückseite zeigt der Aureus die einander zugewandten drapierten und gepanzerten Büsten des regierenden Kaisers Septimius Severus und seines „Co-Augustus“ Caracalla. Beide Augusti tragen als Zeichen ihres Ranges den Lorbeerkranz. Beide Porträts waren sicherlich aufgrund vorhergehender Prägungen mit ihrem Konterfei allgemein bekannt und bedurften nicht mehr einer expliziten Erklärung durch eine Münzinschrift. Denn die Reverslegende "AETERNIT IMPERI" (Aeternitas Imperii - die Ewigkeit der Herrschaft bzw. des Reiches) bezieht sich nur indirekt auf die dargestellten Personen. Sowohl der amtierende Kaiser Septimius Severus als auch sein potentieller Nachfolger Caracalla stehen zusammen mit dem auf dem Avers abgebildeten „drittplatzierten“ Geta für die Kontinuität des severischen Kaiserhauses. Durch die Platzierung des jugendlichen Geta auf der Münzvorderseite wird die Bedeutung des jungen Caesar für die severische Dynastie deutlich hervorgehoben, dafür treten die beiden Augusti auf dem Revers großzügigerweise etwas in den Hintergrund.
Abb. 2 AV, 200 - 201, Rom, RIC IV-1 Nr. 164 var. Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18277501.
Ungefähr zur gleichen Zeit wie der Aureus Abb. 1 wird der Aureus Abb. 2 geprägt worden sein. Allerdings ist jetzt der amtierende Kaiser Septimius Severus auf der Vorderseite abgebildet, während der junge Caesar Geta auf dem Revers dargestellt ist. Auf dem Avers sehen wir den nach rechts gerichteten Kopf des Septimius Severus mit Lorbeerkranz. Typisch für das Severus-Porträt sind die geringelten Locken der Haarkappe und der in Spitzen - auf diesem Aureus sind es vier - endende Bart. Die Averslegende "SEVERVS AVG PART MAX" (Severus Augustus Parthicus Maximus - Kaiser Severus, der größte Partherbesieger) ist relativ kurz gehalten. Den Titel „Parthicus maximus“ nimmt Septimius Severus im Januar 198 an. Auf dem Revers finden wir, wie bereits erwähnt, die nach rechts gerichtete, drapierte und gepanzerte Büste des Geta. Das Geta-Porträt auf diesem Aureus wirkt weniger kindlich als das auf dem vorhergehenden. Dies wird insbesondere bei der Gesichtsbildung deutlich. Dagegen gleicht die Haarkappe mit ihrer Binnenstruktur der des Aureus Abb. 1, auch wenn jetzt die Haarlocken härter ausformuliert sind. Die Reverslegende entspricht derjenige unseres ersten Aureus. Auf dieser Prägung fehlt zwar Caracalla, der designierte Nachfolger des Septimius Severus, trotzdem fügen sich die Münzbilder, die die enge familiäre Verbindung zwischen dem Augustus und dem jungen Caesar zeigen, in das neue dynastische Schema ein.
Abb. 3 AV, 201, Rom, RIC IV-1 Nr. 174
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Ähnlich wie auf unserem ersten Münzbeispiel werden auf dem Aureus Abb. 3 alle drei männlichen Mitglieder des severischen Kaiserhauses abgebildet. Auf dem Avers ist der nach rechts gerichtete Kopf des Septimius Severus mit Lorbeerkranz abgebildet. Das Severus-Porträt gleicht dem des vorhergehenden Aureus, auch hier endet der Bart in vier Spitzen. Die Averslegende "SEVERVS PIVS AVG PM TRP VIIII" (Severus Pius Augustus Pontifex Maximus Tribunicia Potestas VIIII - Severus, der pflichtbewusste und gottesfürchtige Kaiser, Oberster Priester, Inhaber der tribunizischen Amtsgewalt zum 9. Mal) nennt die Titel und Ämter des Kaisers; hier ist insbesondere die „Tribunicia Potestas“ für
die Datierung dieser Prägung wichtig: die 9. „Tribunicia Potestas“ des Septimius Severus fällt in den Zeitraum vom 10. Dezember 200 bis 9. Dezember 201. In diesem Zeitraum wird der vorliegende Aureus geprägt. Auf dem Revers sind die einander zugewandten drapierten und gepanzerten Büsten des Caracalla und des Geta dargestellt. Unschwer lassen sich die beiden Büsten ihren Inhabern zuordnen: links ist Caracalla abgebildet, gleich zu erkennen an dem Lorbeerkranz als Zeichen seiner Würde als Augustus, rechts der knabenhafte Geta in dem gleichen Bildschema wie auf den vorhergehenden Aurei. Die Reverslegende "AETERNIT IMPERI" entspricht der des Aureus Abb. 1. Demzufolge hat der Aureus Abb. 3 eine nahezu übereinstimmende Aussage wie der Aureus Abb. 1. Allerdings wird jetzt durch seine Platzierung auf dem Avers der regierende Kaiser Septimius Severus als Begründer der Dynastie in den Vordergrund gerückt.
Abb. 4 AV, 196 - 206, Rom, RIC IV-1 Nr. 540
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Der nächste Aureus (Abb. 4) gleicht dem vorhergehenden nahezu, nur dass jetzt auf dem Avers nicht Septimius Severus, sondern dessen Ehefrau Iulia Domna abgebildet ist. Iulia Domna, die einem angesehenen Priestergeschlecht aus Emesa, dem heutigen Homs in Syrien, entstammte, heiratet Septimius Severus entweder 185 oder 187. Im Juni 193, nach der Anerkennung des Septimius Severus als Kaiser, erhält sie den Augusta-Titel. Auf dem Aureus Abb. 4 ist ihre nach rechts gerichtete, drapierte Büste abgebildet. Das Porträt der Kaiserin wird dominiert von der voluminösen Frisur, deren Bildung sich allerdings schwer nachvollziehen lässt. Zum einen fallen die Haare ausgehend von einem Mittelscheitel in langen, gleichmäßigen Wellen nach unten in Richtung Nacken. Zum anderen werden die Haare dann in einem feinen Flechtmuster zu einem großen Nest am Hinterkopf zusammengeführt. Gerade durch dieses „Nest“ wirkt die Kopfsilhouette kugelrund. Die Gesichtskontur ist fein geschnitten, Kinn, Mund, Nase und Stirn entsprechen der klassischen Form. Beherrscht wird das Gesicht durch das übergroße Auge. Die Legende "IVLIA AVGVSTA" ist kurz und bündig. Die Rückseite des Aureus Abb. 4 entspricht der des Aureus Abb. 3, daher dürften beide Aurei gleichzeitig, also im Jahr 201, entstanden sein. Jetzt wird die Mutter der beiden potentiellen Thronfolger in den Vordergrund gerückt. Die Verbindung zum Kaiser erfolgt hier durch die Rückseite der Münze. Der Betrachter dürfte durchaus in der Lage gewesen sein, beide Prägungen durch ihre gleiche Rückseite und damit auch ihre dynastische Aussage miteinander zu verbinden.
Nachdem die kaiserliche Familie durch die Aurei Abb. 3 und Abb. 4 in zwei unterschiedlichen Prägungen gezeigt wurde, wird sie bei dem folgenden Aureus (Abb. 5) nunmehr auf einer Münze vereint. Auf der Münzvorderseite sehen wir wieder die bekannte Büste des Septimius Severus. Die Legende "SEVERVS PIVS AVG PM TRP X" nennt jetzt die 10. „Tribunicia Potestas“, die Prägung datiert somit ins Jahr 202.
Abb. 5 AV, 202, Rom, RIC IV-1 Nr. 181 b
Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18203776.
Auf der Rückseite sehen wir eine Variation des uns von den beiden vorausgehenden Aurei bekannten Bildes: links die Büste des Caracalla, rechts die des Geta; die Blickrichtung beider Büsten geht zur Mitte hin. In der Mitte ist drapierte Büste der Iulia Domna frontal abgebildet. Es ist dies das erste Mal, dass eine weibliche Angehörige des Kaiserhauses auf einer stadtrömischen Prägung frontal dargestellt wird. Das Porträt der Kaiserin lässt sich durch die markante Frisur und durch den Gesamtzusammenhang als solches identifizieren. Wir sehen jetzt sehr schön die von einem Mittelscheitel ausgehenden, wellenförmigen Haarsträhnen, die das komplette Gesicht rahmen. Das Gesicht selbst ist sehr allgemein gehalten. Die Reversumschrift "FELICITAS SAECVLI" (das Glück des Jahrhunderts) ergänzt die bildliche Darstellung: die beiden Söhne der Iulia Domna, der Augustus Caracalla und der Caesar Geta, sollen eine glückliche Zukunft für das römische Imperium gewährleisten.
Die hier angeführten Beispiele zeigen mehr als deutlich den Willen des Septimius Severus, die severische Familie vor allem durch das Medium Münze weiten Kreisen innerhalb des Imperiums, und hier sicherlich besonders dem Militär, bekannt zu machen. Durch seine auf den Münzen propagierte, gezielte Nachfolgeregelung versuchte Septimius Severus, die severische Dynastie fest im Reichsgefüge zu verankern. So ganz gelungen ist ihm dies freilich nicht. Septimius Severus starb im Februar 211 in Eburacum in Britannien eines natürlichen Todes. Geta wurde wohl im Dezember 211 von seinem Bruder Caracalla und Caracalla im April 217 von Macrinus ermordet. Iulia Domna beging im April 217 Selbstmord. Allerdings blieb der von Iulia Maesa, der Schwester der Iulia Domna, abstammende Zweig der Severer bis 235 an der Macht.
Horst Herzog
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