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Der Höhepunkt der römischen Reichskrise

Der römische Kaiser in Gefangenschaft! Plündernde Stämme im Herzen Italiens! Und dann macht sich ein Viertel des römischen Reichs unter einem Usurpator selbstständig. Das Jahr 260 gilt als Höhepunkt der römischen Reichskrise. Münzen erzählen von dieser schlimmen Zeit.


Viele Sammler stellen sich wie Roger Wolf die Aufgabe, von jedem Kaiser eine Gold- oder eine Silbermünze zu besitzen. Während man dieses Ziel für die „Zwölf Caesaren“ oder die „Adoptivkaiser“ in überschaubarer Zeit erreichen kann, ist Vollständigkeit für das 3. Jahrhundert eine Utopie. Es gibt einfach zu viele Usurpatoren, Gegen- und Mitkaiser. Schriftliche Quellen fließen spärlich. Kein Tacitus, kein Cassius Dio hat uns eine rhetorisch geschliffene Charakterstudie von Valerian oder Postumus überliefert. Und das führt dazu, dass wir die Männer, die in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts die römische Grenze zu halten versuchten, weit unterschätzen. Dabei gehörte in dieser Epoche viel mehr Mut und Pflichtgefühl dazu, den Kaisertitel anzunehmen, als in den glücklichen Zeiten des Weltreichs.


Der Sasanidenkönig Shapur unterwirft die römischen Kaiser. Links kniet Philippus Arabs, der nach dem Tod Gordians III. 500.000 Denare und zusätzlichen Tribut zahlte, um Frieden zu erhalten. Rechts fasst Shapur die Hand des gefangenen Valerian. Felsenrelief bei Naqsch-e Rostam. [KW]


Sobald das Heer einen Mann zum Augustus ausgerufen hatte, lebte er oft nur noch wenige Wochen. Manche brachten es auf einige Jahre, in denen sie sich nicht in einem luxuriösen Palast aufhielten, sondern im Feldlager. Wir bringen heute viel zu wenig Bewunderung auf für Männer wie Valerian, Gallienus oder Postumus, die an der Spitze der Legionäre dafür kämpften, den römischen Lebensstil zu erhalten. Sie alle waren enorm fähige Führungspersönlichkeiten, die an einer unlösbaren Aufgabe scheiterten. In den Künker-Katalogen 382 und 383 gibt es ein umfangreiches Angebot an Goldmünzen der Soldatenkaiser. Wir beschäftigen uns mit einigen von ihnen anhand dieses Materials. Sie alle wussten beim Antritt ihres Amtes, dass ihnen kein langes und vor allem kein glückliches Leben beschieden sein würde.


Die Ausgangssituation

Wahrscheinlich war es ein Klimawandel, der seit der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts immer mehr Völker aus dem kargen Norden in den wohlhabenden Süden zog. Das römische Reich schien ihnen eine leichte und attraktive Beute. Die so genannte „Antoninische Pest“ hatte die Zahl seiner Einwohner stark reduziert. Fruchtbares Land und wohlhabende Städte lockten, hier zu siedeln oder doch wenigstens zu plündern. Der einzige funktionierende Wall zwischen den Eindringlingen und den römischen Zivilisten waren die Legionäre, deren Loyalität für den Kaiser als obersten Heerführer immer wichtiger wurde.


Und wenn der Kaiser zu weit, der Feind zu nahe war, dann kam es zur Erhebung eines Usurpators resp. Gegenkaisers, der in einer Notlage das oberste Kommando übernahm. Es war nicht der Ehrgeiz, der so viele Offiziere dazu trieb, sich Augustus zu nennen, sondern die Notwendigkeit. Das Amt verlieh die Vollmachten, die man brauchte, um an Ort und Stelle effektiven Widerstand zu leisten.


Uranius Antoninus, 253–254. Aureus, Emesa. Äußerst selten. Vorzüglich.

Taxe: 40.000 Euro. Aus Auktion Künker 383 (17. März 2023), Nr. 2110


Uranius Antoninus

Ein gutes Beispiel dafür ist Uranius Antoninus, über den wir sicher eigentlich nur wissen, dass er ein Priester eines lokalen Kults war, der sich 253 an die Spitze der Männer von Emesa stellte, um die Heimat gegen die Sasaniden zu verteidigen. Anspruch auf eine zentrale Herrschermacht hat er nie erhoben. Trotzdem musste er damit rechnen, dass ihn seine Usurpation Kopf und Kragen kosten würde. Und tatsächlich wissen wir nicht, was aus ihm wurde, als Valerian in den Osten zog und Emesa wieder unter seine Kontrolle brachte. Uranius Antoninus verschwand im Frühjahr 254 aus der Überlieferung. Heutige Historiker stellen sich gerne vor, er habe sich ins Privatleben zurückgezogen. Man darf sich aber durchaus fragen, ob Valerian es sich leisten konnte, einen potentiellen Konkurrenten am Leben zu lassen.


Sich als Kaiser an die Spitze des Heeres zu stellen, war also keine Ehre, kein Privileg, sondern russisches Roulette, eine Art aufgeschobenes Todesurteil, das die Betroffenen mit stoischem Gleichmut akzeptierten.


Trebonianus Gallus, 251–253. Binio, Rom. Sehr selten. Vorzüglich.

Taxe: 12.500 Euro. Aus Auktion Künker 383 (17. März 2023), Nr. 2106


Das Dilemma: Zu viele Fronten, zu wenig Soldaten

Ein Problem, dem sich jeder Kaiser stellen musste, waren die vielen Fronten. An welcher sollte man die nicht ausreichenden Ressourcen einsetzen? Trebonianus Gallus kostete dieses Dilemma das Leben. Die Armee, die den Nordosten vor den Goten schützte, weigerte sich, dringend benötigte Truppenteile für den Krieg im Osten abzustellen. Es kam zum Aufstand. Aemilian wurde als Gegenkaiser ausgerufen, Trebonianus Gallus von seinen eigenen Offizieren ermordet.


Der erfahrene Militär und Verwaltungsbeamte Valerian schien dem Senat ein vielversprechender Mann zu sein, um diese Krise wieder in den Griff zu bekommen. Er wurde 253 zum Kaiser ernannt und ini­tiierte tatsächlich eine neue Strategie: Er teilte das Reich nämlich in eine West- und eine Osthälfte. Den Schutz der Westhälfte übertrug er seinem Sohn Gallienus; die wesentlich gefährdetere Ostgrenze übernahm er selbst. Damit stellte er sicher, dass der Austausch von Truppen ohne allzu großen Widerstand ablaufen würde, und nahm die große Verwaltungsreform von Diocletian vorweg.


Valerianus, 253–260. Aureus, Samosata 255/6. Sehr selten. Gutes sehr schön.

Taxe: 7500 Euro. Aus Auktion Künker 383 (17. März 2023), Nr. 2108


Ein römischer Kaiser als sasanidischer Kriegsgefangener

Als Valerian diesen Aureus dem ewigen Rom – Roma Aeterna – weihte, schien es, als ließe sich das Reich noch retten. Die römischen Bürger freuten sich über eine kurze Atempause im Krieg. Sie vertrauten auf Valerians neue Sasanidenstrategie, für die er ein Hauptquartier in Samosata eingerichtet hatte. Das lag nahe genug an der sasanidischen Front, um schnell vor Ort zu sein, aber weit genug im Hinterland, um keinem Überraschungsangriff zum Opfer zu fallen. Hier richtete der Kaiser eine neue Münzstätte ein, in der Aurei und Denare geprägt wurden, um die Legionäre zu besolden.


Doch bereits im Frühjahr 260 überschritten die Sasaniden unter Shapur erneut die Grenze. Carrhae fiel, Edessa wurde belagert, und als Valerian an der Spitze des Entsatzheeres gegen Shapur antrat, kam es zum Unglaublichen. Was genau das war? Die Quellen widersprechen sich. Shapur selbst ließ festhalten, er habe Valerian während des Kampfes gefangen genommen. Römische Autoren sprechen dagegen von Verrat und einem Hinterhalt. Welche Version stimmt? Wir wissen es nicht. Die römische Variante passt ein biss­chen zu gut ins eigene Weltbild. Schließlich glaubten die Römer an Götter, die den Kaiser in seinem gerechten Krieg unterstützten. Da war es leichter, von Verrat zu sprechen, als an den eigenen Göttern zu zweifeln.


Valerians Gefangennahme war nicht nur für den Osten eine Katastrophe, sondern auch für den Westen. Gallienus verlor jegliche Glaubwürdigkeit. Wenn die Götter seinen Vater fallen ließen, würden sie mit ihm das Gleiche tun. Da vertraute man lieber auf die heimischen Helden.


Die Machtergreifung des Postumus

Einer von ihnen hieß Marcus Cassianius Latinius Postumus. Er errang im Jahr 260 einen Sieg. Groß? Klein? Wir wissen es nicht. Jedenfalls gab es Beute, und die reklamierten die siegreichen Soldaten für sich. Vielleicht waren sie gierig. Vielleicht war auch nur der Sold zu lange ausgeblieben. Jedenfalls sah Saloninus, Sohn Kaiser Gallienus‘, das anders. Ihn hatte der Vater in Köln stationiert, um vor Ort die gefährdete Rheingrenze zu kommandieren. Saloninus war jung, hatte fähige Berater, und die rieten, die Beute nicht unter den Soldaten aufzuteilen. Auch hier können wir über die Motive nur spekulieren. Wollte man keinen Präzedenzfall schaffen, die Ressourcen anderweitig nutzen? Den Bestohlenen ihren Besitz zurückgeben? Den Gewinn in die eigene Tasche stecken? Jedenfalls war der kaiserliche Nimbus von Saloninus mit dem Tod seines Großvaters Valerian derart geschwunden, dass die Soldaten beschlossen, die Beute zu behalten und Saloninus abzutun. Postumus wurde zum Kaiser ausgerufen.


Er muss im Westen einen besseren Ruf besessen haben als Gallienus. Oder vielleicht hatten die westlichen Provinzen auch nur Angst, der Kaiser plane, nach Osten zu ziehen und große Teile der Streitkräfte mitzunehmen. Jedenfalls stellten sich Germanien, Gallien, Raetien, Hispanien und Britannien hinter den neuen Kaiser Postumus. Vor allem letztere waren wichtig. In Spanien wurde Gold, in Britannien Silber abgebaut. Damit verfügte Postumus über genügend Edelmetall, um seine Soldaten zufrieden zu stellen.


Postumus, 260–268. Aureus, Köln 263/4. Sehr selten. Sehr schön bis vorzüglich.

Taxe: 50.000 Euro. Aus Auktion 382 (16. März 2023), Nr. 520


Ein römischer Kaiser als sasanidischer Kriegsgefangener

Als Valerian diesen Aureus dem ewigen Rom – Roma Aeterna – weihte, schien es, als ließe sich das Reich noch retten. Die römischen Bürger freuten sich über eine kurze Atempause im Krieg. Sie vertrauten auf Valerians neue Sasanidenstrategie, für die er ein Hauptquartier in Samosata eingerichtet hatte. Das lag nahe genug an der sasanidischen Front, um schnell vor Ort zu sein, aber weit genug im Hinterland, um keinem Überraschungsangriff zum Opfer zu fallen. Hier richtete der Kaiser eine neue Münzstätte ein, in der Aurei und Denare geprägt wurden, um die Legionäre zu besolden.


Doch bereits im Frühjahr 260 überschritten die Sasaniden unter Shapur erneut die Grenze. Carrhae fiel, Edessa wurde belagert, und als Valerian an der Spitze des Entsatzheeres gegen Shapur antrat, kam es zum Unglaublichen. Was genau das war? Die Quellen widersprechen sich. Shapur selbst ließ festhalten, er habe Valerian während des Kampfes gefangen genommen. Römische Autoren sprechen dagegen von Verrat und einem Hinterhalt. Welche Version stimmt? Wir wissen es nicht. Die römische Variante passt ein biss­chen zu gut ins eigene Weltbild. Schließlich glaubten die Römer an Götter, die den Kaiser in seinem gerechten Krieg unterstützten. Da war es leichter, von Verrat zu sprechen, als an den eigenen Göttern zu zweifeln.


Valerians Gefangennahme war nicht nur für den Osten eine Katastrophe, sondern auch für den Westen. Gallienus verlor jegliche Glaubwürdigkeit. Wenn die Götter seinen Vater fallen ließen, würden sie mit ihm das Gleiche tun. Da vertraute man lieber auf die heimischen Helden.


Die Machtergreifung des Postumus

Einer von ihnen hieß Marcus Cassianius Latinius Postumus. Er errang im Jahr 260 einen Sieg. Groß? Klein? Wir wissen es nicht. Jedenfalls gab es Beute, und die reklamierten die siegreichen Soldaten für sich. Vielleicht waren sie gierig. Vielleicht war auch nur der Sold zu lange ausgeblieben. Jedenfalls sah Saloninus, Sohn Kaiser Gallienus‘, das anders. Ihn hatte der Vater in Köln stationiert, um vor Ort die gefährdete Rheingrenze zu kommandieren. Saloninus war jung, hatte fähige Berater, und die rieten, die Beute nicht unter den Soldaten aufzuteilen. Auch hier können wir über die Motive nur spekulieren. Wollte man keinen Präzedenzfall schaffen, die Ressourcen anderweitig nutzen? Den Bestohlenen ihren Besitz zurückgeben? Den Gewinn in die eigene Tasche stecken? Jedenfalls war der kaiserliche Nimbus von Saloninus mit dem Tod seines Großvaters Valerian derart geschwunden, dass die Soldaten beschlossen, die Beute zu behalten und Saloninus abzutun. Postumus wurde zum Kaiser ausgerufen.


Er muss im Westen einen besseren Ruf besessen haben als Gallienus. Oder vielleicht hatten die westlichen Provinzen auch nur Angst, der Kaiser plane, nach Osten zu ziehen und große Teile der Streitkräfte mitzunehmen. Jedenfalls stellten sich Germanien, Gallien, Raetien, Hispanien und Britannien hinter den neuen Kaiser Postumus. Vor allem letztere waren wichtig. In Spanien wurde Gold, in Britannien Silber abgebaut. Damit verfügte Postumus über genügend Edelmetall, um seine Soldaten zufrieden zu stellen.


Gallienus, 253–268. Aureus, Mediolanum 262. Sehr selten. Sehr schön bis vorzüglich.

Taxe: 15.000 Euro. Aus Auktion 383 (17. März 2023), Nr. 2009


Jubiläen

Und ihre Zufriedenheit war entscheidend. Loyalität erkaufte man sich mit dem Sold und mit den Geldgeschenken, die der Kaiser anlässlich von Siegen oder Jubiläen verteilen ließ. Wahrscheinlich wurde der Aureus, der in der Künker- Auktion 382 unter Nr. 520 angeboten wurde, aufgrund so eines Jubiläums geprägt. Er zeigt den Kaiser in Toga auf der Sella Curulis. Vor ihm kniet ein Mann, die Hände flehend erhoben. Die Umschrift lautet – in Übersetzung – Die Gnade des frommen Kaisers Postumus. In der Hand hält Postumus ein gebogenes Objekt, für das noch kein Numismatiker eine glaubhafte Erklärung gefunden hat. Diese Darstellung könnte durchaus zu den Gnadenerweisen passen, die anlässlich eines Jubiläums gewährt wurden.


Man feierte damals alle fünf Jahre ein Jubiläum. Postumus zelebrierte den Beginn seines 5. Regierungsjahrs beim Jahreswechsel von 263 auf 264. Wenn das Ihren Vorstellungen von Mathematik widerspricht, denken Sie daran, dass 260 als erstes Jahr seiner Herrschaft mitgezählt wurde. Auch Gallienus feierte so ein Regierungsjubiläum, und zwar im Jahr 262, zum Beginn seines 10. Regierungsjahres. Das 20. sollte er nicht mehr erleben.


Postumus, 260–268. Aureus, Köln 266. Sehr selten. Gestopftes Loch. Vorzüglich.

Taxe: 40.000 Euro. Aus Auktion 383 (17. März 2023), Nr. 2111


Postumus und Hercules

Wie sehr Postumus die Motive seiner Münzen an den Legionären ausrichtete, zeigen Prägungen wie diese. Auf der Rückseite wird Felicitas als die Göttin, die das Schlachtenglück beeinflusst, dargestellt. Sie ist gepaart mit der geflügelten Victoria. Die Botschaft lautet: Hier ist ein Kaiser, dem Felicitas die Siege über eure Feinde schenkt. Und das war die wichtigste Rechtfertigung seiner Herrschaft. Senat, Geburtsrecht, auf all das konnte ein Kaiser inzwischen verzichten, solange er siegreich blieb.


Siege schenkten nämlich, so die Überzeugung der Soldaten, immer noch die Götter ihren Lieblingen. Und deshalb präsentiert sich Postumus mit seinem göttlichen Helfer Hercules. Der wurde in Gallien und Germanien verehrt. Postumus schuf sogar den Kult des Hercules Deusoniensis, also des Hercules, der ihm seinen ersten Sieg bei Deuso geschenkt hatte (und dessen Beute seine Soldaten behalten durften).


Gallienus, 253–268. Aureus, Rom 254–256. Sehr selten. Sehr schön.

Taxe: 6000 Euro. Aus Auktion 382 (17. März 2023), Nr. 513

Gallienus, 253–268. Aureus, Rom 260/1. Sehr selten. Gutes sehr schön.

Taxe: 2000 Euro. Aus Auktion 382 (17. März 2023), Nr. 514

Gallienus, 253–268. Aureus, Rom 264–267. Wohl Unikum. Vorzüglich.

Taxe: 6000 Euro. Aus Auktion 382 (17. März 2023), Nr. 519

Gallienus, 253–268. Antoninian, Mediolanum 260/1. Sehr selten. Sehr schön.

Taxe: 125 Euro. Aus Auktion 382 (17. März 2023), Nr. 518


Edelmetall und der Mangel daran

Während Postumus genügend Gold- und Silber besaß, um vollgewichte Aurei und Antoniniane prägen zu lassen, kämpfte Kaiser Gallienus nach dem Verlust von Spanien und Britannien mit einem Engpass an Edelmetallen. Das lässt sich deutlich an seinen Münzen ablesen: Wiegt der in Rom geprägte Aureus aus den Jahren 254/256, der unter Nummer 513 in Künker Auktion 382 angeboten wurde, immerhin noch 2,85 g, hat der ebenfalls in Rom geprägte Aureus des Jahres 260/1 – aus derselben Auktion unter Nr. 514 – nur noch 1,59 g, das Stück aus den Jahren 264–267 – Nr. 519 – bringt sogar nur noch 1,09 g auf die Waage! Selbst die Münze, die anlässlich seines 10. Regierungsjubiläums verteilt wurde, besteht nur aus 3,45 g Gold und wiegt damit rund halb so viel wie ungefähr gleichzeitige Aurei des Postumus.

Auch die Antoniniane des Gallienus verloren an Gewicht und an Edelmetallgehalt. Die dünne Silberschicht, die durch einen chemischen Prozess an die Oberfläche gezogen wurde, verschwand schnell, wenn die Münzen von Hand zu Hand gingen.


Trotzdem kam es unter Gallienus zu keiner großen Inflation. Wahrscheinlich verfügte er über so wenig Edelmetall, dass er die Geldmenge nicht nachhaltig vergrößern konnte. Seine Antoniniane scheinen – wie untergewichtig sie auch sein mochten – weiterhin zum Nennwert akzeptiert worden zu sein.


Die Ermordung von Gallienus und Postumus

Ob Postumus, ob Gallienus, ob Laelianus, Marius, Ingenuus, Odaenathus, Macrianus, Quietus, Regalianus und wie sie alle heißen, ihnen allen gelang es nicht, gleichzeitig die Grenze zu schützen und ihre Konkurrenten auszuschalten. Sie alle eilten von einem Kriegsschauplatz zum nächsten.

Auch Gallienus hätte dies wohl noch viele Jahre getan, hätte ihn nicht eine Gruppe von Offizieren in Mailand ermordet. Dies geschah Ende August, Anfang September 268. Er war zum Zeitpunkt seines Todes 50 Jahre alt. Warum er ermordet wurde? Wahrscheinlich, weil seine Mörder sich dem Westen verpflichtet fühlten und keine dringend benötigten Truppenteile an den Osten abgeben wollten. Déjà-vu?


Postumus hielt sich ein knappes Jahr länger. Er wurde im Sommer 269 vor Mainz ermordet – vielleicht weil er seinen Legionären die Plünderung der Stadt untersagte. Ein ironisches Ende: Der Mann, der an die Macht kam, weil er seinen Soldaten die Beute verschaffte, wurde ermordet, weil er sie ihnen vorenthalten wollte.


Gallienus und Postumus, sie beide hätten uns viel über Sachzwänge und Pragmatismus erzählen können. Sie müssen faszinierende Persönlichkeiten gewesen sein. Es bräuchte einen brillanten Schriftsteller, um ihren Mut der Verzweiflung, ihre Loyalität zu Rom und ihre tragischen Schicksale angemessen zu würdigen.


Literatur

Hartwin Brandt: Die Kaiserzeit. München 2021.

Michael Geiger: Gallienus. Frankfurt am Main 2013.

Klaus-Peter Johne (Hrsg.): Die Zeit der Soldatenkaiser. Berlin 2008.

Bernhard Schulte: Die Goldprägung der gallischen Kaiser von Postumus bis Tetricus. Aarau 1983.


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