Glaubt man den literarischen Quellen, verlief das Gespräch zwischen Friedrich I. und dem ersten Generalkontrolleur der brandenburgisch-preußischen Finanzen unerfreulich: „Majestät sind wieder einmal am Ende. Die Mathematik ist eine untrügliche Wissenschaft“, glaubte Geheimrat Kraut seinen König aufklären zu müssen.
„Red Er nicht so dummes Zeug“, entgegnete Friedrich unwirsch. „Er soll mir als Vorstand meiner Kassen nicht sagen, dass sie leer sind. Ich erwarte von ihm Vorschläge, wie sie schnell wieder voll werden, versteht Er das?“ (Peter Kayser, Norbert Moc, Heinz-Peter Zierholz, Das Richtschwert traf den falschen Hals, Berlin 1981, S. 23). Der Generalkontrolleur musste seinen König jedoch enttäuschen. Alle nur denkbaren Quellen habe man angezapft: Besoldungssteuer, Generalkopfsteuer, Krönungssteuer, Steuer für Schuhe, Stiefel, Pantoffeln, Stümpfe und Hüte. Sogar der Stand als Jungfrau sei schon besteuert. Der sich anschließende Kassensturz zeigte die Misere im Einzelnen: „Die Kammer hat eineinhalb Millionen Taler Einkünfte, die Schatullenkasse nicht ganz vierhunderttausend.“ (Ebenda). Dem gegenüber stünden Ausgaben von 453.000 Taler für den Hofstaat, 138.000 Taler für Bauten, 260.000 für den Sold bei Kammern und Ämtern, 212.000 Taler für Gesellschaften und gigantische 2.100.000 Taler für den Kriegsetat!
Da kam Domenico Manuel Caetano (ca. 1670-1709) wie gerufen. Der Sohn eines Bauern aus Petrabianca bei Neapel hatte als Alchimist schon halb Europa in Aufruhr versetzt. Caetano arbeitete häufig mit Gold oder Silber gefüllten Instrumenten, die er mit Wachs versiegelte. Schmolz das Wachs im Feuer, blieb im Kessel eine Reihe von Goldklümpchen zurück. Seiner hoch wohl geborenen Kundschaft versprach er für einen entsprechenden Vorschuss alle nötigen Ingredienzen für eine umfangreiche Goldproduktion zu beschaffen. In Berlin „verwandelte“ er vor den staunenden Beamten des Königs zunächst sieben Pfund Quecksilber in reinstes Silber. Das zweite Experiment fand bereits vor den Augen des Königs und des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (1688-1740) statt. Den Schmelztiegel auf dem Feuer haltend, griff er „nach einer langen Kupferstange, die zur Hälfte mit Ton umhüllt war. Diese Stange und ein Fläschchen mit roter Flüssigkeit ließ er durch Friedrich und den Kronprinzen prüfen, rührte dann etwa eine halbe Stunde lang mit der tonumhüllten Seite der Stange in dem brodelnden Brei herum, wobei er, unverständliche Worte murmelnd, ab und an einige Tropfen der roten Tinktur hinzugab.“ (Ebenda, S. 30).
Plötzlich drehte er sich triumphierend um und warf die Stange in ein Wasserbad. „Der Kronprinz stürzte zum Wasserbottich, zog die Stange heraus, schlug ungeduldig den Ton ab – und staunte ebenso wie sein Vater, die Höflinge und die Münzbeamten. Die Hälfte der Stange bestand aus purem Gold, etwa ein Pfund schwer.“ (Ebenda). Für einen Vorschuss von 50.000 Talern zur Beschaffung der Ingredienzen versprach Caetano die kurzfristige Herstellung von Gold und Silber für sechs Millionen Taler!
König Friedrich I. ließ dem Scharlatan eine Produktionsstätte einrichten. Als die Vorschüsse zur Neige gingen, setzte sich Caetano nach Frankfurt/Main ab. Doch erneut gelang es dem redegewandten Alchimisten, den König zu bezirzen. Im November 1707 berichtete die Presse, dass Caetano wieder aus Berlin geflohen sei. Erst jetzt war Friedrich I. überzeigt, dass er einem Betrüger aufgesessen war.
Im August 1709 wurde Catano zum Tode verurteilt. Einige Tage später erfolgte die Hinrichtung unter den Augen des Kronprinzen in Küstrin: „Der Galgen strahlte in der Dämmerung des Odermorgens von wehendem Golde. Sie hatten ihn mit Fahnen von Rauschgold behängt und, angetan mit einem wehenden Mantel von Flitter und Rauschgold, führten sie den Conte Caetano in Fesseln heran. Er sah so schön aus in der Dunkelheit der frühen Stunde, dass es den Prinzen schauderte vor solchem Tod im Golde.“ (Jochen Klepper: Der Vater; München 2003, S. 48).
Von einem Fenster der Festung beobachtete Friedrich Wilhelm die Prozedur: „Der Italiener schrie. Alle Fassung war von Caetano abgefallen. Er wollte seinen Tod nicht glauben, raste mit der Stirn gegen den Pfahl seines Galgens und brüllte, er würde jetzt noch echtes, echtes Gold herstellen. Noch wich die Dunkelheit nicht, als wollte sie das erbärmliche Sterben verhüllen. Aber da waren die Fackeln; die machten das Gold so flackernd und grell. Am Galgen mit den schimmernden Fahnen und blitzenden Bändern wanden sie das zuckende Bündel von wehendem Rauschgold empor.“ (Ebenda).
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