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Helmut Caspar

„Denkmünzen anderer Prägung“ – Seit 1901 war die Prägung von Geldstücken zur Erinnerung etc. erlaubt

Die Einführung des neuen, auf Mark und Pfennig lautenden Geldes im 1871 gegründeten Deutschen Reich war verbunden mit der Einziehung und Vernichtung unzähliger Münzen aus Gold, Silber und Kupfer. Es müssen Tonnen an alten, für ungültig erklärten Geldstücken gewesen sein, die den Tod im Tiegel erlitten, um Metall für neues Geld zu gewinnen. Zum Glück wurden manche Stücke der Münzsammlung der Reichsbank sowie einzelnen Münzkabinetten einverleibt oder blieben in der Hand von Sammlern. Münzen der eigenen Zeit zu sammeln, war damals noch unüblich. Das Thema wurde mit dem Erscheinen der Kataloge von Carl Schwalbach populär, der sich als Erster genauer mit Talern, Doppeltalern und anderen nach 1800 in deutschen Staaten geprägten Münzen in dieser Form beschäftigte. Diese Nachschlagewerke werden, so wichtig sie damals waren, heute kaum noch zitiert, denn es gibt neue, tiefer gehende und genauere Bücher zu diesem Thema.

Ohne dass es Vorschriften gab, was die Gedenkmünzen der Kaiserzeit feiern sollen, drehte sich alles um Jubiläen und Feierlichkeiten in den Familien der deutschen Bundesfürsten. Das Fünfmarkstück von 1914 feiert die Silberhochzeit des Herzogs Friedrich II. von Anhalt und seiner Frau Marie. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Ab 1. Oktober 1907 waren die alten Vereinstaler aus dem 19. Jahrhundert kein gesetzliches Zahlungsmittel mehr, doch konnte man sie bis zum 30. September 1908 bei den Kassen in Zahlung geben und in Reichsgeld umtauschen. Eine Bekanntmachung von 1910 legte fest: „Die bei den Reichs- und Landeskassen noch eingehenden Eintalerstücke deutschen Gepräges sind durch Zerschlagen oder Einschneiden für den Umlauf unbrauchbar zu machen und alsdann dem Einzahler zurückzugeben“. Sollten sich dermaßen markierte Stücke zufällig in Münzsammlungen erhalten haben, verdienen sie als münzgeschichtlich interessante Zeugnisse besondere Beachtung.

Künstlerisch gut gelungen und technisch sehr anspruchsvoll wurde 1911 das Dreimarkstück zur Silberhochzeit des württembergischen Königspaars Wilhelm und Charlotte geprägt. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Mit dem deutschen Münzgesetz vom 1. Juni 1909 wurden alle bisherigen Bestimmungen zusammengefasst und der Bundesrat ermächtigt, „Fünf-, Drei- und Zweimarkstücke als Denkmünzen in anderer Prägung herstellen zu lassen“. Ein Beschluss der auch für das Münzwesen zuständigen Vertretung der Bundesstaaten im Deutschen Reich legte Einzelheiten fest. Das Drei-Mark-Stück fiel nicht aus heiterem Himmel und war auch keine Laune der Politik, sondern folgte einem allgemeinen Bedürfnis. Im Januarheft 1902 hatten die „Blätter für Münzfreunde“ bemängelt, dass die Menge der Reichssilbermünzen nicht ausreicht, weshalb weitere Prägungen „aus Thalern“ nötig wären, um der Nachfrage zu genügen. Für die Anfertigung des neuen Nominals wurden vorzugsweise deutsche Talerstücke aus den Jahren 1833 bis 1856 verwendet, die in großen Mengen eingeschmolzen wurden. Die Zeitschrift sprach den Wunsch aus, dass die Verwaltung der Königlichen Münze in Berlin die Gelegenheit nutzen möge, um nun endlich dem seit langem bestehenden Verlangen nach einer künstlerisch besseren Gestaltung der von ihr ausgeprägten Reichsmünzen Rechnung zu tragen. Es sei in weiten Kreisen mit Verwunderung bemerkt worden, dass nach der Ausgabe der Jubiläumsmünzen von 1901 mit dem Bild von Kaiser Wilhelm II. und des preußischen Königs Friedrichs I. wieder nach dem längst veralteten Modell von 1888 geprägt wird.

Zur Hundertjahrfeier der Erhebung des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin zum Großherzogtum wurde 1915 mit Gedenkmünzen gefeiert. Fürstlicher Personenkult wurde nach der Abschaffung der Monarchie vier Jahre später nicht mehr gebraucht. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Die „Blätter für Münzfreunde“ und weitere numismatische Zeitschriften äußerten ihr Unbehagen am Zurückbleiben der Münzkunst gegenüber der internationalen Entwicklung. Wenn einmal im Deutschen Reich ein Geldstück abweichend von der Norm herauskam, werde das schon als Lichtzeichen und Fortschritt begrüßt, heißt es mit Blick auf neuartige, in eigentümlicher Technik hergestellte Münzen der USA. Über das Aussehen des neuen Nominals gab es keine Vorschriften, nur dass auf der Rückseite der Reichsadler erscheint und den Prägeanstalten die Herstellungskosten mit 1,1 Prozent erstattet werden sollen. Dass die Kritik bei den zuständigen Stellen und mehr noch bei den mit der Gestaltung von Münzen und Medaillen befassten Künstlern ankam, zeigt die vielen Probemünzen, die es allerdings nicht zur Massenprägung brachten, zur Freude der Sammler aber immer wieder vom Handel angeboten werden und dort, weil sie selten sind, hervorragende Preise erzielen.

Probemünzen wie dieses Fünfmarkstück von 1908 mögen Künstlern und Sammlern gefallen haben, aber da sie zu avantgardistisch gestaltet waren, schafften sie es nicht zur Massenprägung. [Bildquelle: Fotoarchiv von Helmut Caspar]

Verschiedene deutsche Königreiche und Fürstentümer haben bis zum Ende der Monarchie in den Wirren der Novemberrevolution von 1918 zum Teil ansehnliche Gedenkprägungen herausgebracht. Das freut die Sammler, denn anderenfalls wären die Münzen der Kaiserzeit mit immer gleichförmigen Motiven langweilig, gleichförmig und unattraktiv. So aber stellen die Gedenkprägungen, angefangen bei den Siegestalern von 1871 und endend bei den seltenen Sonderausgaben von 1917 und 1918, interessante Dokumente fürstlicher Selbstdarstellung dar.

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