Der italienische Diplomat und Schriftsteller Ferdinando Galiani sah sich schon früh mit Fragen des Geldes konfrontiert. Als Sohn eines neapolitanischen Beamten erhielt er seine Schulbildung in der anspruchsvollen Casa Galiani, dem Haus des Erzbischofs Celestino Galiani. Im Jahre 1744 kam er an die Accademia degli Emuli, die sogenannte Akademie der Eifrigen. Dort befasste er sich erstmalig mit Abhandlungen zur Theorie des Geldes. Als 16-Jähriger übersetzte Galiani Some Considerations on the Consequences of Lowering the Rate of Interest and Raising the Value of Money (1691) des englischen Philosophen John Locke. Zwei Jahre später schrieb er einen Aufsatz, dessen aus dem Italienischen übersetzter Titel lautet: Über das Geldwesen der Griechen zur Zeit des Trojanischen Krieges. Erstmals bekannt wurde er mit einer Spottschrift auf eine der angesehensten Akademien des Königreichs Neapel. Als ihm ein Referat vor dem dortigen Kollegium verweigert wurde, rächte er sich 1749 durch Herausgabe der anonymen Componimenti varii per la morte di Domenico Jannacone. Der angebliche Nachruf der Professoren auf den Henker von Neapel, der kurz zuvor gestorben war, ist eine brillante, mit Spott gespickte Parodie. Die verspotteten Professoren schäumten vor Wut, Neapel aber lachte. So wurde auch der neapolitanische König Karl VII. auf den jungen Mann aufmerksam. Galianis geldtheoretisches Meisterwerk Della Moneta, das er mit 22 Jahren veröffentlichte, dürfte er im Auftrag oder zumindest mit Unterstützung des Königs veröffentlicht haben.
Ferdinando Galiani (1728–1787) [Wikimedia, Gillberg]
Im ersten der fünf Bücher schildert Galiani die Entstehung des Geldes: „Da es nun keinen einzigen primitiven Volksstamm gibt, bei dem nicht Frauen, Kinder und Männer höheren Ranges sehr begierig darauf wären, sich zu schmücken, und weil in deren groben Schmuckstücken, wenn irgend möglich, niemals Gold und Silber fehlen, lässt sich dasselbe auch über die ersten Menschen sagen. Vor der Entdeckung Amerikas waren Gold und Silber dort überall aufs höchste geschätzt, und obwohl die Ureinwohner Geld eigentlich nicht kannten, wurden diese beiden Edelmetalle verehrt, als ob sie heilig wären. Man verwendete sie ausschließlich als Weihegaben für Gottheiten sowie als Schmuck für die Fürsten und die Herren.“ [1] Die Phönizier hätten festgestellt, dass der Wert dieser Metalle im Handel immer der gleich blieb und nur vom Gewicht bzw. der Menge abhing: „Da die Edelmetalle nun schon in richtig vorgewogenen Stücken eingetauscht wurden, war es kein großer Schritt mehr, bis das öffentliche Amt, welches auf den Märkten die Tauschgeschäfte und den Handel überwachte, damit begann, ihnen ein Zeichen aufzuprägen.“ [2] Auf diese Weise habe sich die Einführung der Prägung und des Münzgeldes ganz natürlich ergeben. Das Geld an den Wert von Edelmetallen zu koppeln, beuge einem Missbrauch durch die Regierenden vor, die Geld aus minderwertigen Metallen oder gar aus dem Nichts zu schaffen trachteten. Vor diesem Hintergrund warnt er davor, sich allein auf stoffloses Papier- oder Kreditgeld als einen Geldersatz zu verlassen.
Erstausgabe von Della Moneta, 1750 [Abebooks, Libreria Antiquaria Pontremoli]
Zum Dank für seine finanztheoretische Leistung bekam Galiani die Pfründen des Bistums Centola und der Abtei San Lorenzo. Um den Lohn für seine Arbeiten zu erhalten, musste er mitunter etwas nachhelfen. Mit einer Gesteinssammlung übermittelte er dem Papst die Widmung: „Mach, dass diese Steine Brot werden.“ Prompt bekam er die Erträge einer weiteren Abtei zugesprochen, was eine jährliche Rente von 600 Ducati abwarf. Ein Posten in der Akademie von Herculaneum, den er 1755 erhielt, brachte jährlich 150 Ducati ein. Auch seine späteren Stellungen im diplomatischen Dienst des Königreichs Neapel waren lukrativ. Als Sekretär der neapolitanischen Gesandtschaft in Paris verdiente Galiani ab 1759 im Jahr 1200 Ducati. Nach seiner Rückkehr nach Neapel im Jahre 1770 belief sich sein Jahresgehalt als Sekretär des Obersten Handelsgerichts auf 1600 Ducati. In einem Brief an die Marquise d’Épinay bezifferte er drei Jahre später sein Einkommen auf umgerechnet 3500 Ducati. Das war viel Geld. Ein silberner Ducato di regno aus dem Königreich Neapel enthielt damals knapp 20 g Silber, mehrfache Ducati waren aus Gold. Eine Münze zu 6 Ducati enthielt knapp 8 g Gold. Galiani selbst schrieb, dass 6 Ducati pro Monat in Neapel als eine Art von Mindesteinkommen galten. Mit 70 Ducati dagegen konnte man ein luxuriöses Leben führen. Als er im Oktober 1787 im Alter von 56 Jahren starb, hinterließ Galiani nicht nur viele Bücher und Antiken, sondern auch Bargeld und eine erlesene Münzsammlung.
Neapel. Karl VII. 6 Ducati von 1752. 906er Gold, 8,7 g, 28 mm [Nomisma Spa, 54/1494]
Der Österreicher Werner Tabarelli, Herausgeber der erstmaligen und vollständigen Übertragung von Della Moneta ins Deutsche, greift im Vorspann des historischen Werkes die eindringliche Warnung Galianis vor einer völligen Demonetisierung werthaltigen Geldes auf. Der Verfall der italienischen Lira sei ein eindrucksvolles Beispiel für die Gefahren einer schrankenlosen Geldschöpfung: „Noch fast bis zum Ende des letzten Jahrhunderts [1893 – Ende des Goldeinlösung] hatten 3500 Lire mehr als ein Kilogramm reines Gold repräsentiert – ein Betrag, für den man in heutigem Papiergeld kaum noch ein Päckchen Zigaretten kaufen kann. Aber auch die Kaufkraft der Deutschen Mark, die sich vergleichsweise besser hielt, hat sich seit ihrem Entstehen 1948 ganz erheblich verringert; in Gold gerechnet um rund 90 Prozent. Oder, besonders eindrucksvoll: Wenn jemand 1913 für rund 200.000 US-Dollar 20-Franken-Münzen aus Gold, sagen wir 50.000 Schweizer Gold-Vreneli oder französische Napoléons, gekauft und jeden Tag eine dieser Münzen verbraucht hätte […], so hätte er damit keineswegs hungern müssen, und dennoch hätte sich sein ihm bis heute verbliebenes Vermögen nominell verfünffacht: Er hätte immer noch fast 20.000 Vreneli bzw. Napoléons übrig und die wären heute mehr als eine Million Dollar wert.“ [3] Seit dem Erscheinen der deutschen Übersetzung vor über 20 Jahren ist der Wert der 20.000 Münzen infolge des veränderten Goldpreises übrigens noch einmal angestiegen. Heute wären sie sogar etwa 6,5 Mio. Dollar wert!
Neapel. Ferdinand IV. Ducato von 1785. 833er Silber, 22,6 g, 38 mm
[Numismatica Ranieri, Asta Battuta 13/470]
Quellen
Werner Tabarelli: Ferdinando Galiani „Über das Geld“. Düsseldorf 1999, S. 91.
Ebd., S. 93
Ebd., S. 59f.
Comments