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Dietmar Kreutzer

Das Währungsexperiment des Mohammed bin Tughluq

Von besonderem numismatischem Interesse ist die Herrschaft von Muhammad bin Tughluq im

14. Jahrhundert während des islamischen Sultanates von Delhi. Mit einem Mord an seinem Vater war Muhammad im Jahre 1325 auf den Thron gekommen. Zunächst zeigte er sich besonders freigiebig, zumal seine Schatzkammer zu dieser Zeit noch gut gefüllt war. Der zeitgenössische Reiseschriftsteller Ibn Batuta (1304-1377) berichtete: „Wenn der Sultan von einer Reise zurückkehrt, werden die Elefanten herausgeschmückt; auf sechzehn von ihnen werden Sonnenschirme aufgestellt, manche sind aus Brokat und manche mit Juwelen besetzt. […] Der Boden zwischen den Pavillons ist mit Seide bedeckt, worauf die Pferde des Sultans treten. Die Mauern der Straßen, durch die er zieht, vom Stadttor bis zum Tor des Palastes, sind mit Seidentüchern behängt.

Vor ihm marschieren die Lakaien, mehrere Tausend seiner Sklaven, dahinter kommen der Mob und die Soldaten. Auf einem seiner Einzüge in die Stadt sah ich, auf Elefanten oben, drei oder vier kleine Katapulte, die Gold- und Silbermünzen unters Volk schleuderten, vom Augenblick, da er die Stadt betrat, bis er den Palast erreichte.“ (Elias Canetti: Masse und Macht, Frankfurt/Main 1980, S. 478).


Muhammad bin Tughluq (1300-1351). [Bildquelle: DNA India].


Seine Intelligenz und der Ruhm als Heerführer weckten große Hoffnungen auf eine neue Blüte des Sultanats. Doch an der Skrupellosigkeit und Maßlosigkeit von Muhammad bin Tughluq scheiterte praktisch alles, was er in die Hand nahm: „Einige Historiker halten ihn für geisteskrank aufgrund des unkonventionellen Charakters seiner Taten. Doch obwohl seine Politik gelegentlich ins Phantastische grenzte, steckte Logik in ihr.“ (Rhomila Thapar / Percival Spear: Indien – Von den Anfängen bis zum Kolonialismus, Zürich 1966, S. 376). Mittels territorialer Expansion wollte sich Muhammad bin Tughluq die Herrschaft über den gesamten indischen Subkontinent sichern.

Die dazu notwendigen Maßnahmen überstiegen jedoch seine Möglichkeiten: Eine Steuerreform führte zu einer Hungersnot und Aufständen in den Provinzen. Mit der Verlegung der Hauptstadt von Delhi in das 1.000 Kilometer südliche Daulatabad büßte er die Kontrolle über die nördlichen Landesteile ein.


Gold-Tankah (Muhammad Bin Tughluq, 10,9 Gramm, Münzstätte Delhi, Dm. 22 mm).

[Bildquelle: CoinIndia].


Als verhängnisvoll entpuppte sich auch seine Währungsreform: „Im Jahr 730 nach Hedschra (1329-1330 u. Z.) unternahm Muhammad einen riskanten Versuch, anstelle der Tankahs aus Silber und Billon kupferne Wertmarken auszugeben. Um den Erfolg seines Experiments zu sichern, ließ er einen Appell auf die Münzen einprägen. Er lautet: man ataya alsultan faqada ataye al-rehman (Wer dem Sultan gehorcht, gehorcht dem Barmherzigen). Weiter fügte er hinzu: Muhar shud tankah rayaj dar rajagar bandah ummidavara (Ich hoffe, dass diese gestempelte Tankah in den Geschäften akzeptiert wird). Doch seine Hoffnungen wurden bald zunichte gemacht. Die Münzen konnten leicht hergestellt werden; so verwandelte sich, einem zeitgenössischen Historiker zufolge, das Haus eines jeden Inders mit der Verkündung des Edikts in eine Münzstätte. Der Sultan brach daraufhin im Jahre 732 nach Hedschra (1331-1332 u. Z.) das Experiment ab und löste die echten und die falschen Münzen auf eigene Kosten ein.“ (Parmeshwari Lal Gupta: Coins, Neu Delhi 1969, S. 91).


Silber-Tankah (Muhammad Bin Tughluq, 11,0 Gramm, Münzstätte Lakhnauti, Dm. 26 mm).

[Bildquelle: iCollector].


Nach dem Ende der Zwangswährung wurden wieder Münzen aus Edelmetall nach altem Standard ausgegeben. Ein detaillierter Bericht über die Reform ist in einem Buch von Elias Canetti enthalten, des Nobelpreisträgers für Literatur von 1981. Der Text basiert auf Niederschriften von Zeitgenossen des Sultans Muhammad bin Tughluq: „Von seinem Vater hatte er unter anderem ein Reservoir geerbt, das mit einer soliden Masse geschmolzenen Goldes gefüllt war. Aber bald war er doch in Geldverlegenheit und suchte, wie es seine Art war, nach einem großartigen Mittel, um ihr mit einem Schlage abzuhelfen. […] Er ließ große Mengen von Kupfermünzen schlagen und setzte ihren Wert willkürlich auf den von Silber fest.“ Millionen gefälschter Kupfermünzen tauchten daraufhin überall auf. Die Fälschung war leicht, weil die Münzen kein königliches Siegel, sondern lediglich Inschriften zeigte: „Bald sank der Wert des neuen Geldes rapid, während die alten Münzen, die nun sehr rar geworden waren, auf das Vier- oder Fünffache ihres früheren Wertes stiegen. Das Kupfer galt schließlich nicht mehr als Kieselsteine.“ (Canetti: Masse und Macht,

S. 482f.).


Kupfer-Tankah (Muhammad Bin Tughluq, 9,0 Gramm, Münzstätte Takhtgah, Dm. 20 mm).

[Bildquelle: sarmaya.in].


Das Scheitern seiner Reformen, darunter das drei Jahre währende Experiment mit dem Münzgeld, hatte schwerwiegende Folgen für den Sultan: „Es kam zu Revolten in den Provinzhauptstädten, und eine Hungersnot in Delhi und seiner Umgebung löste einen Aufstand der Bauern und Landbesitzer der Jats und der Rajputen aus. Die Theologen am Hof – die Hüter der religiösen und der politischen Autorität – begannen die Politik Muhammads zu rügen.“ (Thapar, Spear: Indien, S. 378f.). Mit zwei großen Kriegszügen versuchte der Sultan vom Scheitern seiner Projekte abzulenken. Doch die finanzielle Misere führte dazu, dass die Angriffe schon im Ansatz stecken blieben. Um dennoch an der Macht zu bleiben, half nur noch blutiger Terror: „Eine Provinz nach der anderen fiel von Delhi ab. Muhammad war unaufhörlich unterwegs, um die Aufstände niederzuschlagen. Seine Grausamkeit wuchs. Er rottete ganze Landstriche aus. Er ließ die Dschungel umzingeln, in die die Aufständischen geflohen waren, und wer immer dort gefangen wurde, Mann, Frau oder Kind, wurde umgebracht.“ (Canetti, S. 483). Im Jahr 1351 starb Muhammad bin Tughluq an einem Fieber, das er sich auf einer der Strafexpeditionen zugezogen hatte.


Dietmar Kreutzer


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