Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861) heiratete schon früh seine Cousine, die britische Königin Victoria (1819-1901). Die finanziellen Spielräume der Eheleute waren sehr unterschiedlich. Während Victoria als Königin eine jährliche Zuwendung von 385.000 Pfund zzgl. der Einkünfte aus den königlichen Herzogtümern Lancaster und Cornwall zustanden, erhielt Albert lediglich eine Apanage von 30.000 Pfund pro Jahr.
Als der junge Mann die Königin im Februar 1840 heiratete, wusste er nichts von der Not, die damals in England herrschte. Dafür hätte er in ein britisches Kohlebergwerk hinabsteigen müssen,
wo „… Albert dann fünfjährige Kinder gesehen hätte, die Förderkarren durch knapp einen Meter hohe Stollen schieben mussten; oder Mädchen, bis zu 21 Jahre alt, nackt bis zur Taille, die schwere Säcke durch stockdunkle Schächte und endlose Leitern hinaufschleppen mussten, ständig die Gefahr vor Augen, dass sie ihre Last verlieren und diese die unter ihnen Kletternden mit in den sicheren Tod reißen würde; oder nackte Bergarbeiter, die auf den Kohlenstreb einhackten; Ratten, die so furchtlos waren, dass sie sich brennende Kerzen schnappten und Explosionen verursachten; den Gestank von Exkrementen; geistig beschränkte Jugendliche, die nur an Sonntagen das Tageslicht erblickten.“ (David Duff, Victoria und Albert, München 1990, S. 207).
In den Hungerjahren ab 1840 lag der Lohn eines Landarbeiters für eine 72-Stunden-Woche bei sieben Schilling. Die Konjunktur lief so schlecht, dass gigantische Defizite in der Staatskasse aufliefen. Premierminister Robert Peel sah sich gezwungen, alle Einkünfte von mehr als 150 Pfund pro Jahr mit einer Einkommenssteuer von sieben Pence pro Pfund zu belegen.
Von Haus aus ein Pfennigfuchser, überprüfte Albert alle Ausgaben bei Hofe. Die Zahl der königlichen Bediensteten wurde reduziert, die Abläufe in der Wäscherei optimiert. Der Prinz senkte den Verbrauch von Bürsten, Besen, Seife, Stärke und Leder. Der Einsatz von Kerzen in Windsor und Buckingham Palace wurde begrenzt. Gäste erhielten nur noch zwei Kerzen pro Tag. Als eine Opernsängerin sich auf ihre Rolle vorbereiten wollte, sah sie ihre Noten kaum und bat um einige zusätzliche Kerzen: „Das Mädchen teilte ihr mit, es seien keine weiteren gestattet, aber niemand hindere sie daran, die beiden zu halbieren, so dass daraus vier entstünden. Besucher stellten auch fest, dass keine Streichhölzer da waren und dass die Toiletten einen Vorrat an hübschen Rechtecken aus Zeitungspapier aufwiesen.“ (Ebenda, S. 349f.). Das ersparte Geld steckte Prinz Albert in luxuriöse Bauprojekte. Für 26.000 Pfund kaufte er 1845 das Gut Osborne, wo wenig später der Grundstein für ein neues Herrenhaus gelegt wurde. Im Juni 1852 erwarb er das Gut Balmoral, wo in den folgenden Jahren ein weiteres Schloss nach seinen Vorstellungen entstand.
Mit seinem Geiz und derart hochfliegenden Vorhaben machte sich Albert keine Freunde in England. Im Lauf der Jahre verlegte er sich daher auf gemeinnützige Projekte. Als Präsident der Royal Agricultural Society gründete er landwirtschaftliche Mustergüter und engagierte sich im Zuchtbetrieb. Die Molkerei und Milchkammer in Frogmore entwarf er selbst. Sein Geiz war jedoch auch hier erkennbar: „Wenn er bei Landwirtschaftsausstellungen Preise für die Tierzucht und die Erzeugnisse der Gehöfte von Windsor gewann, ließ er zum Entsetzen des versammelten Landadels und zur Empörung der anderen, weniger erfolgreich platzierten Konkurrenten die Silbermünzen still und heimlich in seiner Tasche verschwinden.“ (Ebenda, S. 32).
Als sein erfolgreichstes Projekt entpuppte sich jedoch die erste Weltausstellung in London (1851). Albert hatte nicht nur die Idee für die Exposition, er organisierte sie auch und entwarf die Pläne für den Ausstellungsort im Hyde Park. Der große Glaspalast von Paxton zog sechs Millionen Menschen aus aller Welt nach London. Der Gesamtgewinn der Ausstellung belief sich auf 186.000 Pfund.
Mit seinen Modellhäusern für die Arbeiterklasse zeigte sich der Prinzgemahl erstmals als Visionär in sozialen Angelegenheiten. Die auf einem Gelände an den Kavalleriekasernen in Hyde Park errichteten Gebäude waren feuerfest und verfügten über Wasserleitungen und Toiletten mit Wasserspülung: „In diesen Häusern, die jeweils ein Wohnzimmer, drei Schlafzimmer und eine Spülküche hatten, sollten vier Arbeiterfamilien untergebracht werden. Ungewöhnlich an diesen Modellhäusern war die Verwendung von Hohlziegeln, die, wie es hieß, Feuchtigkeit abhalten sollten, das Feuerrisiko minderten und den Lärm dämpften. Der Preis für eine Gruppe von vier Unterkünften betrug 458 Pfund 14 Schilling und 7 Pence.“ (David Duff, Victoria in the Highlands, London 1968, S. 137ff.).
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