Brücken auf römischen Münzen
- Horst Herzog
- vor 47 Minuten
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Architekturdarstellungen auf römischen Münzen sind nichts Ungewöhnliches. In der Regel handelt es hierbei um die Abbildungen von Tempeln, Triumphbögen, Altären oder sonstigen öffentlichen Bauwerken. Relativ selten dagegen werden reine Nutzbauten dargestellt, noch seltener Brücken. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit zwei ausgewählten Brückendarstellungen auf römischen Prägungen.
Abb. 1 Dp, 103 - 111, Rom, RIC II Nr. 570
Bildquelle: https://ikmk.smb.museum/object?id=18200447
Der traianische Dupondius (Abb. 1) zeigt auf seiner Vorderseite die nach rechts gerichtete Büste des Traian, über deren linker Schulter Ansätze einer Drapierung erkennbar sind. Wie es seit Nero bei Münzen mit doppeltem Wert üblich ist, trägt Traian hier den Strahlenkranz. Die Averslegende „IMP CAES NERVAE TRAIANO AVG GER DAC P M TR P [C]OS V P P“ ist im Dativ abgefasst und sehr ausführlich. Als Datierungsgrundlage dient leider nur das 5. Konsulat, das Traian Anfang 103 antrat. Wichtiger für uns ist das Rückseitenbild, das eindeutig eine Brücke zeigt. Allerdings ist der Brückenaufbau etwas undurchsichtig. Es handelt sich zunächst um eine einbogige Brücke, die beide Ufer miteinander verbindet. Der Brückenbogen setzt sich aus acht Segmenten zusammen, die durch sieben „Pfeiler“ getrennt sind. Die beiden unteren Bögen scheinen die eigentliche Brückenkonstruktion zu sein, während der obere, dritte Bogen das Geländer markiert. Die Brücke ruht an den Ufern auf massiven Fundamenten. An beiden Enden der Brücke befinden sich turmartige Torgebäude, über deren Attikazone Statuen angebracht sind. Diese lassen sich zwar nicht näher identifizieren, doch darf man davon ausgehen, dass der regierende Kaiser, in unserem Fall Traian, in der Realität sicherlich dargestellt war. Unterhalb der Brücke befindet sich ein Boot, das mit einem kajütenartigen Aufbau ausgestattet ist. Das „schnurartige“ Gebilde, das beide Ufer miteinander verbindet, stellt die stilisierten Wellen eines Gewässers dar. Die Reverslegende „SPQR OPTIMO P[RINC]IPI“ (Senatus Populusque Romano-
rum Optimo Principi - der Senat und das Volk der Römer für den besten Princeps) feiert Traian als den besten Kaiser.
Es stellt sich nun die Frage, um welche Brücke es sich bei dem Münzbild handelt. Früher war man der Ansicht, dass hier der Pons Sulpicius, die älteste Tiberbrücke, die heute noch im Bereich des Forum Boarium Trastevere mit dem Zentrum Roms verbindet, dargestellt sei. Allerdings fehlt bei dieser Deutung der direkte Bezug zu Traian, d. h. was hätte die traianischen Stempelschneider veranlasst, den Pons Sulpicius zum Thema einer Prägung zu machen. Bei der mittlerweile als communis opinio angesehene Identifikation des Münzbildes mit der traianischen Donaubrücke passen sowohl Thema als auch der Zeitpunkt der Prägungen mit dem Brückenbild. Die traianische Donaubrücke wurde zwischen Ende 103 und Anfang 105 vom römischen Militär erbaut, in diesem Zeitraum begannen auch die Prägungen mit dem „Brückenbild“, bei denen es sich ausschließlich um Aes-Münzen handelt. Die Brücke verband den römischen Ort Zanes, nahe beim heutigen serbischen Dorf Kostol gelegen, mit dem Kastell Drobeta, heute das rumänische Drobeta Turnu Severin. Konstruiert wurde die Brücke von Apollodoros von Damaskus, einem der berühmtesten Architekten der römischen Kaiserzeit, der unter anderem auch für die Errichtung des Traiansforums und der Traianssäule verantwortlich zeichnete. Die rund 1135
m lange Brücke ruhte auf zwanzig steinernen Pfeilern. Diese waren laut dem römischen Historiker Cassius Dio 150 Fuß hoch (ca 45 m) und 60 Fuß (ca 18 m) breit. Der Abstand zwischen den Pfeilern betrug 170 Fuß (ca 52 m). Die Pfeiler wurden mittels einer Holzkonstruktion miteinander verbunden, auf der dann die eigentliche Fahrbahn zum Liegen kam. Ein sehr genaues Abbild dieser Brücke finden wir auf der Traianssäule (Abb. 2).

Abb. 2 Ausschnitt der Reliefs der Traianssäule mit der Donaubrücke im Hintergrund
der_Traianssäule,_Tafel_LXXII_(Ausschnitt_01).jpg
Die Szene zeigt im Vordergrund den Kaiser Traian beim Opfer, eventuell anlässlich der Einweihung der Donaubrücke, die im Hintergrund zu sehen ist. Deutlich sind fünf hoch aufragende Steinpfeiler zu sehen, über denen sich die leicht bogenförmige Holzkonstruktion erhebt, die die Brückenpfeiler miteinander verbindet. Sehr schön zu sehen ist die mit einem Geländer versehene „Fahrbahn“ sowie am Beginn der Brücke die Torkonstruktion, wie sie auch auf unserem Dupondius wiedergegeben ist. Abb. 3 zeigt eine mögliche Rekonstruktion der Brücke vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die zumindest die beeindruckende Länge dieser Brücke vermittelt. Traian nutzte die Brücke für den Truppenaufmarsch im Jahr 105 zum zweiten dakischen Krieg. Nach Beendigung dieses Feldzuges diente die Brücke als „feste“ Verbindung zwischen der neuen Provinz Dakia und dem restlichen Imperium. Laut Cassius Dio ließ Hadrian den hölzernen Aufbau der Brücke zerstören, da er befürchtete, dass die Brücke von den Feinden Roms als Einfallstor in das Imperium genutzt werden könnte. Cassius Dio sah anscheinend nur noch die im Flussbett aufragenden Pfeiler. Laut einer späten Quelle soll Konstantin der Große im Jahr 328 die Brücke für einen Feldzug gegen die Goten reaktiviert haben. Heute sind von der Brücke nur noch am serbischen und rumänischen Ufer Reste jeweils eines Pfeilers zu sehen. Von den zwanzig Pfeilerfundamenten im Flussbett konnten Anfang der 2000er Jahre nur noch zehn nachgewiesen werden.

Abb. 3 Rekonstruktion der Donaubrücke von E. Duperrex aus dem Jahr 1907
Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Trajan's_Bridge?uselang=de#/media/File:Pod_D-robeta.jpg
Einen ganz anderen Brückentyp, der jedoch vom Militär zu allen Zeiten, sogar bis in die jüngste Vergangenheit, eingesetzt wurde, zeigt der Sesterz des Marcus Aurelius (Abb. 4) aus dem Jahr 172.
Abb. 4 S, 172, Rom, RIC III Nr. 1048
Bildquelle: https://www.ikmk.at/object?id=ID64296
Auf dem Avers ist die nach rechts gerichtete Panzerbüste des Marcus Aurelius mit Lorbeerkranz abgebildet. Die Legende „M ANTONINVS AVG TR P XXVI“ besagt, dass Marcus Aurelius zum 26. Mal die tribunizische Gewalt innehat; das trifft auf das Jahr 172 zu. Für uns ist wiederum die Rückseite die interessantere Seite. Im Abschnitt ist neben den üblichen Buchstaben „SC“ „VIRTVS AVG“ (Virtus Augusti - Die Tüchtigkeit des Kaisers) zu lesen. Das Bild darüber zeigt, wie Soldaten auf einer Schiffsbrücke einen Fluß überqueren. Dieser ist durch stilisierte Wellen im Vordergrund dargestellt. Auf dem Fluß schwimmen drei Boote, die mittels Planken miteinander verbunden wurden, auf denen sich dann die Fahrbahn befindet. Der „Fahrstreifen“ ist auch hier wieder durch ein schönes Geländer abgesichert. An beiden Ufern führen Rampen auf die Brücke, auch diese sind mit einem Geländer abgegrenzt. Der Zug der Soldaten wird vom Kaiser, d. h. von Marcus Aurelius, angeführt. Dieser überragt die restliche Soldatenschar deutlich. Dem Kaiser folgen unter anderem ein Aquilifer mit dem Legionsabzeichen sowie ein Soldat, der ein Vexillum, eine Truppenfahne, trägt. Da Marcus Aurelius vor allem gegen die Markomannen im Bereich der mittleren Donau Krieg führte, könnte auf unserem Sesterz eine Schffsbrücke über die Donau dargestellt sein. Schiffsbrücken lassen sich relativ schnell auf- und abbauen und dienten seit jeher dem Militär für Flußübergänge. Bei einer Schiffsbrücke werden Boote miteinander verbunden, auf diesen wird dann eine Art Fahrbahn installiert. Die Hauptschwierigkeit bei einer solchen Brücke ist neben dem Transport bzw. der ortsnahen Herstellung der Boote die Verankerung der Boote. Diese funktioniert bei einem schwach fließenden Gewässer relativ einfach, bei einem sehr breiten und schneller dahinfließenden Fluß ist aufgrund der Strömung die Verankerung allerdings nicht ganz so einfach. Das Abbild einer römischen Schiffsbrücke finden wir wiederum auf der Traianssäule (Abb. 5).

Abb. 5 Ausschnitt der Reliefs der Traianssäule mit Schffsbrücke
Bildquelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/
Datei:035_Conrad_Cichorius,_Die_Reliefs_der_Traianssäule,_Tafel_XXXV_(Ausschnitt_01).jpg
Wie auf dem Münzbild ist auch auf dem Relief im Vordergrund der durch stilisierte Wellen gekennzeichnete Fluß abgebildet. Auf dem Gewässer schwimmen vier Boote, deren Bug hoch aufragt. Ein kleiner Aufbau auf den Booten trägt die mit einem Geländer versehene „Fahrbahn“. Über die Schiffsbrücke schreiten die Soldaten, angeführt von einem Offizier. Auch hier dürfte es sich um einen Donauübergang handeln. Im Gegensatz zur Brücke auf dem traianischen Dupondius, der eine doch sehr schematische Brückendarstellung liefert, ist die Schiffsbrücke auf dem Sesterz des Marcus Aurelius sehr realitätsnah, wie der Vergleich mit dem Reliefbild von der Traianssäule zeigt.
Horst Herzog
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