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Aus öffentlichen Sammlungen: Medaille aus „alchemistischem Gold"

Matthias Ohm

Die Medaille befindet sich in der Sammlung des Landesmuseums Württemberg: Die württembergische Nebenlinie Mömpelgard endete im Jahr 1723 mit dem Tod von Herzog Leopold Eberhard. Die Kunstwerke, die in Mömpelgard aufbewahrt waren, fielen an die Hauptlinie und gelangten 1723 in die Stuttgarter Kunstkammer. Sie wurden in einer 168 Positionen umfassenden Liste dokumentiert, in der "Consignation von denen Mömpelgardtischen Antiquitäten".


Die beiden Verzeichnisse, die in den 1740er-Jahren den Bestand der Mömpelgarder Sammlung dokumentieren, weisen ein numismatisches Objekt aus einem ganz besonderen Material nach: 1 Müntz von alchymistischem Gold, rund, mit einem Löwen auf dem Altar, woran ein Henckel. Diese Medaille besteht – nach Ansicht der Verfasser der Inventare – aus Gold, das während eines alchemistischen Transmutationsprozesses aus unedlem Metall gewonnen wurde. Die Darstellungen und Texte, die sich auf dem Stück finden, verweisen ebenfalls auf dieses Edelmetall. Dem Gold waren die Sonne als Himmelskörper und der Löwe als Tierkreiszeichen zugeordnet.

Die Vorderseite der Medaille zeigt einen Löwen, der auf einem Podest liegt; die Gravuren hinter dem Tier und auf dem Podest verweisen auf die Sonne bzw. auf den Sonnendämon. Auf der Rückseite ist ein Mann dargestellt, der eine Krone trägt und nur mit einem Lendenschurz bekleidet ist. Eine Interpretation dieser Darstellung kann sich an der Deutung einer alchemistischen Medaille orientieren, die in Wien bewahrt wird. Dieses Stück zeigt auf der Vorderseite zwei nackte Figuren mit einer Baumsäge und auf der Rückseite ebenfalls einen gekrönten alten Mann. Die Erscheinung des Mannes mit Krone bedeutet nach Bauer „unzweifelhaft das Gelingen der Transmutation, nämlich der Herstellung von Edelmetall (Gold) aus unedlem Materiale“. Folgt man dieser Deutung, so feiert auch die Medaille aus der Mömpelgarder Sammlung den erfolgreichen alchemistischen Prozess. Die Verwandlung von unedlem Metall in Gold gelang jedoch nur mit teuflischer Hilfe: Auf dem Avers fi ndet sich das Symbol des Sonnendämons, einer Verkörperung des Antichristen, dessen Symbol vom Lamm mit den zwei Hörnern aus der Apokalypse (Off b 13,11) abgeleitet wurde. Auf dem Revers sind entlang des Körpers in ungelenken Buchstaben die Namen von Engeln eingeritzt, die sich gegen Gott erhoben: SAMAEL (Samuel), SOMACHIEL, STAHAEL (Satichel), SORAXIEL, SRQVIEL (Satquiel), OFFIEL, STEMANA (Semana), VOAMO, SABICHEL (Sabaniel oder Sarichel) und MANASIEL (Manasel). Diese Medaille besaß ehemals zwei Ösen, von denen die obere bereits 1741 abgebrochen war, da nach Auskunft der Inventare an diesem Stück nur noch „ein Henckel“ vorhanden war. Mithilfe der Ösen konnte die Medaille an der Kleidung befestigt werden und so den Träger vor Unheil schützen oder ihm – möglicherweise bei alchemistischen Experimenten – zum Erfolg verhelfen.


Alchemistische Medaille

16./17. Jahrhundert

Gold

Gewicht: 24,6 g

Quelle: LMW Inv. Nr. MK 19316

Durchmesser: 36,5 mm


Matthias Ohm

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