Die Darstellung der Arbeit von Münzprägern und von münztechnischen Gerätschaften auf Münzen und Medaillen ist ein reizvolles Sammelgebiet. In zahlreichen Publikationen wird dargestellt, wie man früher und heute Erz in Hartgeld und Medaillen verwandelte. Aus der Antike und dem Mittelalter sind nur wenige Münzen mit münztechnischen Darstellungen überliefert. Die hier vorgestellte Medaille aus dem Jahr 1591 würdigt den französischen König Henri IV., den man im eigenen Land Henri Le Grand oder Le Bon (Heinrich der Große oder der Gute) nannte und der 1610 dem Mordanschlag eines fanatischen Katholiken zum Opfer fiel. Er wurde in der Abtei von Saint-Denis bei Paris beigesetzt, doch haben radikale Anhänger der Französischen Revolution sein Grab und das anderer Monarchen als Symbole der überwundenen Königsherrschaft aufgebrochen, geschändet und außerhalb der traditionellen Grablege der französischen Könige verscharrt. Der damals sichergestellte Schädel „erlebte“ eine regelrechte Odyssee und konnte Jahr 2011 feierlich mit einer Messe in Saint-Denis neu bestattet werden.
Die Medaille, mit der man eine ganze Münzwerkstatt in der Tasche hatte, stammt aus einer Zeit, da Frankreichs am Boden liegendes Münz- und Geldwesen neu geordnet wurde. Unter König Heinrich III., dem Vorgänger von Henri Le Bon, gab es große Anstrengungen, Ordnung und Übersicht in diesen für den Staat sowie Handel und Wandel so wichtigen Bereich zu bringen. Feststehende Münzbuchstaben für die einzelnen Prägeanstalten und die Nutzung neuartiger Maschinen wie der Spindelpresse sind Ausdruck dieser Anstrengungen, die unter Heinrich IV. und seinen Nachfolgern zielstrebig und für andere Länder vorbildlich weitergeführt wurden.
Die Medaille ehrt die Münzbeamten und -arbeiter der Prägeanstalt der nordfranzösischen Stadt Châlons-en-Champagne. Ihre Bürger hatten sich Ende des 16. Jahrhunderts auf die Seite Heinrich IV. gestellt, und hier wurde 1591 die gegen ihn gerichtete Exkommunikationsbulle von Papst Gregor XIV. sowie ein Jahr später die Bulle von Clemens VIII. öffentlich verbrannt. Dass die Bewohner von Châlons-en-Champagne zu Henri Le Bon hielten mag ein Grund gewesen sein, dass ihnen diese ungewöhnliche Medaille gewidmet wurde. Sie kombiniert das Porträt Heinrichs IV. mit einem Blick in eine Geldschmiede seiner Zeit. Zu sehen sind Schmelzofen, Tiegel, mehrere Prägehämmer, Scheren, Zangen und vorn ein Amboss mit einem darauf stehenden Handstempel. Die Umschrift "MONUMENTVM CATHALAVNENSIS FIDEI" lässt sich mit „Zur Erinnerung an die Treue von Chalon“ übersetzen. Die Medaille ist höchstwahrscheinlich eine Nachprägung aus dem 19. Jahrhundert, ein dafür üblicher Hinweis auf dem Rand fehlt jedoch. Die Buchstabenfolge "A A A F F" (Aere Argento Auro Flando Feriundo) unter der Werkstatt bezieht sich auf ein Kollegium von drei Münzmeistern, die in der Römischen Republik die Aufsicht über die Münzmetalle Kupfer, Silber und Gold und ihre Umwandlung in Geld inne hatten.
Heinrich IV. war König von Navarra und seit 1589 König von Frankreich. Als Anhänger der Protestanten, oder wie man in Frankreich sagte der Hugenotten, die für Glaubensfreiheit und gegen die Übermacht der katholischen Kirche stritten, setzte er den blutigen Glaubenskriegen ein Ende. Schauriger Höhepunkt der Auseinandersetzungen war die Bartholomäusnacht zum 25. August 1572, die auch als Pariser Bluthochzeit bekannt wurde. Während der Hochzeit von Heinrich von Navarra und Margarete von Valois in Paris wurden mehrere tausend Hugenotten bestialisch ermordet. Heinrich IV. sicherte den Hugenotten 1595 mit dem Edikt von Nantes Glaubensfreiheit und Gleichberechtigung zu. Spätere Herrscher haben im Zuge der Gegenreformation den Druck auf ihre protestantischen Untertanen verstärkt und sie zum Übertritt zur katholischen Kirche gedrängt. Der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV., der von 1643 bis 1715 regierte, setzte mit den sogenannten Dragonaden militärische Gewalt gegen die Abtrünnigen ein und hob 1685 das Edikt von Nantes auf. Hugenotten, die weiter zu ihrem Glauben hielten, waren vogelfrei, hatten schärfste Repression zu erwarten und verließen ihre Heimat. In Kurbrandenburg, Mecklenburg, der Pfalz und anderen deutschen Ländern hat man sie mit „Kusshand“ aufgenommen und sie mit Vergünstigungen bedacht, was von den Einheimischen mit Misstrauen und Feindschaft bedacht wurde.
Objekttyp: Münztechnik-Medaille, 1591 (spätere Prägung)
Sammlung: Helmut Caspar
Land: Frankreich, Châlons-en-Champagne
Datierung: 1591
Vorderseite: Porträt von Heinrich IV., König von Frankreich und Navarra
Rückseite: Münzwerkstatt
Material: Kupfer
Größe: 22,9 mm
Gewicht: 38 Gramm
Helmut Caspar
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