Wer sich einen Überblick darüber verschaffen möchte, wo und wann im Land Brandenburg Münzschätze ans Tageslicht gehoben wurden, ist im Archäologischen Landesmuseum in Brandenburg an der Havel an der richtigen Adresse. Ausgestellt sind im mittelalterlichen Paulikloster Hinterlassenschaften der Bewohner zwischen Elbe und Oder von der Steinzeit bis fast an die Gegenwart.
Da man vor einigen hundert Jahren noch keine Sparkassen kannte, hat man seine Geldvorräte in Beuteln, Kästen oder Krügen gehortet und in unsicheren Zeiten aus Furcht vor Räubern und Soldaten, die oft beides in einer Person waren, vergraben oder eingemauert. Unter den im Paulikloster gezeigten Schätzen befindet sich ein 1996 in Frauenhorst, einem Ortsteil der Kreisstadt Herzberg (Landkreis Elbe-Elster), bei der Ausbesserung einer Dorfstraße entdeckter Münzfund. Über ihn berichtet der Herzberger Heimatforscher und Numismatiker Horst Gutsche in einer neuen, reich illustrierten Broschüre, in der auch interessante Informationen über das Vereinsleben zu finden sind (86 Seiten, ISBN 978-3-00-066826-5, Bestellung: Herzberger Münzfreunde e. V., Torgauer Straße 21, 04916 Herzberg).
Horst Gutsche war und ist zur Stelle, wenn in der Region gefundene Münzen zu bestimmen waren. Das betraf unter anderem den numismatischen Inhalt des bei Renovierungsarbeiten 1988 geborgenen Turmknaufs der mit mittelalterlichen Deckenmalereien reich ausgestatteten St.-Marien-Kirche und den Münzfund von Frauenhorst.
Der einzigartige Schatz wird beim 29. Mitteldeutschen Münzsammlertreffen vom 11. bis 13. Juni 2021 im Herzberger Bürgerzentrum gezeigt. Dabei will Gutsche neue Erkenntnisse über den aus 267 Silbermünzen vom braunschweigischen Fünffachtaler aus dem Jahr 1666 bis hinab zu einem sächsischen Dritteltaler von 1754 sowie aus zwei Medaillen bestehenden Schatz vortragen.
Der Fund besteht aus 104 sächsischen, 69 brandenburgisch-preußischen, 19 habsburgischen, 22 französischen und weiteren Münzen. Die Serie beginnt im frühen 16. Jahrhundert, als in Kursachsen in großen Mengen die bekannten Klappmützentaler und in der böhmischen Bergstadt Sankt Joachimsthal die Joachimsthaler geprägt wurden, die als Namensgeber des Talers und des Dollars in die Geschichte eingingen, und endet 1754 mit dem sächsischen Dritteltaler.
Horst Gutsche stellt in der Broschüre Überlegungen an, wie die Silberstücke ins Erdreich gelangten und wie es wie die damals sächsische Stadt Herzberg in den Strudel dieses Krieges geriet. Aus der Tatsache, dass die Münzen und die beiden Medaillen aus dem 17. Jahrhundert nicht wie üblich in einem Tontopf lagen, sondern sorgfältig aufgeschichtet in einem – längst vergangenen – Beutel oder Tuch gewickelt waren, schließt der Verfasser, dass der unbekannte Besitzer das nicht unbeträchtliche Vermögen bald wieder bergen wollte.
Warum er es nicht tat, bleibt sein Geheimnis. Dass der Besitzer jemand aus dem Dorf war, ist ausgeschlossen, denn da dürfte kaum jemand ein Vermögen wie dieses besessen haben.
Mindestens neun große und schwere Münzen sind mit Henkeln versehen. Dies ist für den Verfasser ein Indiz für ihre Verwendung als Schmuck, wohl weniger für Frauen, sondern eher für Adlige oder Offiziere, die sie wie Orden an Halsketten getragen haben. Interessant sind auch Hinweise auf das Vorkommen französischer Silbermünzen aus der Zeit Ludwigs XIV. in dem Schatz. Sie liefen auch im Römisch-deutschen um und waren unter dem Namen „Franzgeld“ als Zahlungsmittel beliebt.
Aus der Münzgeschichte ist, nebenbei gesagt, bekannt, dass die mit deutschen Talern vergleichbaren Stücke zu sechs Livres mit dem Bildnis des Sonnenkönigs und seinem Lilienwappen vielfach als Zweitwährung in Preußen und anderen Ländern kursierten. Finanzbeamte baten daher den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., die eigene Münzproduktion anzukurbeln, um die Geldstücke des wegen seiner Kriege und Raubzüge gefürchteten Sonnenkönigs aus dem Land zu drängen. Erst Friedrich II., der Große, kam dieser Bitte nach und brachte nach der Münzreform von 1750 den Reichstaler heraus.
Aus der Fundmasse stechen zwei braunschweigische Löser im Wert von fünf und zwei Talern heraus. Die Münzriesen sind kostbare Belege für die üppige Münzprägung, die sich die Welfen dank der Erträge ihrer Silbergruben gestatteten und mit denen sie Politik zum Ruhm der eigenen Dynastie betrieben. Besonderheiten im Münzschatz von Frauenhorst sind drei unedierte Stücke von 1643, 1734 und 1746, die braunschweigischen und sächsischen Münz-Corpora eingefügt werden müssten. Denn es kommt immer wieder vor, dass sich in größeren Fundmassen Stücke anfinden, die sich in Details von bereits publizierten unterscheiden. Wie ausgerechnet diese Raritäten in gewöhnliche Fundmassen gelangten, wird sich wohl nie aufklären lassen.
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