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Die Jahrhundertmünze


Seit April 2015 zeigt das Museum August Kestner in Hannover „Die Jahrhundertmünze“. Die Präsentationsreihe konzentriert sich – alle drei Monate wechselnd – immer auf eine Münze und beleuchtet ihren historischen Hintergrund. Verantwortliche Kuratorin ist Dr. Simone Vogt, der wir auch die Texte verdanken.

Nach vierzehn Jahrhunderten Münzgeschichte ist man in Hannover inzwischen im 8. Jahrhundert nach Chr. und bei Karl dem Großen (768–814) angekommen. Somit ist die erste Hälfte der Münzgeschichte seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. bis in unsere heutige Zeit durchlaufen. Das hat man im Museum August Kestner zum Anlass genommen, alle bisherigen Jahrhundertmünzen gleichzeitig bis 28. Oktober 2018 erneut zu zeigen und so Geschichte(n) anhand von Münzen zu erzählen.

Wir dürfen nun wöchentlich voranschreitend die bisher gezeigten „Jahrhundertmünzen“ aus Hannover hier präsentieren. Noch schöner sind sie nur im Museum August Kestner, Trammplatz 3, 30159 Hannover; Öffnungszeiten: Di-So 11–18 Uhr, Mi 11–20 Uhr, Mo geschlossen.

Die 13. Jahrhundertmünze:

7. Jahrhundert n. Chr.

Triens, Gold, Fränkisches Reich, Paris, Chlodwig II., 639–657 (Inv.-Nr. 1995.54)

Die Schattenkönige und Eligius

Sie ist zwar klein und unscheinbar, doch die aktuelle Münze trägt zwei berühmte Namen des frühen Mittelalters. Die Vorderseite nennt den Merowingerkönig Chlodwig. CHLODOVEUS REX ist als Umschrift zwar kaum zu erkennen, doch vergleichbare Münzen zeigen den Königsnamen gut lesbar. Besser zu lesen sind ELIGI(us) auf der Rückseite und für die Prägestätte Paris die Umschrift PARISIVS.

Chlodwig und Eligius sind also die berühmten Männer, die hier exemplarisch für das frühe Mittelalter stehen. Allerdings ist der auf der Münze erwähnte und dargestellte König nicht der Gründer der Frankenreiches Chlodwig I. (466–511), sondern Chlodwig II. (634–657). Dieser wurde schon im Alter von vier Jahren (639) zum König gemacht, starb allerdings jung mit nur 23 Jahren ohne nennenswerte historische Leistungen. Das gilt auch für viele seiner merowingischen Nachfolger. „Schattenkönige“ werden diese auch gerne genannt oder – weniger schmeichelhaft – „Faulenzerkönige“. Durch ihre Schwäche gewannen die eigenen Hausmeier (maiores domus) im 7. Jahrhundert immer mehr Einfluss. Schließlich lösten diese die Dynastie Chlodwigs ab und gingen als Königsgeschlecht der Karolinger in die Geschichte ein.

Dagegen kann Eligius eine herausragende und unvergleichliche Karriere aufweisen: Nach einer Lehre zum Goldschmied am Anfang des 7. Jahrhunderts wurde er später königlicher Münzmeister am Hof der Merowinger. Ein goldener Thron soll laut Legende von ihm entworfen worden sein. Die Merowinger vertrauten ihm so sehr, dass Eligius 640 zum Bischof von Noyon-Tournai geweiht wurde. In dieser Funktion sorgte er erfolgreich für die Christianisierung des nördlichen Frankenreiches, weshalb er nach seinem Tod heiliggesprochen wurde. Seitdem gilt er als Schutzheiliger der Goldschmiede und Münzmeister, dessen Reliquien in mehreren Kirchen verehrt werden. Spätere Darstellungen machen Eligius oft mit einem Hammer kenntlich.

Fayence-Teller mit dem heiligen Eligius, der in der rechten Hand den zumeist als sein besonderes Merkmal abgebildeten Hammer hält, 1761, Paris, Musé Carnevalet. Quelle: Jatayou / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0

In der Numismatik begegnet uns der Heilige der Münzmeister verschiedentlich: Der Eligiuspreis wird in jedem Jahr von der Deutschen Numismatischen Gesellschaft (DNG) an verdiente Numismatiker verliehen, und das Museum August Kestner in Hannover veranstaltet jedes Jahr im März den Eligius-Vortrag von einem bedeutendem Münzforscher.

Die Münze

Die frühmittelalterliche Münze markiert augenfällig den Beginn einer anderen Zeit: Während die Münzprägung des Byzantinischen Reiches die hohe künstlerische Qualität der antiken römischen Münzprägung fortsetzt, sind die fränkischen Münzen wie diese vereinfacht im grafischen Stil gestaltet. Das Vorbild römischer Kaisermünzen bleibt allerdings immer noch maßgeblich, indem auf der Vorderseite ein Brustbild des herrschenden Königs wiedergegeben wird (hier mit einem Perlendiadem) und Umschriften weitere Angaben machen. Dieses Schema bleibt das erfolgreichste in der Münzgeschichte.

Auch das Nominal greift auf die herkömmliche spätrömische Münzprägung zurück: Ein Triens ist ein Drittel des Solidus, der Goldmünze, die in der Spätantike am weitesten verbreiteten war. Das soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur wenige Menschen im 7. Jahrhundert einen Triens in die Hand bekamen und kein täglicher Einkauf damit getätigt werden konnte. Vermutlich erhielten nur wenige Menschen im Umfeld des Hofes jemals eine solch wertvolle Münze.

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