„Jahresmedaillen“ haben bei der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst (DGMK) eine längere Tradition. An einen Medailleur (oder auch mal zwei) ergeht die Einladung, zum nächsten Jahrestreffen eine Medaille zu gestalten. Dadurch ist inzwischen eine Medaillenreihe entstanden, die in einer Serie von Höhepunkten einen Querschnitt durch das innovative moderne Medaillenschaffen in Deutschland bietet. Für das DGMK-Jahrestreffen 2018, das vom 5. bis 7. Oktober in Schwerin stattfindet, hat Friedrich Brenner, der durch seine Entwürfe von Bundesgedenkmünzen auch den Münzensammlern kein Unbekannter ist, die Jahresmedaille gestaltet.
Friedrich Brenner bei der Arbeit
Friedrich Brenner, für den Natur und Umweltschutz wichtige Themen sind, dachte zuerst daran, zu seinen experimentell erarbeiteten kleinen Reliefs Gedichte von Goethe und Rilke zu schneiden. Seine Medailleurkollegin Franziska Schwarzbach machte ihn daraufhin auf einen konstruierten und gleichwohl interessanten Zusammenhang zwischen Goethe, dem Tagungsort Schwerin und der Natur aufmerksam. In einem Grußwort zur Ausstellung „Der Süden im Norden“ am 23. Oktober 2003 in der Landesvertretung von Mecklenburg-Vorpommern in Berlin hatte der Staatsekretär Thomas Freund gesagt:
„Goethe, meine Damen und Herren, war bekanntlich und zu seinem Nachteil nie in Mecklenburg- Vorpommern. Wäre er einmal in unser Land gekommen, so hätten manche seiner Gedichte einen anderen Verlauf genommen. Also etwa so “Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen? Im dunklen Laub die Goldorangen glühen? Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, die Myrte still und hoch der Lorbeer steht? Kennst Du es wohl? Dahin, dahin, nach Mecklenburg möchte ich mit dir ziehn.“ Und in der zweiten Strophe hätte der Dichter dann von Pomeranzen in Pommern gesungen. Da es nicht so kam, da Goethe den Nordosten Deutschlands mied, denken heute alle an den Süden und an Italien, wenn von Orangen die Rede ist. Vergessen ist, dass die Beschäftigung mit Zitrusfrüchten auch bei uns im Norden eine lange Tradition hat – in der Architektur ebenso wie in der Gärtnerei oder der Kochkunst... Rund 150 Orangerien gab es in Mecklenburg-Vorpommern. Mehr als in anderen, wärmeren Bundesländern. Gewiss, einige von ihnen sind heute wieder berühmt – wie die Orangerie des Schweriner Schlosses oder die Orangerie in Neustrelitz. Aber wer weiß heute noch, dass man gegen 1850 im vorpommerschen Karlsburg mit selbstgezogenen Orangen und Ananas handelte, dass die begehrteste Pflanze in Remplin die Banane war (lange vor 1989 übrigens) und dass man schon 1800 in Neustrelitz Gewächshäuser mit Ölheizungen wärmte? Das alles, so finde ich, sollte sich heute wieder herumsprechen. Und das, was geerntet wurde, wurde auch gern verspeist... [nachzulesen] im Kochbuch von Traugott Hammerl, dem gräflichen Mundkoch zu Ivenack.“
Und so hat Friedrich Brenner jetzt sozusagen korrigierend eingegriffen und eine Plakette mit einer Orangerie – der Orangerie des Schweriner Schlosses – auf der einen Seite gestaltet und Goethes „Zitronengedicht“ auf die andere Seite geschnitten. Die DGMK kann sich erneut über eine gelungene Jahresmedaille freuen.
Friedrich Brenner: Mignon, Guss 2018, 157x65 mm